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Das Buch Der 1000 Wunder

Titel: Das Buch Der 1000 Wunder
Autoren: Artur Fuerst , Alexander Moszkowski
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Sündenregister des Druckfehlerteufels; und nur zwei Momente kann man ihm als mildernde Umstände anrechnen: erstlich, daß er sich fast durchweg auf schnell verfliegendem Zeitungspapier austobt; zweitens, daß er 379 dabei unter Umständen Wunder des Humors vollbringt. Wie z. B. damals als er meldete, daß der berühmte Sänger Caruso am Schluß der Vorstellung vom Publikum mit »Applmus« überschüttet wurde, wo das unangebrachte Kompott durch die erstaunliche Vertauschung eines einzigen Buchstaben aus »Applaus« zustande gekommen war.
    Aber ein einziges Mal hat der Druckfehlerdämon verhängnisvoll in die Literatur eingegriffen. Und das geschah, als Ludwig Uhland die allererste Ausgabe seiner Gedichte in die Welt setzte. Der herrliche Band beginnt bekanntlich mit den Worten:
    Lieder sind wir. Unser Vater
Schickt uns in die offne Welt . . .
    Und just in das allererste Wort der ersten Auflage krallte sich der Dämon ein. Das Meisterstück des Druckfehlerteufels lautete und lebt in dieser Form literarhistorisch fort:
    Leder sind wir.
    Das Schrifttum aller Völker weist glücklicherweise zu diesem argen Zufallswunder kein Seitenstück auf. 380

Wunder der Schönheit
270. Phryne und Lais
    Phryne hieß eigentlich Mnesarete und war ursprünglich arm, gelangte aber zu außerordentlichem Reichtum. Sie durfte mit der Schönheitsgöttin selbst in Wettbewerb treten, so wie deren Bild den größten Künstlern des klassischen Altertums vorschwebte. Phryne diente dem Praxiteles als Vorbild für dessen berühmte Aphrodite von Knidos und dem Apelles für dessen Anadyomene. Als sie vor dem höchsten Gerichtshof wegen Religionsfrevels angeklagt war, übernahm Hyperides ihre Verteidigung und setzte ihre Freisprechung durch, indem er vor versammelten Richtern ihren Busen entschleierte und dadurch sozusagen ihre eigene Göttlichkeit aktmäßig bewies. Ihrem Reiz konnte angeblich kein Lebender widerstehen; nur der Philosoph Xenokrates wurde nicht überwunden, wonach man also auch den Xenokrates als ein gänzlich vereinzeltes Wunder anzusprechen hat.
    Aber auch Phryne wurde noch übertroffen durch ein anderes Meisterwerk der Natur. Denn das Ideal des Praxiteles mußte doch wenigstens persönlich gegenwärtig sein um zu wirken: die schöne Lais aber, die Korintherin, konnte auch abwesend die höchste Leidenschaft entzünden. Der gefeierte Bildhauer Skopas hatte nach ihr eine Venus geformt, die nach Aspendus in Pamphylien geriet und dort in der Kunsthalle eines reichen Manns aufgestellt wurde. Chariton, sein einziger Sohn, ein Jüngling von siebzehn Jahren, hatte das Schicksal, durch den Anblick der marmornen Göttin in eine Liebesraserei zu verfallen, die zuletzt in wirklichen Wahnsinn und unheilbare Tollheit ausartete. Hieraus entwickelte sich ein Roman, der von Wieland im »Aristipp« ausführlich behandelt ward und für alle Zeiten ein unvergängliches Hohelied auf jenes Schönheitswunder bleiben wird.

381
271. Lucrezia Borgia
    Quelle: Valerian Tornius: »Salons, Bilder der gesellschaftlichen Kultur aus fünf Jahrhunderten«.
    Von dieser berüchtigten Fürstin gibt es nur ein authentisches Porträt. Es stimmt auffallend mit der Schilderung überein, die Nicolo Cagnola von ihrer sinnbetörenden Schönheit entwirft. Er berichtet:
    »Sie ist von mittlerer Größe und von zierlicher Gestalt, ihr Gesicht länglich, die Nase schön profilirt, die Haare goldgelb, die Augen von unbestimmtem Blau; der Mund ist etwas groß, die Zähne sind blendend weiß, ihr Hals ist schlank und weiß, bedeutend und doch voll Maß.«
    Wie Lucrezias Haar so sind auch ihre blauen Augen in zahllosen Variationen besungen worden. Der Dichter Ercole Strozzi rechnete sie unter die Wunder der Erde und schrieb ihnen Zaubermacht zu: wer die Sonne zu lange ansieht erblindet, wer die Medusa ansieht, versteinert, allein wer in Lucrezias Augen blickt, den ereilt das doppelte Verhängnis; in seiner Seele brennen Liebesgluten, und aus seinen leblosen Augen rinnen Tränen. Ercole Strozzi behauptet, sogar der Cupido in Lucrezias Schlafgemach wäre dem Augenzauber seiner Gebieterin erlegen und hätte sich in Marmor verwandelt.

272. Ninon de Lenclos
    Quelle: Johannes Scherr: »Studie über Ninon«.
    Diese berühmte Kurtisane, die noch in ihrem achtzigsten Lebensjahr umschwärmt wurde und als Matrone sogar ihren eigenen Sohn entzückte, gehört vielleicht nicht zu den sogenannten regelmäßigen Schönheiten von junonischer Kopf- und Körperbildung. Es herrscht sogar unter den
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