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Das böse Auge

Das böse Auge

Titel: Das böse Auge
Autoren: Horst Hoffmann
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Pferd zu.
    »Die Dämonen wollen ihr Opfer!« rief er, schon nicht mehr ganz Herr seiner Sinne. »Werft euch zu Boden und erfleht Vergebung!«
    Sie taten es wahrhaftig. Luxon fiel ein, daß er ihnen noch nicht einmal gesagt hatte, womit sie den Zorn der Dämonen erregt haben sollten. Entweder hatten sie ein schlechtes Gewissen, oder der Zorn der Dämonen war etwas, das unverhofft und ohne besonderen Grund über die Bewohner der Düsterzone kam. Dieser Gedanke machte Luxon wieder klar, wie nahe er der Schattenzone tatsächlich war, und daß es ihn nicht verwundern sollte, wenn wirklich aus heiterem Himmel Schrecklicheres über ihn und die Zwerge kam als das Unwetter von vorhin.
    Um so besser, wenn er schnell von hier verschwand. Und ohne Pferde blieb den Valunen gar keine andere Wahl, als zu einem neuen Raubzug aufzubrechen – auch falls sie sich plötzlich doch noch anders besinnen wollten.
    Die beiden Zwerge lagen bäuchlings im Gras und sprachen Luxons »Beschwörungen« nach. Der ehemalige Meisterdieb aus Sarphand riß Gräser ab und bestrich damit den Rücken des Graupferds, bei dem es sich, wie bei den anderen sechs, um gezähmte Tiere handeln mußte. Ein Wildpferd hätte ihn kaum an sich herangelassen. Er rief einige Worte, die er irgendwann einmal von Magiern gehört hatte, und ging dreimal um das Pferd herum. Ab und an blickten die beiden Valunen auf. Dann überwand sich Luxon und schnitt dem »Opfertier« mit einem einzigen kräftigen Streich die Kehle durch.
    Er sprang zurück, als das Blut hervorspritzte und das Pferd zu rasen begann. Was er getan hatte – hatte tun müssen –, ekelte ihn an. Doch rechtzeitig genug fiel ihm ein, was er den Valunen noch zu bieten hatte. So reckte er die Hände in die Höhe und rief laut nichtssagende Formeln, die aber glücklicherweise ihre Wirkung auf die Zwerge nicht verfehlten.
    Inzwischen kamen die anderen mit dem trockenen Gras zurück. Wie eine Lichterprozession wirkten sie mit ihren leuchtenden Augen, als sie den Abhang herunterliefen. Sie legten Luxon das Gras und die Steine vor die Füße.
    Das Pferd lag tot in blutbespritztem Gras. Luxon sah die Blicke der Valunen wieder auf sich gerichtet und spürte, wie seine Kräfte nachließen. Er deutete auf das Gras und sagte:
    »Nun bindet mit frischen Halmen sechs Ruten daraus.«
    Sie taten es, nachdem er sie daran erinnert hatte, wie man etwas band und was eine Rute war. Er selbst nahm die Feuersteine und schlug sie gegeneinander. Schon beim dritten Versuch sprühten die Funken.
    Luxon dankte den Göttern dafür, daß die Valunen rechte Tölpel waren – zumindest, was die einfachsten Handgriffe anging. So hatten sie genug damit zu tun, sich gegenseitig auf die Finger zu sehen. Luxon setzte sich auf eine Zaunlatte und schaute zu. Jede Verschnaufpause, die er erhielt, ohne angesehen zu werden, war kostbar.
    Vielleicht bildete er sich auch vieles nur ein. Auf jeden Fall war auch hier Vorsicht besser als Nachsicht. Mochten die Blicke der leuchtenden Augen ihre grausige Wirkung auch nur dann haben, wenn sie ihm die Worte von den Lippen rissen – mittlerweile hielt Luxon es für möglich, daß gleiches geschah, wenn sie ihm bei Tätigkeiten zusahen, die sie nicht verstanden und erlernen wollten.
    Als die Zwerge sich beim Versuch, die trockenen Gräser mit frischen Halmen zusammenzubinden, fast gegenseitig fesselten, riß dem Abenteurer aber doch die Geduld. Er sprang vom Zaun und nahm drei Valunen die Garbe aus der Hand, band sie zusammen und schließlich an den Schwanz eines der Pferde. Das gleiche mußte er noch fünfmal tun.
    Ihm fiel ein, daß die Zwerge, kannten sie doch kein Feuermachen, in Panik geraten konnten, wenn erst die Flammen aus den Ruten schlugen. Aber das kam ihm recht. Je größer ihr Respekt vor ihm war, desto größer auch ihre Bereitwilligkeit, ihm zu folgen.
    Allerdings, und das war die Schattenseite dabei, würden sie auch um so erbitterter um ihn kämpfen.
    Luxon gebot den Zwergen, den Pferch zu verlassen und ein Stück hinter die Zäune zurückzutreten. Er hoffte, daß es ihm schnell gelang, das trockene Gras, das er noch in der Hand hielt, zu entzünden, denn bis dahin waren alle Blicke auf ihn gerichtet.
    Es hatte keinen Sinn, den Zwergen zu sagen, daß sie ihn nicht anstarren sollten. Er hatte es einmal getan – mit dem Erfolg, daß sie nur noch neugieriger wurden.
    Luxon breitete das trockene Gras vor sich aus und schlug die Feuersteine gegeneinander. Funken sprühten in alle Richtungen, nur
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