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Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition)
Autoren: Marion Schreiner
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hoffte er.
Dane dachte an Sarah, seine Frau, wie sie ein letztes Mal seinen Namen gesagt hatte. Der Klang ihrer Stimme war wie ein Hauch gewesen. Sie hatte ihn so sanft in den Tod geleitet, als hätte sie gewusst, was er vorhatte. Das konnte sie natürlich nicht, sonst wäre sie jetzt bei ihm. Sie war nicht bei ihm; sie hatte nichts gewusst.
Seinen Namen konnte er unmöglich weiter benutzen, nicht nachdem er offiziell gestorben war. Aber das wollte ihn jetzt nicht interessieren. Später wollte er sich damit beschäftigen, da würde er genug Zeit haben. Jetzt wollte er erst einmal die Ruhe genießen. Er horchte auf seinen Atem.
    *
    Dane erinnerte sich an das Polizeifahrzeug, das auf dem Hof seiner Farm staubaufwirbelnd zum Stehen gekommen war. Er hatte sich geschwind zwischen den Autowracks im hinteren Teil der Scheune versteckt. Vorne am Eingang lag sein Freund Jim, nackt, den er gerade hatte strangulieren wollen. Leider hatte es nicht geklappt. Die Polizei war schneller gewesen. Dann war alles sehr schnell gegangen. Zwei Polizisten, mit Waffen voran, arbeiteten sich langsam auf die Scheune zu. Einer rechts, einer links. Sie sahen den nackten Mann, der überall am Körper blutete und eine Schlinge um den Hals trug im Dreck liegen. Er rührte sich nicht. Sie wussten nicht, ob er bereits tot war. Noch ein Opfer von Dane Gelton. So oder so. Die Polizisten nickten sich zu und stürmten die Scheune. Der Ältere rechts, der Jüngere links. Der Jüngere hatte die falsche Seite gewählt. Er lief direkt in die Sense, die Dane in der Hand hielt, und wurde in einem Bruchteil von Sekunden an der Kehle aufgeschlitzt. Der Ältere hörte den Schrei und konnte gerade noch hinsehen. Dann begann er zu schießen. Er feuerte und feuerte. Bis die Waffe leer war. Dann ein Blackout.
Dane konnte sich nicht weiter erinnern. Die Schüsse hatten ihn getroffen und in einen tiefen Schlaf gerissen, aus dem er viele Tage lang nicht mehr richtig erwachte. Danach war alles merkwürdig um ihn geworden – taub und nebelig. Im Dämmerzustand fühlte er die Schmerzen einer Operation.
Zwei von sieben Kugeln hatten ihn getroffen, in die Brust und an seinem Kopf. Der Brustschuss hatte ihn zunächst nicht bewusstlos werden lassen, es war der Streifschuss am Kopf gewesen. Das Aus für sein Leben in Freiheit und der Beginn für sein Leben in der Psychiatrie.
Nachdem er mehr als fünf Morde in Folge begangen hatte, konnte man nicht mehr von einem gesunden Menschen sprechen. Die Akte seiner Vergangenheit berichtete auf unzähligen Seiten über den Krieg mit seinem Peiniger und die letzten Opfer seiner Mordlust. Oder sollte man das alles Notwehr nennen? Wer konnte das schon genau sagen.
Es musste keinen komplizierten Weg gehen, um ihn unmittelbar nach seiner Operation in eine Psychiatrie einzuweisen. Selbst Sarah, seine Frau, brachte keinen Einwand mehr und fühlte sich sogar befreit, endlich die Station gefunden zu haben, die Dane noch betreuen konnte.
Ein ärztliches Gutachten lag zur Zeit der Einweisung noch nicht vor. Ein ausführlicher Bericht der Polizei hatte für diesen Schritt vorerst alle Tore geöffnet. Erst nach der Einweisung wurde ein Gutachten vom Ärzteteam der Psychiatrie Heaven erstellt, das weder einen Weg über das Gericht suchen, noch sonstige anzweifelnde Instanzen überwinden musste, um Dane dort zu halten. Das Gutachten war ohne ein Wort der Hoffnung auf eine Besserung seines Zustandes, geschweige denn mit einer Aussicht auf eine Entlassung formuliert. Dane Gelton war weder mit einer Therapie noch sonstiger Behandlung zu helfen.
    Oktober 1996. Kansas City. Psychiatrie Heaven. Dane, 41 Jahre.
    Dane roch Desinfektionsmittel am Morgen, am Mittag, am Abend und ebenso in der Nacht. Es trocknete seine Atemwege und seinen Appetit aus. Manchmal fiel er für Minuten in einen Schlaf, der ihm qualvolle Chaosbilder schickte. Immer wieder spielte sich die Vergewaltigung seiner Frau durch ihren ersten Ehemann Phil Cammons in seinen Träumen ab. Dane hatte sie anschließend in der Klinik besucht und versucht sie zu trösten. Sie hatte ihn ablehnend angesehen, so als hätte er sie vergewaltigt. Das hatte er nicht getan. So etwas würde er nie tun. Nicht mit Sarah.
Dane empfand jetzt Dankbarkeit für die Medikamente, die es ihm ermöglichten, sich wegsinken zu lassen. Er konnte weder Stunden noch Tage zählen, weder Licht noch Dunkelheit erkennen. Es dauerte lange, bis er bemerkte, dass die Medikamente schwächer dosiert wurden. Er hörte die ersten
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