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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett
Autoren: Stephan R. Bellem
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eine Augenbraue hoch; überrascht von der Einschätzung seiner Höflinge durch seinen Kommandanten, erwiderte er nichts darauf, sondern wartete auf nähere Erläuterungen. Als Dergeron weiter schweigend den Blick auf die Landkarten vor ihm geheftet ließ und der Graf davon ausgehen konnte, dass er zu keinen weiteren Erklärungen über Intrigen, die gegen ihn gesponnen wurden, bereit war, machte er auf dem Absatz kehrt und ging in seine persönlichen Gemächer.
    Dergeron blieb allein zurück. Sein Blick schweifte über die unzähligen Länder. Herzogtümer, Grafschaften, Baronien. Jeder Adlige – und mochte er noch so verarmt sein – hatte sich sein eigenes kleines Reich geschaffen. Einige dieser selbst ernannten Herrscher hatte er bereits kennen gelernt. Allesamt Schwächlinge.
    Totenfels. Die kleine Grafschaft lag im Herzen des Nordens. Obwohl flächenmäßig einer der kleinsten Staaten, hatte Totenfels nur knapp weniger Einwohner als das Königreich am Berentir. Sein Finger wanderte unterbewusst über die Karte, einer Marschroute gleich, und hielt plötzlich inne. Dergeron fixierte den Punkt. Dort würde seine Reise ein Ende finden.
    Die Stadt Berenth.
    Dergeron erinnerte sich an seinen früheren Aufenthalt in der Stadt des letzten Königs des Nordens. Als er und Tharador sich gegenüberstanden. Als ihr Kampf fast entschieden war und Tharador nur durch das Eingreifen des hiesigen Kommandanten, Cordovan Faldoroth, gerettet wurde.
    Der Krieger spürte wieder den Zorn in sich aufsteigen. Den flammenden Hass auf seinen einstigen Freund, auf Tharador Suldras. Es war alles seine Schuld. Wäre Tharador nicht aus Surdan geflohen, hätten sie gemeinsam gegen Xandor kämpfen und die Stadt retten können. Stattdessen war Dergeron von dem Magier gefangen genommen worden. Zwar hatte Xandors Zauber ihn verändert, aber es war Tharadors Schuld. Er hatte ihre Freundschaft verraten. Durch Tharadors Feigheit war Dergeron zum Mörder geworden. Gewiss, es war Dergerons Schwert gewesen, der Queldans Leben ein Ende gesetzt hatte, doch war es nicht seine Schuld. Queldan war ihm nicht gewachsen gewesen, und Tharador hatte das gewusst. Dennoch hatte er den Freund alleine kämpfen lassen, um dem Zwerg zu helfen, damals in den Minen unterhalb der Todfelsen.
    Es war nicht meine Schuld , betete er sich selbst seitdem vor.
    Er würde seine Rache bekommen, früher oder später. Vorläufig gab es wichtigere Dinge zu erledigen. Dergeron wurde des Grafen allmählich überdrüssig. Er wollte endlich ungestört seinen eigenen Plänen nachgehen. Aber brächte er den Grafen jetzt um, würde das zu viel Aufsehen erregen und vor allem: Seine Feinde wären gewarnt.
    Nein, er würde im Verborgenen ein Heer aufstellen, das groß genug wäre, um den gesamten Norden zu erobern.
    Dann hätte er mit Tharador gleichgezogen; erst danach würde er sich dieses dummen Grafen entledigen. Wenn Dergeron erst selbst der Herrscher über Berenth und Totenfels wäre, würde Tharador vor ihrem Kampf nicht länger davonlaufen können. Und Dergeron würde Tharador für all das Leid, das er über ihn gebracht hatte, bestrafen.
    * * *
    Graf Totenfels schloss sorgfältig die Tür hinter sich ab. Die Worte seines neuen Kommandanten schwirrten ihm noch immer durch den Kopf. Was glaubt Dergeron, mit wem er es zu tun hat?
    Er war kein Dummkopf und wusste das Geschwafel über Intrigen an seinem Hof sehr wohl richtig einzuschätzen. Schon damals, als der Krieger seinen damaligen Kommandanten brutal vor seinen Augen niedergestreckt hatte, war ihm bewusst geworden, dass Dergeron es langfristig nur auf seine Macht abgesehen hatte.
    Doch genau wie damals konnte Dergeron ihm nicht offen die Stirn bieten. Zu sehr liebte das Volk seinen Grafen. Nutzlose Tölpel , dachte Totenfels bei sich.
    Sein neuer Kommandant versuchte im Verborgenen, eine Armee aufzustellen, die selbst dem König von Berenth Angst einflößen würde. Von einer solchen Armee hatte auch Totenfels stets geträumt. Doch schon bald wird sich das Gleichgewicht zu meinen Gunsten verschieben , dachte Totenfels, und ein zufriedenes Grinsen huschte über seine Lippen.
    Mein geschätzter Dergeron , dachte Totenfels mit einem verschlagenen Grinsen. Deine Gier ist mein Gewinn. Erschaff mir eine Armee. Führ sie in meinem Namen an. Beginn deinen Krieg. Und dann wirst du sehen, wie sehr das einfache Volk einen Mann verehrt, der ihm Armut und Leid beschert.
    Noch war Dergeron ihm von Nutzen – was sich allerdings schon bald ändern
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