Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)

Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)

Titel: Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
Autoren: Laura Jane Arnold
Vom Netzwerk:
glitten meine Finger über die Stelle, wo vor Minuten noch der Schlüssel gewesen war. Ich zuckte schon jetzt bei der Berührung zusammen.
    »So ein Mist. Verfluchte Teppiche«, fluchte ich gut hörbar. Ich sollte das Haus von sämtlichen Stolperfallen befreien. Vielleicht würde mir das die eine oder andere Verletzung ersparen. Andererseits fiel es mir schwer mich von Sachen zu trennen, die einmal meiner Mutter und meinem Vater gehörten. Also würden die Teppiche bleiben. Die Täfelung des Flures war dunkel und übersät mit den verschiedensten Landschaftsgemälden. Mein Großvater hatte anscheinend nicht viel von Kameras gehalten.
    Als ich an einem bodenhohen Spiegel vorbei kam, blieb ich unvermittelt stehen. Mein Spiegelbild schien mir ein wenig fremd. Ich sah mich aus den gewohnten eisblauen Augen an, die trotz ihrer Farbe nicht kalt wirkten. Meine dunkelbraunen Haare, die manchmal sogar schwarz wirkten, waren in meinem gewohnten Zopf zurückgebunden. Mein Pony fiel mir wie immer ungezähmt in die Stirn. Ich sah ernst aus, aber auch das war nicht ungewöhnlich. Wie sonst sollte jemand aussehen, der schon mit neun so ziemlich alleine gelebt hatte. Meine Jeans war dunkel und hier und dort von diversen, kleinen Unfällen mitgenommen. An den Knien war der Stoff schon ausgedünnt und kurz vorm Reißen. Ich trug ein einfaches, petrolblaues Top mit meinem bevorzugten V-Ausschnitt und längeren Ärmeln. Also eigentlich sah ich aus wie immer. Eine Tatsache, die mich normalerweise ärgerte. Ich kam nicht darauf, was anders sein sollte. Vielleicht sah ich abgestumpfter aus. Konnte es das sein? Verschloss ich mich gerade gegen jede Emotion? Immerhin war ich das erste Mal seit zehn Jahren in diesem Teil des Hauses und ich fühlte nichts. Ich zuckte ungerührt mit den Schultern und ging weiter. Ich schuldete meinem Großvater nicht einmal mehr den geringsten Anflug einer Gefühlsregung.
    Mein Blick fiel wieder auf eines der Landschaftsbilder. Ich erkannte darin die Umrisse einer entfernten Stadt. Für einen Moment überlegte ich, welche Stadt es sein könnte. Vielleicht Furn, das weiter im Süden lag? Mein Herz klopfte schneller, als ich vor der mir vertrauten und zugleich fremden Tür stand. Sie knarrte und ließ sich nur schwer aufstoßen. Das Zimmer dahinter war viel zu groß, um als alleiniges Schlafzimmer zu gelten. Zusammen mit einem überdimensionalen Bett, in dem seit Jahren keiner mehr geschlafen hatte, befand sich dort auch eine komplette Couchgarnitur. Ich hatte kaum einen Blick übrig für das restliche Eigentum meines Großvaters. Ich wollte die Truhe holen und dann alles so hinterlassen, wie es seit Jahren war. Einen Moment blieb ich stehen, und drehte mich einmal im Kreis, bis ich die Truhe am Ende des Bettes entdeckte.
    Ich hoffte, dass sie nicht allzu schwer sein würde. Und das war sie absolut nicht. Dennoch musste ich mich weit nach hinten lehnen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ich wollte wirklich nicht mit der Truhe in der Hand hinfallen. Der blaue Fleck würde mich Wochen quälen, wenn es nur bei einem blauen Fleck bleiben würde. Vorsichtig schleppte ich mich zurück in mein Zimmer und beäugte jeden Teppich mit feindseligem Blick.
    Ich setzte die Truhe vor meinem Bett auf den Fußboden und blies einmal auf ihren Deckel. Eine Kleinigkeit, die ich gleich wieder bereute. Die auftreibende Staubwolke kitzelte so stark, dass ich neunmal niesen musste. Erst jetzt viel mir das schwere Vorhängeschloss auf. Ich fluchte leise. Woher zum Teufel sollte ich die Kombination kennen, um es zu öffnen? Ich versuchte mich zu erinnern, ob mein Großvater jemals vier Zahlen besonders hervorgehoben hatte, aber mir fielen keine ein. Frustriert ließ ich mich mit einem dumpfen Schlag auf den Boden sinken.
    Ich starrte die Truhe vorwurfsvoll an, als würde das Schloss sich davon öffnen lassen. Unwillkürlich gab ich Zahlen ein, wie sie mir gerade in den Sinn kamen. Eins, fünf, sieben, drei … neun, sechs, eins, zwei … kein einziges Mal hörte ich ein leises, verräterisches Klicken. Ich wollte schon aufgeben, als ich es doch noch hörte. Ein Klicken und das Schloss landete mit einem trägen »Klonk« auf dem Boden. Überrascht starrte ich auf die eingegebenen Zahlen. Eins, fünf, null und acht. In meiner Unachtsamkeit hatte ich mein Geburtsdatum eingegeben. Nichts worüber ich mir jetzt Gedanken machte. Wahrscheinlich nur ein dummer Zufall.
    Der Deckel der Truhe klemmte. Ich setzte meine gesamte Kraft ein. Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher