Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab
Autoren: Helmut Vorndran
Vom Netzwerk:
war starr durch den Hauptkommissar hindurch in weite Ferne gerichtet.
    »Das Buch!«, wiederholte Haderlein, diesmal energischer.
    Bischof Griebel schrak auf wie aus einem tiefen Schlaf. »Was?«,
murmelte er geistesabwesend. Doch dann griff er in seine Jacke und holte ein
kleines, hellbraunes Buch hervor, dessen offene Seite mit einem Messingknopf
zusammengehalten wurde. Zitternd legte er es in die Hand von Kommissar
Haderlein.
    Clemens Martins Vermächtnis hatte zu guter Letzt doch noch seine ihm
zugedachte Bestimmung erfahren.

Lebens-Abschnitt
    Die Schuldigen waren
verhaftet und abgeführt worden, der Ministerpräsident hatte sich bei der
Bamberger Polizei ausführlich bedankt und sich, mit seinem Gefolge
diskutierend, ins Bett verabschiedet, während die Streifenwagen gerade
geräuschvoll den Banzberg verließen.
    Fidibus hatte sich
angeboten, die Verhafteten bis Bamberg weiterzuversorgen, und hatte zu diesem
Zweck Staatsanwalt Edelmann »dienstverpflichtet«, was dieser ohne Murren zur
Kenntnis nahm.
    Der Prunksaal von Kloster
Banz lag nun unaufgeräumt und fast verlassen da. Nur noch Haderlein, Driesel,
Lagerfeld und Siebenstädter saßen in trauter Runde an einem Tisch. Jeder
spürte, wie die Ereignisse der letzten Tage und vor allem der letzten Stunden
an Kraft und Nerven gezehrt hatten. Umso erleichterter waren alle, dass es
endlich vorbei war.
    »Und das Beste ist, dass ich
morgen …«, Lagerfeld blickte grinsend auf seine Uhr und verbesserte sich,
»nein, dass ich heute Abend noch meine Zeugin auf der Sandkerwa vernehmen
kann.«
    »Was denn für eine Zeugin?«,
fragte Driesel verwirrt. »Ist der Fall doch noch nicht abgeschlossen?«
    Haderlein brach zur weiteren
Verwirrung von Driesel und Siebenstädter lauthals in Lachen aus.
»Kriminalhauptkommissar Schmitt muss die Zeugin nicht vernehmen, er ›möchte‹
sie vernehmen«, erklärte er glucksend. »Also, darauf sollten wir doch
anstoßen!« Feierlich hob er sein Sektglas.
    »Moment!«, rief Lagerfeld.
»Ich habe ja gar nichts zu trinken!« Er holte sich den letzten vollen Bierkrug,
der am geplünderten Buffet herumstand.
    »Eigentlich habe ich ja mehr
Hunger als Durst«, gestand er. »Aber das bisschen, was hier an Essen noch
rumsteht, kann ich auch trinken.«
    Alle lachten, und jeder nahm
einen wohlverdienten Schluck. Draußen dämmerte es schon seit einiger Zeit, und
niemand hatte eigentlich noch Lust, sich länger im Kloster aufzuhalten. Es
wurden noch einige nette Worte hin und her gewechselt, und der hungrige
Kommissar Lagerfeld räumte doch noch hastig die letzten Reste vom Buffet, dann
stießen sie schließlich ein letztes Mal an und beschlossen, endlich
heimzufahren und jeder in sein Bett zu fallen.
    Nur Kommissar Lagerfeld war
plötzlich merkwürdig fidel. »Komisch«, bemerkte er. »Ich fühle mich hellwach.
Ich könnte Bäume ausreißen.«
    Siebenstädter betrachtete
ihn besorgt. »Ihre Augen, Lagerfeld, Sie haben ja Pupillen, als wollten die
Ihnen jeden Moment aus dem Kopf fallen.«
    Kommissar Lagerfeld griff
sich an die Schläfen. »Um ehrlich zu sein, mir ist auch so komisch. Mein Puls
rast, und ich habe das Gefühl, mein Kopf würde zerspringen.«
    Haderlein sprang so schnell
auf, dass der Tisch, an dem sie gesessen hatten, umfiel. Dann machte er einen
großen Satz zu seinem jungen Kollegen hinüber und schlug ihm den Krug aus der
Hand, dass der restliche Inhalt quer durch den Raum spritzte.
    »Nimm den Löffel«, rief er
hektisch, »du musst dich sofort übergeben!«
    Doch Bernd Schmitt bekam
schon nichts mehr mit. Sein Herz raste, er spürte noch, wie ihm jemand einen
Löffel in den Hals rammte und dass er sich übergeben musste, dann schwanden ihm
die Sinne.
    *
    Als er wieder erwachte, fiel sein Blick auf eine weiß getünchte
Decke und eine Ärztin, die sich über ihn beugte. Nicht hässlich, die Frau,
dachte er. Doch wahrscheinlich war sie wieder älter, als sie aussah.
    »Da haben Sie Ihren Kollegen wieder«, sagte sie lächelnd zu
Haderlein, den Lagerfeld neben seinem Bett entdeckte. Der Hauptkommissar
lächelte zurück und wandte sich dann Lagerfeld zu: »Das nächste Mal passt du
mal besser auf, was du da für Zeug trinkst, du Bierexperte.«
    »Wieso, was war denn mit dem Bier? Und was mach ich überhaupt im
Krankenhaus?«, fragte Lagerfeld ahnungslos.
    Die junge Ärztin nahm Haderlein die Antwort ab. »In Ihrem Bier war
so viel gelöstes Nikotin, dass man damit gleich zwei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher