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Das Achtsamkeits Buch

Das Achtsamkeits Buch

Titel: Das Achtsamkeits Buch
Autoren: Halko Weiss , Thomas Dietz
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ab.
    Buddha verwendet in seinen Lehrreden für diese Art des unruhigen Geistes den Begriff »monkey-mind« – »Affen-Geist«. Er vergleicht unsere Gedanken dabei mit der Unruhe und der Ablenkbarkeit eines im Urwald von Ast zu Ast springenden Affen. Sobald irgendwo Futter, etwa eine Banane, vermutet wird, springt er auf und ist hinterher.
    Ein weiterer problematischer Aspekt ergibt sich dadurch, dass wir dazu neigen, unseren Gedanken Glauben zu schenken. Wir erkennen sie nicht als Gedanken, sondern identifizieren uns mit ihnen und nehmen ihre Inhalte als Realität. Beispiele wären: »Ich kann das nicht«, oder »mein Mann liebt mich nicht«. Dies können auch ganze Geschichten sein, die wir von uns und unserem Leben erzählen. Die narrative Psychotherapie (White & Epston, 1990) wendet sich speziell diesen Geschichten zu. Sie unterstützt Individuen und Familien dabei, sich die selbst erzählten Geschichten bewusst zu machen, sie zu hinterfragen und neue zu finden oder zu erfinden.
    Achtsamkeitsschulung lehrt nun, solche herumturnenden und für wahr genommenen Gedanken zu beobachten. Durch den Vorgang der Beobachtung wird allmählich zwischen Beobachter, Denker und Gedanken unterschieden und die Relativität und Automatik unseres Denkens laufend bewusst.
    Man kann den »Inneren Beobachter« auch als Wächter oder Portier sehen, der am Eingang des Hauses steht und genau bemerkt, wer ein- und ausgeht. Benennen der Gedanken als »Gedanke« hieße beim Bild des Portiers eine Art Strichliste zu führen. Dabei wird jedes Mal mit einem Strich vermerkt, wenn eine Person das Haus betritt. Ungewöhnlich ist vielleicht der Aspekt, auch zu bemerken, wenn ein Gedanke wieder geht. Ruhefokussierung hieße dann, sich die entstehende Pause oder die Stille bewusst zu machen. Thich Nhat Hanh regt das Bild eines Gebäudes oder Kaiserpalastes mit zweiToren an: Eingang und Ausgang. Gedanken gehen durch das Haus hindurch. Wenn wir sie nicht festhalten oder ihnen durch Ablehnung unsere besondere Aufmerksamkeit schenken, gehen die Gedanken auch wieder, so wie sie gekommen sind.
     
    Achtsamkeit im Umgang mit »negativen« Gedanken und Depression
     
    In der buddhistischen Psychologie werden Gedanken nicht als gut oder schlecht bewertet, sie unterscheidet zwischen heilsamen und nicht heilsamen Gedanken. Wohl jeder Mensch hat schon die Erfahrung gemacht, dass die Art der Gedanken Auswirkungen auf Körperhaltung, Gefühle und Handlungen hat. Wenn jemand nur lange genug darüber nachdenkt, was in seinem Leben schiefgelaufen ist oder was er falsch gemacht hat, wird seine Stimmung gedrückt. Man zieht den Kopf ein, traut sich kaum mehr aus dem Haus. Umgekehrt beeinflusst auch die Stimmung die Richtung der Gedanken. In depressiver Stimmung tauchen eher Erinnerungen an schwierige Zeiten im Leben auf, man hat dann vor allem Zugang zu schmerzhaften Erfahrungen.
    Nach einer Prognose der Welt-Gesundheits-Organisation sollen im Jahr 2020 Depressionen nach Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems weltweit zur zweithäufigsten Krankheit werden (WHO, 2009). Die meisten Menschen kennen Zeiten depressiver Verstimmtheit. Nicht selten bekommt diese jedoch ein Ausmaß und eine Dauer, dass sie zur Krankheit wird. Nach Abklingen einer depressiven Phase ist das Risiko eines erneuten Auftretens hoch.
    Bei Rückfällen in depressive Phasen spielen zwei Faktoren eine wichtige Rolle: Anfälligkeit der Menschen für negative Gedankenmuster und die Neigung zu Grübeln und Gedankenkreisen. Achtsamkeit kann aus diesem Teufelskreis herausführen und seine Verfestigung verhindern. Mit dieser Hypothesebegannen Segal, Williams und Teasdale (2008) ein achtsamkeitsbasiertes Programm zur Rückfallprävention bei Depression zu entwickeln. Ihre Hypothese wurde bestätigt und ihr Gruppenprogramm hat sich in vielen Studien als erfolgreich erwiesen. Die Autoren entwarfen das Programm auf verhaltenstherapeutischem Hintergrund und nannten es »Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie« – »Mindfulness-Based Cognitive Therapy« oder MBCT (siehe Exkurs »MBCT«, S. 47) . Die traditionelle Kognitive Verhaltenstherapie geht davon aus, dass es notwendig und zielführend ist, die Inhalte des depressiven Denkens zu verändern. Im Gegensatz dazu postulierten Segal, Williams und Teasdale, dass es weniger um Inhalte, als vielmehr um eine Änderung der Haltung ginge, welche eine Person gegenüber ihren Gedanken, inneren Bildern und Erinnerungen einnimmt. Diese Haltungsänderung kann eine
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