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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
Autoren: Tectum Wissenschaftsverlag Marburg
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Nahrungsversorgung und Fortpflanzungsaktivität durch das von der Umwelt vorgegebene Raster. Sie werden aufgrund nur geringer Überlebens- und Fortpflanzungschancen ausgedünnt bzw. gehen im Laufe der Generationen ganz verloren. Dieser Prozess der natürlichen Selektion führt langfristig unter dem permanent auf die Individuen wirkenden „Bewährungsdruck“ zu einer Veränderung der Arten, zu einem vererbbaren Wandel ihrer Merkmalszusammensetzung. Es findet Evolution statt.
    An dieser Stelle ist es angebracht, kurz auf eine weit verbreitete Fehlinterpretation des Darwin’schen Modells einzugehen, welche die vermeintliche „Zufälligkeit“ der Evolution zum Hauptkritikpunkt werden lässt. Aussagen wie „Gott würfelt nicht“ (ursprünglich von Albert Einstein nicht im Darwin’schen Kontext, sondern im Zusammenhang mit der Quantenmechanik geäußerte Erkenntnis) oder „Der Mensch – die Krone der Schöpfung – ein Produkt des Zufalls?“ ignorieren Darwins strikte Beschränkung des Zufallsmomentes auf die primäre Bildung neuer Merkmalskombinationen . Einzig die vererbbaren individuellen Merkmalskombinationen – wie wir heute wissen, durch Mutations- und Rekombinationsprozesse des genetischen Materials gebildet – sind bei ihrer Entstehung ungerichtet und zufällig. Aber die an jedem dieser Muster angreifende Selektion, der milieubezogene „Bewährungsdruck“, gibt dem Evolutionsprozess über den Mechanismus der natürlichen Auslese eine klare Richtung, die immer von den aktuell herrschenden Umweltbedingungen vorgegeben wird. Da diese Milieufaktoren ihrerseits wandelbar sind (z. B. Klimaveränderungen, Nahrungsverknappungen, Umweltkatastrophen etc.), ist Evolution kein starrer, unidirektionaler, sondern ein höchst dynamischer, aber keinesfalls zufälliger Prozess.
    Somit belegen jegliche Einwände, eine Aneinanderreihung von Zufällen hätte niemals hoch entwickelte Lebensformen hervorbringen können, einzig die fehlende Detailkenntnis der Abstammungstheorie. Evolution als Produkt eines Würfelspiels zu simplifizieren, hieße die streng richtungweisende Kraft der natürlichem Selektion – also den Kernpunkt des Modells – völlig zu ignorieren. „Erwürfelt“ sind allenfalls die entstehenden Merkmalskonstellationen – quasi die Augenzahlen auf den Würfeln oder das Blatt auf der Hand des Skatspielers.
    Doch wenn die Karten dann auf den Tisch gelegt werden, gibt es nur noch eine Richtung, einen Selektionsdruck, möglichst viele Stiche zu ergattern, um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Wer zufällig schlechte Karten erhalten hat, fällt der Selektion zum Opfer. Gleichzeitig zeigt diese Metapher, wie gewandelte Umweltbedingungen den Selektionsdruck verändern können. Ist eine „Ramschrunde“ (für NichtSkatspieler: hier gilt es, möglichst wenig Stiche zu machen) angesagt, wird der zuvor so erfolgreiche „Grand mit Vieren“ zum Versager und wird von der neuen Selektionsrichtung „ausgemerzt“.
    Natürlich kann dieser Ausflug in die Spielwelt kein in allen Punkten analoges Abbild der Evolution des Lebendigen liefern. So wird etwa ein erfolgreiches Blatt nicht auf die nächste Spielrunde „weitervererbt“, sondern das Zusammenspiel von Zufall (Mischen und Geben) und Auslese (erfolgreiches Spiel) beginnt jedes Mal von Neuem. Außerdem sind beim Skat auch andere Faktoren (z. B. Spielerfahrung, Nervenkostüm) ausschlaggebend. Doch um das reine Zufallsmoment von den richtungweisenden Selektionsvorgaben abzugrenzen, ist das Beispiel doch recht anschaulich.
    Darwin selbst konnte noch keine Erklärung für die Entstehungsmechanismen der natürlichen Spezies-Variationen liefern. Er wusste nichts von der Struktur einer Erbsubstanz DNA, von ihrer Wandelbarkeit durch Mutations- und Rekombinationsprozesse. Die moderne Genetik wurde zur Zeit der Veröffentlichung von Darwins Hauptwerk (1859) gerade aus der Wiege gehoben. Der Augustinermönch Gregor Mendel unternahm seine berühmten botanischen Züchtungsversuche in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts. 1869 sollte dann von dem Mediziner Friedrich Miescher im Eiter frisch operierter Patienten ein Zellkernbestandteil entdeckt werden, den er „Nuclein“ (lat. nucleus = Kern) nannte und der uns heute als DNA (Desoxyribonukleinsäure) geläufig ist. Bis diese als alleiniger Träger der genetischen Information identifiziert werden konnte, sollten noch mehr als sieben Jahrzehnte vergehen (Oswald Avery, 1944). Erst jetzt schlüpfte die Molekularbiologie
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