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Dark Heart: Zweiter Band

Dark Heart: Zweiter Band

Titel: Dark Heart: Zweiter Band
Autoren: Claire Knightley
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nie hatte ich mich so sehr nach einer langen, heißen Dusche gesehnt wie an diesem Morgen.
    Die Tür zum Bad war nur angelehnt. Das kleine Radio auf der Fensterbank war an. In den Siebenuhrnachrichten ging es gerade um einen Flugzeugabsturz in Schanghai, bei dem mehr als zwanzig Menschen ums Leben gekommen waren. Ich klopfte vorsichtig an.
    »Dad?«, fragte ich leise. Ich wusste, wie sehr er es hasste, wenn man ihn bei seiner Morgenroutine störte. Doch als keine Antwort kam, schob ich sacht die Tür auf.
    Dad stand am Waschbecken und hatte sich nach vorne gelehnt, als müsste er irgendetwas im Spiegel eingehend untersuchen. Er sah erschreckend alt aus. Seine kurzen, noch nassen Haare standen nach allen Seiten ab. Um die Taille hatte er ein weißes Handtuch geschlungen. In seinem Gesicht klebte hier und da noch etwas Rasierschaum, der jedoch nicht verbergen konnte, wie grau es war. Seine linke Hand, die den Rasierapparat hielt, zitterte. Immer wieder rieb er sich mit der rechten den linken Oberarm.
    »Dad? Ist alles in Ordnung?«
    Mein Vater fuhr zusamme n – offenbar war er tief in Gedanken gewese n – und der Rasierer fiel klappernd ins Waschbecken. »Lydia!«, stöhnte er. »Hast du mich gerade erschreckt!« Er hob den Rasierer auf.
    »Entschuldige, das war nicht meine Absicht«, sagte ich verwirrt.
    Dad richtete sich auf. »Ich bin gleich fertig«, sagte er nun mit fester Stimme und lächelte. »Gib mir noch fünf Minuten, ja?«
    »Okay«, sagte ich leise. Dad hatte in den letzten Wochen bis zum Umfallen gearbeitet. Ich wusste, dass der Vancouver Standard , dessen stellvertretender Chefredakteur er war, mit enormen Problemen zu kämpfen hatte. Eine Krisensitzung hatte die nächste gejagt. Wie schlimm es um die Zeitung stand, konnte und wollte er nicht sagen. Mein Vater lebte nach dem eisernen Grundsatz, dass zu Hause nicht über die Arbeit gesprochen wurde. Das hieß aber leider nicht, dass er einfach abschalten konnte, wenn er nach Hause kam.
    Ich schloss leise die Tür, um in der Küche Frühstück zu machen, hielt aber auf der Schwelle zum Elternschlafzimmer inne. Mom drehte sich im Bett zu mir um und rieb sich die müden Augen. »Wann bist du gestern nach Hause gekommen?«
    »Spät«, gab ich kleinlaut zu.
    Sie musterte mich aufmerksam. »Du siehst nicht gerade aus, als hättest du eine besonders erfreuliche Nacht hinter dir.«
    Ich schloss die Tür hinter mir, damit Dad mich nicht hören konnte. Dann setzte ich mich zu Mom ans Bett und erzählte ihr alles, was geschehen war. Sie hörte schweigend zu. Wenn Solomons Verschwinden sie beunruhigte, so zeigte sie es zumindest nicht.
    »Ich habe Angst«, gestand ich. Ja, ich hatte Angst. Um Jack, um Mark und mich und meine Familie. Ich spürte, dass der Fall Charles Solomon nicht ausgestanden war. Jack musste einen triftigen Grund dafür haben, mir die Wahrheit über seine Mission zu verschweigen. Es war, als hörte ich das Donnergrollen eines kommenden Gewitters.
    Mom schlug seufzend die Decke beiseite und nahm mich in den Arm.
    »Glaub mir, dieses Gefühl kenne ich. Deshalb habe ich dich immer von der Welt der Nachtgeschöpfe fernhalten wollen. Ich habe mir für dich immer ein ganz normales Leben mit ganz normalen Problemen gewünscht.« Mom schien zu ahnen, dass ihr Versuch, die Vergangenheit auszulöschen, gescheitert war. Sie sah abgekämpft aus. Unter ihren Augen lagen dunkle Schatten.
    In der Küche wurde das Radio eingeschaltet. Kaffeeduft stieg zu uns herauf.
    Mom strich mir eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht. »Wenn du möchtest, kann ich mit Lilith McCleery reden«, sagte sie leise.
    »Nein, ich glaube, das muss ich selber tun.« Ich lachte trocken. »Außerdem, wie sähe das denn aus? Ich bin kein Kind mehr, das seine Mutter vorschickt, wenn es schwierig wird.«
    Mom sah mich liebevoll an. »Nein, ein Kind bist du wirklich nicht mehr.« Sie hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. Ihre Augen schimmerten feucht. »Es tut mir leid. Ich hätte dir das alles gerne erspart.«
    »Na ja«, erwiderte ich leise nun mit ebenfalls stockender Stimme. »Irgendwie haben wir beide eine fatale Schwäche für Vampire, findest du nicht?«
    »Da magst du Recht haben.« Mom musste gegen ihren Willen lachen und kniff mir in die Wange. »Komm, lass uns frühstücken!«

Dad hatte in…
    D ad hatte in der Küche schon alles vorbereitet, als wir uns zu ihm an den Tisch setzten. Es gab Toast mit Marmelade, Frühstücksflocken, Obstsalat, frisch gepressten Orangensaft
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