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Dark Future: Herz aus Feuer

Dark Future: Herz aus Feuer

Titel: Dark Future: Herz aus Feuer
Autoren: Eve Kenin
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ihn nicht weiter beachten musste? Oder war er so gefährlich, dass es ihm egal war?
    Das Motorengeräusch des Trucks und die Eisfontäne fesselten wieder ihre Aufmerksamkeit, und sie drehte sich um.
    Ein dreckiger Sattelzug bog auf den Parkplatz und hielt in ihrer Nähe an. Der Truck war riesig, höher als Abbotts Geschäft. Dunkelblaue Farbe blitzte an einigen Stellen unter der Schmutzschicht hervor. Es gab keine Logos einer Spedition, was bedeutete, dass es sich nicht um
Janson
-Trucker handelte. Das war keine Überraschung. Seit Banes Tod machte
Janson Transport
harte Zeiten durch, und große Teile der Flotte waren verkauft oder gestohlen worden.
    Dieser Truck war ein heruntergekommenes Wrack, und an dem hervorstehenden Kühlergrill war ein halbes Dutzend menschliche Schädel befestigt worden. Beides sprach dafür, dass es sich nicht um einen unabhängigen Fahrer handelte; freie Trucker achteten viel besser auf ihren Besitz und bevorzugten für gewöhnlich auch keine menschlichen Überreste als Verzierung.
    Doch das Fehlen einer Panzerung oder schuppenartig angeordneter Schutzplatten aus Metall legte nahe, dass der Besitzer auch kein Vollblutplünderer war. Jedenfalls noch nicht.
    Was nur einen Schluss zuließ: Gun Trucker. Hoffentlich waren es
ihre
Gun Trucker.
    Wird auch Zeit, Jungs. Wird auch Zeit.

[home]
    2. Kapitel
    T atiana ging zu dem Truck. Sie spürte die Vibrationen des laufenden Motors unter ihren Füßen, die Beine hinauf. Den Kopf gesenkt, zog sie ihren Thermohandschuh aus, streckte den Arm aus und legte die Hand auf das Metall des Trucks. Das Metall war so kalt, dass ihre Haut eigentlich an der Oberfläche hätte kleben bleiben müssen. Aber ihre Haut blieb nicht kleben; das ging nicht.
    Nicht mehr. Genetische Verbesserungen waren wundervoll, meistens jedenfalls.
    Sie öffnete die Tür zu ihren Sinnen einen Spalt weiter und ließ Spuren von elektrischen Strömen, die das Echo menschlicher Gedanken waren, durch die vibrierenden Moleküle des eiskalten Blechs, durch ihre Zellen und ihr Gewebe fließen. Ein elektrochemisches Ereignis.
    Nicht sehen, hören oder berühren. Es war einfach
Bewusstsein.
    Sie hatte mehr als ein Jahrzehnt mit den Stimmen in ihrem Kopf verbracht. Stimmen, die immer da waren. Die Gedanken, der Schmerz, das Entsetzen, die Tragödien anderer Menschen waren eine ständige misstönende Symphonie in ihrem Geist gewesen. Irgendwann hatte sie gelernt, es zu kontrollieren und das Portal nur aufzumachen, wenn sie es wollte – eine Art freiwilliger elektrischer Isolierung.
    Die meisten Menschen hatten fünf Sinne. Sie hatte sechs.
    Die ersten rauchigen Fetzen fremder Gedanken drangen in ihren Geist wie ein Gift, bitter und nach Tod und Verwesung stinkend.
    In dem Truck saßen zwei Männer, und sie hatte recht gehabt. Es waren weder unabhängige Fahrer, noch waren sie bei einer Spedition angestellt.
    Die Erinnerungen der Männer stürmten auf sie ein. Hässliche, primitive Erinnerungen, die auf sie eindrangen wie eine körperliche Kraft. Kurz darauf war sie sich sicher, dass diese beiden Kerle die Männer waren, die sie suchte.
    Sibirische Eispiraten, auf der evolutionären Leiter nur eine Stufe über Schleim. Vielleicht sogar eine Stufe darunter.
    Diese beiden waren besonders brutal. Sie versuchten ständig, sich zu beweisen, um Teil einer Elitegruppe von Monstern zu werden – Belek-ools Plünderern.
    Bilder und verworrene neurale Muster schlängelten sich direkt von den beiden Männern durch die Verbindung, die der Metallrahmen des Trucks darstellte, in sie hinein. Es war eine dickflüssige, ölige Brühe.
Sie hatten aus Spaß einen Hund getötet, hatten seinen Kadaver im Schnee liegen lassen. Und ein Kind. Sie waren Teil einer Gruppe gewesen, die Siedler des Nördlichen Ödlands abgeschlachtet hatte, Flüchtlinge, die an der Station in Gladow Schutz gesucht hatten. Einer von ihnen hatte einem Mann den Finger abgehackt, einen Ring gestohlen … ein Erbstück … hatte die Frau vergewaltigt, während der Mann hatte zusehen müssen, kämpfend, sich wehrend. Hatte ihm die Kehle aufgeschlitzt und ihn dann neben der blutüberströmten Leiche seiner Frau zurückgelassen.
    Tatiana schluckte. Der Preis, den sie für diese Informationen bezahlte, war ein dumpfer Schmerz in ihrem Kopf, eine brennende Übelkeit in ihrem Bauch und noch ein bisschen Dunkelheit, die ihre Seele befleckte.
    Sie zog die Hand vom kalten Blech des Trucks zurück und warf das Portal zu ihrem Geist zu. Der Fahrer war
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