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Darfs einer mehr sein

Darfs einer mehr sein

Titel: Darfs einer mehr sein
Autoren: Madeleine und Rolf C Franck
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einzuschränken versucht, besteht akuter Handlungsbedarf. Die Rangordnungstheorie würde sagen: Alles bestens, dieser Vierbeiner ist eben ranghöher und sollte in seinem Status unterstützt werden. Wir sagen: Gefahr im Verzug, der Kontrollfreak sollte von seinen Eltern in die Schranken gewiesen und dem anderen sollte zu seinem Recht verholfen werden. Ansonsten ist der Familienfrieden gefährdet, denn es bestehen unterschwellige Spannungen. Und entweder werden diese schnell als offener Konflikt zum Ausbruch kommen oder sich längerfristig als innerer Konflikt für den „unterdrückten“ Hund in Stress niederschlagen.

    Linda und Marie sind noch nicht ganz sicher, wie sie es finden, so dicht zusammensitzen zu müssen.

    Zunehmender Stress lässt sich an ganz verschiedenen Verhaltensweisen beobachten, weshalb er nicht immer als solcher erkannt wird. Ein gestresster Hund wird vielleicht je nach Typ durch übertriebene Deeskalationsgesten auffallen, die sein Problem in der Gruppe jedoch nicht lösen können. Es ist gar nicht selten, dass Hunde unter diesen Umständen depressiv werden und letztendlich in einen Zustand erlernter Hilflosigkeit verfallen. Vielleicht wird er stattdessen auch mit ständig schlechter Laune durch die Gegend laufen und in seiner Gereiztheit andere unbeteiligte Vierbeiner anmotzen. Vielleicht zeigt er jedoch etwas völlig anderes, wie vermehrtes Aufreiten oder Markieren, was dann klassischerweise als Dominanz interpretiert wird. Genauso wie ständiges Schnüffeln, Grasfressen, Abhauen und Große-Kreise-Drehen, Sich-Kratzen, Zeigen übertriebenen Spielverhaltens oder Kläffen, kann jedes Verhalten dazu benutzt werden, den eigenen Stress zu reduzieren, wenn damit für den Hund positive Emotionen verbunden sind. So eignen sich Aufreiten oder Markieren, weil sie sich per se gut anfühlen, andere Verhaltensweisen können auf individuellen Lernerfahrungen oder rassetypischen Eigenheiten beruhen.
    Werden Verhaltensweisen, die sonst kein echtes Problem sind, plötzlich intensiviert, wie das Vertreiben des Briefträgers oder das Suchen nach Jagdgelegenheiten, sollte ebenfalls darüber nachgedacht werden, ob ungelöste Spannungen in der Gruppe der Auslöser dafür sein könnten, dass dieses Ventil zum Stressabbau gesucht wird.
    Bevorzugung und Gerechtigkeit
    In der Beziehung zwischen Eltern und Kindern, also auch in der zwischen Mensch und Hund, wie wir sie propagieren, geht es nicht um Gerechtigkeit, sondern darum, individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Jeder Hund hat seine Vorlieben und sollte so viel wie möglich von dem bekommen, was er sich wünscht. Beziehungen und Bindungen sind unterschiedlich eng, und es ist normal, dass man einzelnen Hunden verschieden nahesteht. Als Mehrhundehalter sollte man versuchen, den Anspruch auf Gerechtigkeit abzulegen und zu einer realistischen Einschätzung bezüglich der Bedürfnisse der Hunde zu kommen, um nicht ständig mit einem schlechten Gewissen herumzulaufen.
    Hunde sind auch zufrieden, wenn sie nicht alle das Gleiche dürfen oder bekommen, solange sie das bekommen, was ihnen wichtig ist. Trotzdem sollte man im Alltag Situationen vermeiden, in denen ein Hund sich konkret benachteiligt fühlt, damit kein unnötiger Frust entsteht, wenn zum Beispiel Leckerchen, Essensreste oder Kausachen verteilt werden. In anderen Situationen lässt es sich aber vielleicht gar nicht vermeiden, etwa wenn man mit einem Hund zum Training geht und die anderen zu Hause bleiben müssen.

    Bei zwei verschiedenen Hunden geht es nicht darum, diese gleich zu behandeln, sondern jedem individuell gerecht zu werden.

    Zwischen diesen beiden läuft alles friedlich.

H unde ganzheitlich betrachten
    Dass es nicht um Gerechtigkeit geht, sondern darum, jedem einzelnen Hund gerecht zu werden, ist für uns gleichzeitig der Ausgangspunkt für die Lösung möglicher Probleme in einer Hundegroßfamilie. Aus Sicht der überholten Dominanztheorie ist eine Lösung für Probleme schnell gefunden: Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten, muss der Mensch in verschiedenen Situationen seine Führungsrolle besser ausfüllen, und alles wird gut. In der Regel soll dies bedeuten, die Hunde in bestimmten Bereichen mehr einzuschränken und zu begrenzen. Damit es keine Missverständnisse gibt: Wir sind für Grenzen in der Hundeerziehung, die sich aus der natürlichen Verantwortlichkeit des Menschen für das Wohlbefinden seiner Vierbeiner ergeben, vor allem im Zusammenleben mit mehreren Hunden. Wir setzen
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