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Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Titel: Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)
Autoren: Dr. Josephine Chaos
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wann von wo, und was mach ich, wenn der Rest vom Kind da ist, aber der Kopf nicht folgen will?
    »Mehr Wehen oder weni…? Wann muss … Mutter nochmal …? – … Beine erst … oben anheben oder … unten absen…?«
    »WAS willst du? Ich versteh kein Wort von deinem Gemurmel!« Wütend blafft Gloria mich an – auch ihr Hebammenkittel sieht aus, als hätte man sie gerade aus dem nächstbesten Pool gefischt.
    »Still – ich rede mit mir selbst! Weißt du noch, wann du drücken musst?«
    »Musst DU mir das nicht sagen? DU bist doch der Arzt!«
    »Ich will heim zu meinem Mann«, würde ich jetzt am liebsten sagen!
    »Ich will, dass jetzt endlich mein Oberarzt kommt!«, sage ich stattdessen ein bisschen weinerlich.
    »Ich will, dass du jetzt die Klappe hältst und dieses Kind entbindest!«, sagt die Hebamme.
    Frechheit!
    Aber dann ist alles ganz einfach, denn auf einmal presst Frau Öko in Kreißsaal I wie eine Eins mit, ich bekomme den Po samt hochgeschlagenen Beinen ganz vorschriftsmäßig zu fassen und geleite ihn – ohne zu ziehen, Josi, OHNE zu ziehen! – heraus. Und dann, als der kleine Babynacken vor meiner Nase auftaucht, Babybauch auf den rechten Unterarm gepackt, rechter Zeigefinger in den Babymund, JETZT der Druck von oben durch die Hebamme – und dann hebele ich mit einer einzigen, durchgängigen Bewegung das Köpfchen um den Schambeinbogen herum aus dem Scheidenausgang heraus und den kompletten kleinen Klops der Mama auf den Bauch. Verkehrt herum, versteht sich.
    WOW! DAS war ja so cool!
    Gloria schaut mich sprachlos und ein bisschen stolz an, und auch ich würde mir jetzt gerne lobend auf die Schulter klopfen, doch da ist ja immer noch Frau Drei auf dem Weg in den OP – DIE Nummer muss jetzt auch noch zu Ende gebracht werden.

    Ich stürze also weiter, aus Kreißsaal I quer über den Flur durch die Automatiktür in den Not-OP – und würde jetzt sehr gerne doch ein kleines bisschen weinen, denn hier stehen, Schulter an Schulter, Doc Napoli, der Oberarsch, und Chefarzt Dr. Böhnlein, Retter in der Not! Und beide starren zufrieden und einträchtig auf die stehende, vaginale Blutung meiner Patientin aus Kreißsaal III! Gott weiß, wer diese Nummer gerettet hat – die Kontraktionsmittel oder die pure Anwesenheit solch geballter gynäkologischer Macht –, aber es hat irgendwie funktioniert. Frau Drei hat aufgehört zu bluten. Hurra!
    Noch während die Anästhesie-Tante vorsorglich zwei Blutkonservenbeutel an meine Patientin andockt, blinzelt Sandmännchen mir fröhlich über seinen Mundschutz hinweg zu und streckt seinen behandschuhten rechten Daumen in die Höhe. Ich grinse ein bisschen verlegen und winke matt zurück, ehe ich abdrehe und den Not-OP durch die leise summende Tür verlasse.

Es ist erst vorüber, wenn die fette Lady singt
    Die Uhr der Kreißsaalküche zeigt gerade mal 4 Uhr früh an, während durch das wenig geöffnete Fenster eine Ahnung von Morgendämmerung hereinblinzelt.
    Völlig fertig lass ich mich auf den nächstbesten Stuhl fallen – dabei sollte ich mich lieber dringend umziehen. Das Blau der OP-Bekleidung ist nur noch an wenigen Stellen als solches zu erkennen, der Rest ist eine schwarzfleckige Weltkarte, geformt aus reinem Angstschweiß. Aber – ich kann nicht mehr. Mein Rücken bringt mich gleich um – sitzen, stehen, liegen, nichts hilft gegen diese miesen Senkwehen. Verspannung. Was auch immer. Ich bin müde. Todmüde. Aber der Weg zurück in mein schnuckeliges Dienstzimmer scheint weiter weg zu sein als eine Iron-Man-Strecke.
    »Josephine – alles klar?« Soli steckt ihren Kringellöckchenkopf zur Tür herein und schaut mich prüfend an. »Josephine?«
    Ja doch – ich muss nur gerade ein bisschen verschnaufen. Isch schab Rücken …
    »Hm?« (Schnauf)
    »Josephine – was machst du da?« Mit einem Schritt steht Soli vor mir, aus den Augenwinkeln sehe ich Gloria hereinstürmen, stoppen und fluchtartig den Raum wieder verlassen.
    »Soli?« (Schnauf)
    »Ja?«
    »Ich glaube, ich habe Wehen!«
    »Das glaub ich aber auch!«
    Und dann herrscht mit einem Mal heilloses Durcheinander in der kleinen Kreißsaalküche. Chefarzt Böhnlein himself kommt mit ausladendem Stechschritt zur Tür herein, den Chefarztkittel über karierter Flanell-Pyjamahose. Das war mir vorher gar nicht aufgefallen!
    Direkt hinter dem Oberbefehlshaber folgen Doc-Moppel-Napoli, der Sandmann, Anästhesiepfleger Horst, Gloria-Victoria, O-Helga und die Kreißsaalputzfrau. Und ganz
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