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Damon Knights Collection 6

Damon Knights Collection 6

Titel: Damon Knights Collection 6
Autoren: Damon Knight
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Offen gestanden, ich füh le mich nicht wie sonst – ich bin nervös. Ich sage eine Menge Dinge, die ich nicht wirklich meine, und vielleicht ist dieser Brief als Rechnung für das gekommen, was ich nicht wirklich gemeint habe. Vielleicht ist sie da oben krank geworden; weiß Gott, was sie da essen, was für Wasser sie haben und mit welchen Kreaturen sie zusammenstoßen. Da ich nicht weiter darüber nachdenken möchte, gehe ich zu meinem Sessel und drücke den Massageknopf. Es dauert nicht allzu lange, und ich träume.
    Ich sitze irgendwo auf einem sandigen Kinderspielplatz und schaukele ein Känguruh auf meinen Knien. Es grunzt zu mir auf und nennt mich Großpapa, und ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich möchte seine Gefühle nicht verletzen, aber wenn ich der Großvater eines Känguruhs bin, so möchte ich nichts damit zu tun haben. Ich möchte nur, daß es weggeht. Ich hole ein silbernes Zehncentstück aus meinem Portemonnaie und stecke es in seinen Beutel. In dem Beutel wimmelt es von kleinen Insekten, die mich beißen. Schweißgebadet wache ich auf.
    »Sadie! Liest du oder änderst du die Sätze um? Bring ihn hierher, ich will sehen, was sie wünscht. Wenn es sich um Scheidung handelt, kenne ich einen Anwalt.«
    Sadie kommt ins Zimmer gewatschelt mit ihrem Ich-sagte-es-dir-ja-Gesichtsausdruck und gibt mir ei nen kleinen feuchten Kuß auf die Wange – eine Starnum mer menschlicher Freundlichkeit. Ich fange an, ihn mit lau ter monotoner Stimme zu lesen, so daß sie nicht den Verdacht schöpft, ich schere mich auch nur den Teufel drum. »Lieber Daddy, es tut mir leid, daß ich erst jetzt schreibe. Ich dachte, ich sollte Dir die Gelegenheit ge ben, Dich erst etwas abzukühlen.« (Undankbare! Kann die Sonne je abkühlen?) »Ich weiß, daß es für Dich zu unbequem gewesen wäre, zur Hochzeit zu kommen, doch hatten Mor und ich gehofft, daß Du uns vielleicht einen Brief schicken würdest, nur damit wir wüßten, daß es Dir gutgeht und Du mich trotz allem noch liebst.«
    Gerade an dieser Stelle fühle ich einen heißen Seufzer, gefolgt von einem kurzen, aber durchdringenden Stöhnen.
    »Sadie, geh von meinem Nacken weg. Ich warne dich …«
    Ihre Augen blicken über meine Schulter auf das Papier, das ich mir vors Gesicht halte.
    »Schon gut, schon gut«, haucht sie mir zu. »Ich ha be ihn bereits gelesen, ich weiß, was drin steht. Nun bist du an der Reihe, um zu sehen, was für ein mieser Vater du bist.« Und sie watschelt zurück ins Schlafzimmer und schließt sorgfältig die Tür hinter sich zu, als handele es sich um ein Stück Porzellan.
    Als ich ganz sicher bin, daß sie fort ist, setze ich mich auf jenen seidenbezogenen Zahnarztstuhl, den meine Frau Couch nennt, und drücke auf der Armlehne den Knopf, auf dem geschrieben steht: SEMI - CL : FELDMANN AN FRIML . Die Musik ertönt aus dem Lautsprecher unter meinem rechten Armloch. Der lin ke Lautsprecher ist kaputt und den langen unten am Bo den hat vor Jahren der Hund herausgerissen, der es bis zu jenem Tage nicht gelernt hatte, sich zu beherrschen, wenn »Desert Song« erklang. Diesmal habe ich Glück. Es ist ein Stück von Feldmann, das ankommt. Ich fahre fort zu lesen, von der Musik besänftigt.
    »Doch will ich direkt zur Sache kommen, denn ich weiß, daß Du so verrückt sein kannst, den Brief zu zerreißen, ohne ihn gelesen zu haben. Die Sache ist die, daß Mor und ich ein Baby haben werden. Bitte, bitte, geh nicht so einfach drüber weg. Es ist fällig im Juli, so daß Du über drei Monate Zeit hast, hierher zu kommen. Wir haben ein hübsches Haus mit einem Gä stezimmer, in dem Du und Mama so lange bleiben könnt, wie Ihr wollt.«
    Hier muß ich eine Pause machen, um einige Fragen einzuschieben, denn meine Tochter hat nie einen Sinn für Logik besessen und gerade der ist meine starke Sei te. Zuerst einmal würde ich sie, stünde sie hier vor mir, fragen, was das wohl bedeuten soll, daß »Mor und ich ein Baby haben werden«? Wessen? Oder beider?
    Das zweite ist, sie schreibt davon als »es«, meint sie das nun wörtlich, oder wird sie da einfach nur unge nau? Und außerdem: Wie hübsch kann schon ein Gästezimmer sein, wenn die Luft dort künstlich eingeleitet werden muß und man keinen Himmel sehen und nicht im Gras spazieren kann, weil es kein Gras gibt, nur vorgetäuschtes oder irgendwelches Ersatzzeug?
    Doch lese ich weiter:
    »Übrigens, Papa, bin ich mir nicht ganz sicher, ob Du eine Sache begreifst? Mor, ob Du ihn nun kennst oder nicht, ist so
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