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Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick

Titel: Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Kinderlachen hervorlocken. Ich glaube fest daran, dass keine Literaturkritik der Welt mich je so erfreut hat wie das paradiesische Lachen eines Kindes, wenn ich ihm eine Geschichte erzählte.
    In dieser Phase also las ich alles, was nach Unterhaltung für Kinder aussah. Ich habe Zeitschriften und Zeitungen durchforstet, und wir hatten in der Redaktion nicht die geringste Hemmung, Karikaturen, Comics und Geschichten zu »rauben«, da wir selbst nicht kommerziell waren.
    Und so kam es, wie es kommen musste. Ich las 1001 Nacht auf der Suche nach Stoff für die Veröffentlichung in der Zeitschrift und war – nun sehr bewusst – fasziniert von dieser Frau, die um ihr Leben erzählte. Mich interessierte der exotische Krimskrams von Prinzen und Kalifen weniger als dieser eigenartige Stil, und hier wurde mir zum ersten Mal klar, warum viele arabische Autoren mir nicht gefielen. Sie waren schlechte Nachahmer europäischer und amerikanischer Erzähler. Ein Nachahmer kann niemals kreativ werden, und eine Literatur, die nicht mit jedem Buchstaben kreativ ist, ist überflüssig.Wenn man aber innerhalb seiner eigenen Kultur nachahmt, ist es eine harmlose Angelegenheit, die täglich tausendfach produziert wird. Das Peinliche an den arabischen Nachahmern liegt aber nicht nur in ihren versklavten Seelen, sondern in einer absurden Eins-zu-eins-Übertragung des genialen Produkts einer hektischen amerikanischen Gesellschaft, wie bei Hemingway, oder des düsteren Prager Genies Kafka auf eine arabische, asiatische oder afrikanische Gesellschaft. Das grenzt an Schwachsinn, aber viele arabische Autoren wollen das nicht wahrhaben, und sie machten sich – und manche bis heute – lustig über unsere eigenen Erzählwurzeln und ahmen heute lieber Marquez nach. Und dann jammern sie, dass sie nicht gelesen werden.
    Ich wusste, mein Weg würde lange dauern, aber ich hatte keine andere Wahl und begann mich intensiv mit den Erzähltraditionen der Araber zu beschäftigen. Und ich habe angefangen, schreibend nach dem Morgen zu suchen, so wie die Meisterin Scheherazade, denn im Morgen verbarg sich ihre Rettung.

DIE PALME
     
    D ie Mittelmeervölker achten die Dattelpalme bis zur Anbetung. Früher war ihr Name auf Arabisch Nachle , ein beliebter Name für Frauen und Männer. Ihre Frucht, die Dattel, arabisch und hebräisch Tamar , ist ein biblischer Frauenname. Heute gelten diese Namen als veraltet. Namen sind oft ein Hinweis auf das, was die Zeit bewegt.
    Als die Römer die Juden niederwarfen und im Jahr 71 n. Chr. den Tempel in Jerusalem zerstörten, ließen sie eine Münze in Bronze prägen, um ihren Sieg zu verewigen. Auf dieser Münze steht judea capta (Judäa in Gefangenschaft). Das Bild einer trauernden Frau unter einer Palme ist darauf zu sehen.
    Im Neuen Testament tragen die Menschen, die Jesus begrüßen, als er in die Stadt Jerusalem einzieht, Palmzweige. Seither feiern die Christen überall auf der Welt den Palmsonntag.
    Die Palme ist eine Urpflanze. Palmen wuchsen bescheiden und gaben Nahrung. Wenn man bedenkt, dass eine Palme auch ohne Bewässerung über zwanzig Kilo Datteln jährlich tragen kann und dass die arabischen Beduinen sich rühmten, auf Wanderschaft mit sieben Datteln täglich auszukommen, so kann man die Freude ahnen, die eine Karawane erfasste, wenn sie eine Palmenoase erreichte. Die Dattel ist ein hochwertiges Nahrungsmittel mit großem Gehalt an Mineralstoffen, Proteinen, Vitaminen und nicht zuletzt Fruchtzucker, dem Geschmacks- und Energiespender.
    Man erzählt, alte Völker der Arabischen Halbinsel hätten früher sogar einen Gott der Palme verehrt, den sie immer wieder aus Datteln formten und zu dem sie flehten, die nächste Ernte reichlich ausfallen zu lassen. Wenn dann das Jahr ergiebig war, schufen sie aus getrockneten Datteln Figuren, die sie dem Palmengott hinstellten, um ihm eine Freude zu machen. Wenn es aber Dürre gab, haben die Leute ihren Gott bestraft und ihn, das heißt die Datteln, aufgegessen. Man erzählt, danach spendete der Gott der Datteln wieder reichlich Regen.
    In den alten Sagen, Geschichten und Berichten der Bibel ragt die Palme als Schattenspenderin, als Beschützerin hervor. Die Psalmen setzen eine Krone des Lobes: »Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum« (Psalm 92,13). Die Stadt Jericho, die tiefstgelegene Stadt der Welt, trägt den Ehrennamen »Palmenstadt«.
    Schon in Babylon lobte man in Liedern die Vielfalt der Dattelarten. Man zählte an die hundert Sorten. Die Zahl der Gerichte,
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