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Da Vincis Fälle Doppelband 1 und 2 (German Edition)

Da Vincis Fälle Doppelband 1 und 2 (German Edition)

Titel: Da Vincis Fälle Doppelband 1 und 2 (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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an meinem Nächsten hat Vorrang vor der Kunst.“
    Sie verschwanden in der Kirche. Die schwere Tür fiel hinter Bartolo ins Schloss und Leonardo hätte zu gern gewusst, was der Mann mit der Narbe Pater Rigoberto in diesen Momenten wohl anvertrauen mochte.
     
     
    9.Kapitel
    Bartolos Beichte
    Leonardo wartete, bis Bartolo die Kirche wieder verließ. Der Junge verbarg sich an in einer Ecke und sah dem Mann mit der Narbe nach, bis er in einer Seitenstraße verschwunden war. Bei den Sünden, die dem Mann mit der Narbe offenbar auf dem Gewissen lasteten, konnte es sich eigentlich nur um die Dinge handeln, die mit der Entführung zusammenhingen. Wenn er tatsächlich dem Pater gegenüber alles gebeichtet hatte, dann wusste dieser nun über alle Zusammenhänge Bescheid.
    Was konnte näher liegen, als ihn einfach zu fragen?
    Die Kirchentür war offen. Pater Rigoberto wollte sich offenbar nicht ein zweites Mal sagen lassen, dass er das Haus Gottes für Gläubige verschloss.
    Als Leonardo die Kirche betrat, war er überwältigt. Hinter dem Altar war ein Wandgemälde zu sehen, dessen Figuren fast lebensgroß waren. Noch war es nicht fertig, aber schon das, was bisher sichtbar war, verschlug dem Jungen den Atem. So etwas Schönes hatte er noch nie gesehen. Selbst die Gemälde im Hause der di Gioias konnten da nicht mithalten und wirkten dagegen wie unvollkommene Vorübungen.
    Beeindruckt trat Leonardo weiter vor.
    Den Pater, der mit einem Pinsel in der Hand gerade feine Striche anbrachte, beachtete ihn erst gar nicht – wohl aber die Gestalt, die er gemalt hatte. Und zwar auf eine Weise, die Leonardo einen Augenblick glauben ließ, dass die gemalte Gestalt gleich aus dem Bild heraustreten und ihn ansprechen müsste!
    Einen Mann mit Bart und einem weißen Gewand hatte Pater Rigoberto auf den Stein gemalt. Das musste Jesus sein. Schon der Heiligenschein verriet das.
    Von den anderen Figuren auf dem Bild waren die meisten noch nicht fertig. Vielen fehlten noch die Gesichter. Pater Rigoberto hatte Leonardo inzwischen bemerkt – und seine Ergriffenheit im Angesicht des Gemäldes war ihm nicht entgegangen.
    „Wer bist du und was führt dich zu mir?“, fragte er. Der Klang seiner Stimme ließ Leonardo, der vollkommen in das Bild vertieft war, zusammenzucken. „Meine Name ist Leonardo“, erklärte er. „Leonardo da Vinci. Ich glaube kaum, dass Ihr je von meinem Heimatdorf Vinci gehört habt, aber ich benenne mich danach.“
    „Ich bin Pater Rigoberto.“
    „Und gewiss ein großer Maler! Ein Meister!“
    Der Pater lächelte. „Nein, ein Meister bin ich nicht, auch wenn deine Worte mir schmeicheln.“
    „Ich will Euch nicht schmeicheln – ich bin nur einfach so überwältigt von dem, was ich hier sehe!“
    „Mein Talent reicht hoffentlich gerade aus, um dieses Haus des Herrn so schmücken zu können, wie es ihm angemessen ist. Und dabei gebe ich mir die größte Mühe!“
    „Das sieht man!“ Leonardo deutete auf das Bild. „Warum haben so viele dieser Männer auf dem Bild noch kein Gesicht? Es sieht fast so aus, als würdet Ihr Euch die Gesichter bis zuletzt aufsparen.“
    Pater Rigoberto lächelte. „Das tue ich oft auch.“
    „Weil sie am schwierigsten sind?“, fragte Leonardo.
    „Ja, deshalb auch.“
    „Das heißt, es gibt noch einen zweiten Grund?“
    „Du bist ganz schön hartnäckig!“, fand der Pater. „Also dann will ich es dir mal erklären: Manchmal spenden reiche Geschäftsleute etwas zur Anschaffung der Farben, wenn ich dafür ihre Köpfe in das Gemälde einarbeite. Sie werben damit um die Gunst der Kunden, denn jeder hält sie dann für gläubige, gottesfürchtige Menschen, deren Waren man getrost kaufen kann.“
    „Ich wünschte, ich könnte ebenso malen wie Ihr, Pater!“
    „Dann fang in einer Malerwerkstatt an. Dort kann man es lernen.“
    „Leider bin ich dazu noch nicht alt genug“, seufzte Leonardo. „Wart Ihr je in einer solchen Werkstatt?“
    Pater Rigoberto schüttelte den Kopf. „Nein, dazu hatte ich nie die Gelegenheit. Ich habe hin und wieder einigen Meister über die Schulter sehen dürfen und versucht, es ihnen gleich zu tun.“ Er deutete auf das Gemälde. „Erkennst du die Szene, die ich darzustellen versucht habe?“
    „Jesus und seine Jünger!“, stellte Leonardo fest. „Und auf der anderen Seite sind römische Soldaten!“
    „Genau“, lächelte Pater Rigoberto. „Du kennst die Geschichten um Jesus offenbar!“
    „Euer Bild zeigt, wie Jesus im Garten Gethsemane von den
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