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Crossfire 1: Kontakt

Crossfire 1: Kontakt

Titel: Crossfire 1: Kontakt
Autoren: Nancy Kress
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abbremst. Vielleicht
können wir aus seiner Position und Bremsrate berechnen, wo es
sein wird, wenn es zum Stillstand kommt.«
    »Vielleicht?«
    »Karim kann die Geschwindigkeits- und Positionsanzeigen der
Pelzlinge deuten«, erklärte Jake ruhig, »wie immer er
das auch macht. Er kann jedoch nicht mit ihrem Computer umgehen. Und
er kann auch nicht mit der vorhandenen Ausrüstung auf den
Computer auf Greentrees zugreifen oder auch nur mit Greentrees
Kontakt aufnehmen. Daher muss Karim alle Berechnungen selbst
vornehmen, und zwar in der Zeit zwischen der Sichtung des
Pelzlingsschiffes und dem Zeitpunkt, wenn sie den Antrieb
abschalten.«
    Gail schwieg eine ganze Weile. Dann sagte sie: »Ich werde mal
nach Dr. Shipley sehen. Er kommt nicht zurecht mit dem, was Nan
vorhatte.«
    Nein, er kommt damit zurecht, dachte Jake, während er
Gail nachschaute. Aber du nicht.
    Während Dr. Shipley auf eine Weise mit sich ins Reine
gekommen war, die Jake nicht verstand und auch nicht verstehen
wollte, litt Gail schwer unter dem Verrat, den Nan im Sinn gehabt
hatte. Gail war die nachsichtigste, mütterlichste Person, die
Jake je kennen gelernt hatte (obwohl man ihre Gefühle für
Nan kaum »mütterlich« nennen konnte). Aber konnte sie
auch solch einen Verrat vergeben? Wie weit ging die Liebe?
    Wie aufs Stichwort kam Lucy um die Biegung des Ganges, hinter der
Gail gerade verschwunden war.
    »Jake… können wir reden?«
    Das war das Letzte, was Jake zurzeit wollte. Aber Lucy ließ
sich bereits neben ihm nieder. Ihr zierliches Gesicht mit den
großen Augen wirkte so ernst wie immer.
    »Vielleicht überleben wir das hier nicht«, begann
sie unverblümt. »Aber was auch immer geschehen wird, das
ist etwas, von dem ich möchte, dass du es weißt.«
    »Lucy, es ist nicht…«
    »Nein, bitte, Jake, hör zu. Es ist mir wichtig. Nachdem
du mir von… von Mrs Dalton erzählt hast, sagte ich dir,
dass ich nicht mehr mit dir zusammen sein könnte. Und das war
auch so – damals. Ich konnte einfach nicht anders. Aber jetzt
empfinde ich nicht mehr so. Du hast so viel für uns alle
riskiert, Jake. Und es war so tapfer von dir, dass du den Ranken
gestanden hast, dass wir den Schutzschirm um ihren Planeten
zerstören wollen. Du hast es ihnen noch vor Dr. Shipley gesagt.
Ich habe noch nie etwas so Heldenhaftes erlebt.«
    Mit spröder Stimme stellte er fest: »Und damit habe ich
mich in deinen Augen rehabilitiert.«
    »So würde ich es nicht ausdrücken, aber… nun,
ja.« Siebeugte sich zu ihm und schloss die Augen.
    Er konnte sie riechen, einen intensiven fraulichen Duft, der
geradenwegs in seine Lenden zog. Sie schob ihr Gesicht dicht vor das
seine. Doch ehe ihre Lippen sich berühren konnten, zwang er sich
dazu, sie zurückzustoßen.
    Sie riss die Augen auf. »Jake?«
    Zum Glück verlieh der Zorn ihm die Kraft, die er jetzt
brauchte. »Du sagst, ich hätte meine Taten in deinen Augen
wieder gutgemacht, Lucy. Aber was du getan hast, hast du in meinen Augen nicht wieder gutgemacht.«
    Ihr Mund formte ein kleines rosa O.
    »Das verstehst du nicht, oder? Du glaubst, du hättest
das Recht, mich fortzustoßen, weil ich dir etwas über mich
erzählt habe, was du nicht ertragen konntest. Und das stimmt, du
hast dieses Recht. Aber jetzt hast du entschieden, dass meine
nachfolgenden Taten dieses so lange zurückliegende Verbrechen
aufheben und ich daher wieder deiner Liebe würdig bin. Aber,
Lucy, ich will keine so wankelmütige Liebe wie diese.
    Die Geschichte, die ich dir erzählt habe, ist seit
fünfzehn Jahren Vergangenheit. Aber du konntest sie trotzdem
nicht akzeptieren. Du konntest mich nicht akzeptieren. Jetzt
hast du beschlossen, dass du es kannst, dass ich jetzt auf einmal
deinen idealistischen Vorstellungen gerecht werde und mein
persönlicher Wert wieder in den schwarzen Zahlen liegt. Was
wäre nötig, dass ich wieder in den roten Bereich rutsche?
Wie viel, was du missbilligst, müsste ich tun, ehe du erneut
beschließt, dass ich deiner Liebe nicht mehr würdig bin?
Hin, her, hin, her… Ich will nicht auf diese Weise leben, stets
vor den Schranken deines Gerichts, stets in Erwartung des
nächsten Urteils. Es tut mir Leid, aber das will ich nicht.
    Ich will dich nicht.«
    Jake hätte die Wahrheit nicht schonungsloser aussprechen
können, und er wusste es. Doch er bedauerte seine Offenheit
nicht. Lucy erhob sich unsicher und ging davon. Er sah ihr nach, bis
sie um die Biegung des Ganges verschwand, dann schloss er müde
die Augen.
    Er saß noch
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