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Crisis

Titel: Crisis
Autoren: Robin Cook
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folgten. Er schnappte sich die Leisten- und Manschettenknöpfe und stopfte sie in eine Hosentasche. Die fertig gebundene schwarze Fliege landete in der anderen. Nachdem er in seine eleganten Schuhe gesprungen war, sein Portemonnaie in die hintere Hosentasche und das Handy in die Jacketttasche gestopft hatte, rannte er wieder hinaus in den Flur.
    Wieder brüllte der Bauleiter, dass er unbedingt mit ihm reden müsse. Jack machte sich nicht einmal die Mühe, ihm zu antworten. Jack rannte zu dem wartenden Taxi und sprang hinein.
    »Riverside Church!«, rief er.
    »Wissen Sie, welche Querstraße das ist?«, fragte der Fahrer und sah im Rückspiegel nach hinten.
    »Hundertzweiundzwanzigste«, stieß Jack kurz angebunden hervor. Er begann sich mit seinen Leistenknöpfen abzuplagen und ließ einen davon auf den Sitz fallen, wo er rasch in einem schwarzen Loch zwischen dem Sitz und der Rückenlehne verschwand. Jack versuchte, eine Hand in den Spalt zu schieben, doch es gelang ihm nicht, und so gab er es bald wieder auf. Stattdessen verwendete er einfach die restlichen Knöpfe und ließ das untere Knopfloch leer.
    »Heiraten Sie gleich?«, fragte der Fahrer, der immer wieder flüchtig im Rückspiegel nach hinten schaute.
    »Hoffentlich«, entgegnete Jack. Dann wandte er sich der nächsten Herausforderung zu, den Manschettenknöpfen. Er versuchte sich daran zu erinnern, wann er zum letzten Mal einen Smoking getragen hatte. Er wusste es nicht mehr, aber es musste damals in seinem früheren Leben als Augenarzt gewesen sein. Als Nächstes band Jack seine Schnürsenkel und klopfte sich den Staub von der Hose. Als Letztes schloss er den obersten Hemdknopf und hakte die Fliege in seinem Nacken zu.
    »Sie sehen großartig aus«, sagte der Fahrer mit einem breiten Lächeln.
    »Klar doch«, antwortete Jack mit seinem üblichen Sarkasmus. Er beugte sich vor und zog sein Portemonnaie heraus. Nach einem Blick auf das Taxameter holte er genug Zwanzigdollarscheine für den Fahrpreis heraus und noch zwei weitere obendrauf. Als der Fahrer auf den Riverside Drive einbog, ließ er das Geld durch die Plexiglasabtrennung auf den Vordersitz fallen.
    Vor ihm kam der sandfarbene Kirchturm der Riverside Church in Sicht. Er überragte die benachbarten Gebäude und stach durch seine gotische Architektur hervor. Vor der Kirche standen mehrere schwarze Limousinen. Abgesehen von den Chauffeuren, die an ihren Fahrzeugen lehnten, war niemand zu sehen. Jack sah auf die Uhr. Es war ein Uhr dreiunddreißig. Er war drei Minuten zu spät.
    Wieder riss er die Taxitür auf, bevor der Wagen stand. Über die Schulter brüllte er dem Fahrer ein Danke zu, während er hinaus auf die Straße sprang. Er knöpfte sein Jackett zu, während er, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Stufen zur Kirche hinaufraste. Wie eine Fata Morgana stand plötzlich Laurie vor ihm in der offenen Tür. Sie trug ein wunderschönes weißes Brautkleid. Aus der Kirche hinter ihr drang kraftvolle Orgelmusik.
    Jack blieb stehen, um den Anblick in sich aufzunehmen. Er musste zugeben, dass sie hübscher aussah als je zuvor, geradezu strahlend. Das Einzige, was den Gesamteindruck ein wenig trübte, waren ihre Hände, die sie zu Fäusten geballt herausfordernd in die Seiten stemmte. Und da war auch ihr Vater, Dr. Montgomery, der hoheitsvoll, aber nicht gerade erfreut aussah.
    »Jack!«, rief Laurie, und ihre Stimme schwankte zwischen Ärger und Erleichterung. »Du kommst zu spät!«
    »Hey«, rief Jack zurück und breitete die Hände aus. »Immerhin bin ich da.«
    Unwillkürlich musste Laurie lächeln. »Marsch, ab in die Kirche«, befahl sie scherzhaft.
    Jack stieg die restlichen Stufen hinauf. Laurie streckte ihm die Hand entgegen und Jack ergriff sie. Dann beugte sie sich zu ihm vor und musterte ihn mit einem Hauch von Sorge.
    »Meine Güte, du siehst furchtbar aus.«
    »Du sollst mir doch nicht immer so schmeicheln«, erwiderte Jack gespielt verschämt.
    »Du hast dich nicht mal rasiert.«
    »Es gibt sogar noch schlimmere Geheimnisse«, gestand er und hoffte dabei, dass sie ihm nicht anmerkte, dass er seit über dreißig Stunden nicht mehr geduscht hatte.
    »Ich weiß gar nicht, worauf ich mich da einlasse«, sagte Laurie mit wiedergefundenem Lächeln. »Die Freundinnen meiner Mutter werden entsetzt sein.«
    »Dazu haben sie ja auch allen Grund.«
    Laurie lächelte bitter über Jacks Scherz. »Du wirst dich nie ändern.«
    »Da bin ich anderer Meinung. Ich weiß, dass ich mich geändert habe.
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