Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo
Autoren: corley
Vom Netzwerk:
hielt Abstand. Er beschrieb jetzt langsam und genüsslich, was er mit ihr machen würde, vor und nach ihrem Tod. Sie achtete nicht auf die Worte und ließ ihn reden, weil sie damit Zeit gewann, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Unauffällig tastete sie den Gegenstand in ihrer Hand ab, suchte nach dem Zündrädchen und dem Drücker. Als sie nichts spürte, außer glatter Fläche 605

    und einem Metallrand, riskierte sie einen kurzen Blick nach unten.
    Es war gar kein Feuerzeug, es war ein Taschenmesser. Zuerst war sie enttäuscht, weil sie sich so darauf konzentriert hatte, die Flamme zu entzünden und ihn zu versengen. Doch dann wurde ihr klar, was sie da hatte, und neue Hoffnung erfüllte sie. Ein Messer, um gegen ein Messer zu kämpfen.
    Damit waren die Chancen zwar noch nicht gleich verteilt, aber sie spürte, wie ihr Selbstvertrauen zurückkehrte. Ein Vorteil für sie würde sein, dass sie keine Angst mehr hatte, denn sie glaubte kaum, dass je eines seiner Opfer wütender und entschlossener gewesen war als sie. Sie ließ das Taschenmesser aufschnappen.
    Plötzlich sprang er auf sie zu. Sie rollte sich blitzschnell zur Seite ab und landete in der Hocke. Er setzte nach, das Messer in der ausgestreckten Hand, um zuzustechen. Sie wartete, bis er nah genug war, dann wich sie seitlich aus und stieß mit ihrer eigenen Waffe nach unten. Ein überraschter Schrei er-tönte, und sie sah Blut auf ihrem Arm. Er hatte sie verletzt, aber auch an ihrem Messer war Blut, und sie sah, dass er an seinem Handgelenk saugte und mit der anderen Hand in der Hosentasche wühlte.
    »Das ist mein Messer, verdammt!« Die Empörung in seiner Stimme stand in keinem Verhältnis zu der lächerlich kleinen Klinge.
    »Dann komm und hol’s dir.« Sie stand jetzt, taumelte zwar wie eine Betrunkene, aber spürte in sich eine nie gekannte Wildheit.
    Sie starrte ihm in die Augen, hob den Arm an den Mund und kostete ihr eigenes Blut. Die Geste hatte nichts Ängstliches oder Verstörtes an sich, nein, sie hinterließ blutige Schlieren auf Kinn und Wangen und färbte ihre Zähne rot.

    606

    Der Geschmack von Eisen und Salz weckte in ihr das primitive Verlangen, dem Menschen, der sie verletzt hatte, Schmerz zuzufügen. Anscheinend spiegelte sich etwas davon auf ihrem Gesicht, denn Smith machte einen Schritt zurück, blieb stehen und musterte sie prüfend.
    Dann griff er unvermittelt wieder an. Sie sprang zur Seite, aber ihr Verstand arbeitete schneller als ihr verwundeter Körper, und sein Messer schnitt in das Fleisch unter ihrem Arm.
    Der Schmerz durchzuckte sie, war aber sofort wieder vergessen, weil sie erneut ausweichen musste, als er blitzschnell zum nächsten Angriff ansetzte. Er kam immer näher, siegessicher und im Umgang mit dem Messer geübt. Ihre Füße waren schwer, und sie zwang sich, durch den Nebel ihrer Blutlust hindurch zu denken. Siegesgewissheit war nicht gleich Sieg.
    Ihr Gegner war fitter, stärker und fast unverletzt. Falls sie nicht cleverer war als er, würde sie sterben.
    Als er wieder angriff, blieb sie ruhig stehen. Erst im letzten Moment trat sie mit voller Wucht gegen sein Knie und stieß das Taschenmesser im Bogen nach unten. Er stolperte, verfehlte sein Ziel und Blut erschien auf seinem Wangenkno-chen, wo ihr Messer eine alte Wunde geöffnet hatte. Zwei Zentimeter höher, und er wäre blind gewesen.
    Er schrie auf und drang auf sie ein. Sein Messer zischte durch die Luft, dicht an ihrem Hals vorbei, und ein paar schwarze Haarlocken fielen zu Boden. Sie versuchte, einen weiteren Tritt zu landen, diesmal in die Kniekehle, aber er reagierte schnell und sprang außer Reichweite ihrer langen Beine.
    Jetzt umkreisten sie sich geduckt, beide mit gefletschten Zähnen, ohne jedes Schmerzempfinden und mit dem gleich starken Bedürfnis, den Gegner zu vernichten und zu verstümmeln. Sie sah, dass er einen Angriff auf ihre rechte Seite 607

    antäuschte, aber seine Augen verrieten ihn, und sie wich nicht aus. Als er auf sie zustürmte, ließ sie sich im letzten Moment zu Boden fallen, rollte sich zusammen und brachte ihn zu Fall. Es war eine unorthodoxe Art der Verteidigung, aber sie war wirkungsvoll.
    Sie warf sich auf ihn, versuchte, ihn mit dem Messer am Hals zu erwischen, während sie seine rechte Hand mit ihrer linken abwehrte. Er war stärker, aber sie hatte ihn überrumpelt, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass sie zum Angriff übergehen würde. Es gelang ihr, seine Messerhand zu verlet-zen, eine tiefe Wunde, die vom
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher