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Creepers

Creepers

Titel: Creepers
Autoren: David Morrell
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ausgesucht, Professor? Was hat Sie nach Asbury Park geführt?«
    »Eine traurige Geschichte.«
    Asbur y Park war im Jahr 1871 von dem New Yorker Fabrikanten James Bradley gegründet worden, der den Ort nach dem Begründer des amerikanischen Methodismus, Bischof Francis Asbury, benannt hatte. Bradley suchte sich den Ort am Meer aus, weil er sowohl von New York im Norden als auch von Philadelphia im Westen aus gut zu erreichen war. Die baumgesäumten Straßen und prächtigen Kirchen zogen weitere Methodisten an, die sich hier ihre Sommerhäuser errichteten. Die drei Seen und vielen Parks des Ortes boten sich für Spaziergänge und Familienausflüge an.
    Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts war die eine Meile lange hölzerne Strandpromenade der Stolz der gesamten Küste. Wenn die Tausende von Urlaubern nicht am Strand lagen oder im Wasser herumplanschten, aßen sie die berühmten ortstypischen Kaubonbons oder besuchten das aus Kupfer und Glas errichtete Carousel House oder das Palace-Amusements-Gebäude, in dem es mehrere Fahrgeschäfte, eine Bootsfahrt durch den Tunnel der Liebe, ein Karussell und ein Riesenrad gab. Unter völliger Missachtung der methodistischen Ursprünge des Ortes besuchten manche von ihnen auch das prächtig ausgestattete Kasino, das sich am südlichen Ende der Promenade erhob.
    Während des gesamten Ersten Weltkriegs, der wilden Zwanziger, der Depressionszeit und noch den größten Teil des Zweiten Weltkriegs über hielt die Blütezeit von Asbury Park an. Aber wie ein Symbol dessen, was noch folgen würde, verwüstete ein Hurrikan im Jahr 1944 die Umgebung. Der wieder aufgebaute Urlaubsort bemühte sich darum, seine großen Zeiten erneut aufleben zu lassen; er kämpfte die fünfziger Jahre hindurch und hätte es in den sechziger Jahren beinahe erreicht, als Rockkonzerte die Convention Hall an der Promenade bis zum Bersten füllten. Die Mauern, die sich noch an die harmonischen Klänge von Harry James und Glenn Miller erinnerten, erzitterten jetzt unter den hämmernden Rhythmen von The Who, Jefferson Airplane und den Rolling Stones.
    Aber um 1970 war der Niedergang schließlich nicht mehr aufzuhalten. Rock 'n' Roll war ein Merkmal dieser Jahre, ebenso waren es aber auch der Vietnamkrieg, die Protestbewegung und die Rassenunruhen. Die Letzteren stürmten über Asbury Park hinweg und hinterließen zertrümmerte Fenster, umgeworfene Autos, geplünderte Geschäfte und Brände, die sich ausbreiteten, bis der halbe Ort in Schutt und Asche lag. Danach flohen die einheimischen Familien vor der Verwüstung, während die Urlauber sich modernere Orte an der Küste suchten. An ihrer Stelle kam die Gegenkultur - Hippies, Musiker, Motorradfahrer. Der noch unbekannte Bruce Springsteen spielte oft in den Clubs des Ortes und sang von der Hoffnungslosigkeit der Promenade und der Sehnsucht danach, neue Wege einzuschlagen. In den achtziger und neunziger Jahren scheiterten alle Pläne, den Ort zu retten, an politischer und finanzieller Korruption. Weitere Einwohner flüchteten, und immer mehr Häuserblocks standen leer. Das Palace-Amusements-Gebäude aus dem Jahr 1888, das fast zu einem Synonym für den Ort geworden war, fiel im Jahr 2004 der Abrissbirne zum Opfer. Die verrottende Promenade war verlassen, ebenso wie der berühmte »Circuit«, dem die Biker und Hotrodder in ihren frisierten Autos früher einmal gefolgt waren, zuweilen mit sechzig Meilen die Stunde. Sie pflegten auf der Ocean Avenue nach Norden zu rollen, dann abzubiegen und einen Häuserblock weit nach Westen zu ziehen, auf der Kingsley Avenue nach Süden zu donnern, dann einen Block weit ostwärts, woraufhin sie den Kreisverkehr in nördlicher Richtung auf der Ocean Avenue von vorn begannen. Jetzt nicht mehr. Vorbei. Ein Besucher hätte den ganzen Tag lang mitten auf der Ocean Avenue stehen können, ohne Gefahr zu laufen, dass er angefahren wurde.
    Die Trümmer und Ruinen erinnerten an eine Nachkriegslandschaft. Siebzehntausend Menschen bezeichneten sich als Einwohner von Asbury Park, aber an dem verwüsteten Strand, an dem sich hundert Jahre zuvor Scharen von Urlaubern vergnügt hatten, bekam man kaum jemals einen von ihnen zu sehen. Statt der Karussellmusik und des Kindergelächters hörte man nur noch eine losgerissene Metallplatte im Wind scheppern wie die Totenglocke des unvollendeten zehnstöckigen Wohnblocks, an dem sie hing. Dem Unternehmen war das Geld ausgegangen, ein weiteres Zeugnis der hoffnungslosen Erneuerungsbemühungen der Stadt. Wie
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