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Credo - Das letzte Geheimnis

Titel: Credo - Das letzte Geheimnis
Autoren: Douglas Preston
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Kummer eures Lebens wird je vergessen. Ihr als Individuum geht im Sturm der Zeit verloren, eure Moleküle werden darin zerstreut. Doch wer ihr wart, was ihr getan habt, wie ihr gelebt habt, das wird für immer in die universelle Rechnung eingebettet bleiben.
    Nimm es mir nicht übel, aber das klingt immer noch so mechanistisch, so seelenlos, dieses Gerede über die Existenz als »Rechnen«.
    Dann nennt es Träumen, wenn euch das lieber ist, oder Begehren, Wollen, Denken. Alles, was ihr seht, ist Teil einer unvorstellbar großen und schönen Berechnung, von einem Baby, das sein erstes Wort ausspricht, bis hin zu einem Stern, der zu einem Schwarzen Loch kollabiert. Unser Universum ist eine prachtvolle Rechenoperation, die seit ihrem Anfang mit einem einzigen Axiom größter Einfachheit nun schon seit über dreizehn Milliarden Jahren läuft. Wir haben unser Abenteuer noch kaum begonnen! Wenn ihr eine Möglichkeit findet, eure eigenen, vom Fleisch beschränkten Denkprozesse auf andere natürliche Quantensysteme anzuheben, werdet ihr beginnen, die Berechnung selbst zu kontrollieren. Ihr werdet beginnen, ihre Schönheit und Vollkommenheit zu begreifen.
    Wenn alles eine Rechenoperation ist, was ist dann der Sinn der Intelligenz? Des Verstandes?
    Intelligenz existiert überall um euch herum, selbst in nichtlebenden
    Prozessen. Ein Gewitter ist eine wesentlich anspruchsvollere, komplexere Operation als ein menschlicher Verstand. Es ist auf seine eigene Art selbst intelligent.
    Ein Gewitter hat kein Bewusstsein. Ein menschlicher Geist ist sich seiner selbst gewahr. Er ist bewusst. Das ist ein Unterschied, und der ist keineswegs trivial.
    Habe ich euch nicht gesagt, dass gerade dieses Bewusstsein des Selbst eine Illusion ist, hervorgebracht von der Evolution? Der Unterschied ist nicht einmal groß genug, um als trivial bezeichnet zu werden.
Eine Schlechtwetterfront ist nicht kreativ. Sie fällt keine Entscheidungen. Sie kann nicht denken. Sie ist nur ein mechanistisches Zusammenspiel verschiedener Kräfte.
    Woher wollt ihr wissen, dass ihr nicht auch ein mechanistisches Zusammenspiel von Kräften seid? Wie der Verstand, so hat auch eine Gewitterfront komplexe chemische, elektrische und mechanische Eigenschaften. Sie denkt. Sie ist kreativ. Ihre Gedanken unterscheiden sich von euren Gedanken. Ein menschliches Wesen erschafft Komplexität, indem es einen Roman auf die Oberfläche von papiernen Blättern schreibt; ein Gewittersturm erschafft Komplexität, indem er Wellen auf die Oberfläche eines Ozeans schreibt. Was ist der Unterschied zwischen der Information, die in den Worten eines Romans enthalten ist, und jener auf den Wogen des Meeres? Hört zu, und die Wellen werden sprechen, und eines Tages, das sage ich euch, werdet auch ihr eure Gedanken auf die Oberfläche des Meeres schreiben.
    Was berechnet das Universum denn? Was ist das für ein großes Problem, das es zu lösen versucht?
    Das ist das tiefste und wunderbarste aller Mysterien.

    Wir haben sehr wenig Zeit. Was ich euch zu sagen habe, ist von äußerster Wichtigkeit. Die Religionen sind aus dem Bemühen entstanden, das Unerklärliche zu erklären, das Unkontrollierbare zu kontrollieren und das Unerträgliche zu ertragen. Der Glaube an eine höhere Macht wurde zur mächtigsten Innovation in der Evolution des
    Homo sapiens. Stämme mit einer Religion hatten einen Vorteil über jene ohne Religion. Sie hatten eine gemeinsame Richtung, ein Ziel, Motivation, eine Mission. Der Überlebenswert der Religion war so spektakulär, dass der Durst nach einem Glauben sich dem menschlichen Genom einprägte.
    Was die Religion versucht hat, konnte die Wissenschaft nun endlich erreichen. Jetzt habt ihr eine Möglichkeit, das Unerklärliche zu erklären und das Unkontrollierbare zu kontrollieren. Ihr braucht keine »Offenbarungsreligionen« mehr. Die Menschheit ist endlich erwachsen geworden.
    Die Religion ist für das menschliche Überleben so essenziell wie Nahrung und Wasser. Wenn ihr versucht, Religion durch Wissenschaft zu ersetzen, wird euch das nie gelingen. Ihr werdet den Menschen stattdessen Wissenschaft als Religion anbieten. Denn ich sage euch, Wissenschaft ist Religion. Die eine, wahre Religion.
    Statt ein Buch der Wahrheit bietet die Wissenschaft eine Methode der Wahrheitsfindung. Wissenschaft ist eine Suche nach der Wahrheit, nicht die Offenbarung einer Wahrheit. Sie ist eine Methode, eine Möglichkeit, kein Dogma. Sie ist ein Weg, kein Ziel.
    Ja, aber was ist mit dem Leid
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