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Corum 01 - Der scharlachrote Prinz

Corum 01 - Der scharlachrote Prinz

Titel: Corum 01 - Der scharlachrote Prinz
Autoren: Michael Moorcock
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hemmt uns. Sollen wir werden wie die Tiere auf dieser Ebene, die sich nur dieser einen Dimension bewußt sind und nichts von den anderen ahnen? Sind wir einem Prozeß der Rückentwicklung unterworfen? Sollen unsere Kinder nichts mehr von unserer Weitläufigkeit haben? Müssen sie langsam zu jenen Meeressäugetieren degenerieren, aus denen wir hervorgegangen sind? Ich muß zugeben, mein Sohn, daß dieser Gedanke anfängt, mir Sorgen zu machen.«
    Prinz Corum unternahm keinen Versuch, seinen Vater zu beruhigen. »Ich las einst über die Blandhagna«, sagte er nachdenklich. »Sie waren eine Rasse der dritten Ebene, Persönlichkeiten von höchster Kultur. Aber irgend etwas geschah mit ihren Genen und Gehirnen, und innerhalb von fünf Generationen entwickelten sie sich zurück zu einer Spezies von fliegenden Reptilien, mit nur einer Spur ihrer früheren Intelligenz. Genug jedenfalls, sich gegenseitig zu hassen und schließlich völlig zu vernichten. Was ist es, frage ich, das diese Rückentwicklungen verursacht?«
    »Nur die Schwertherrscher wissen es«, murmelte Prinz Khlonskey.
    Corum lächelte. »Die es nicht gibt. Ich verstehe Eure Besorgnis, Vater. Ihr möchtet, daß ich Eure Verwandten besuche und ihnen unsere Grüße überbringe. Ich soll mich versichern, daß es ihnen gutgeht, und mich erkundigen, ob auch sie bemerkt haben, was wir hier auf Burg Erorn entdeckten.«
    Sein Vater nickte.
    »Wenn unsere Sinne sich zu denen der Mabden zurückentwickeln, wäre es besser, unserer Rasse ein Ende zu setzen. Versuche auch in Erfahrung zu bringen, wie es mit den Nhadragh steht - ob sie ebenfalls unter diesem Verlust ihrer Sensibilität leiden.«
    »Unsere Rassen sind ungefähr gleich alt«, murmelte Corum. »Vermutlich geht es ihnen nicht besser als uns. Doch berichtete Euer Verwandter Shulag nicht etwas über sie, als er Euch vor ein paar Jahrhunderten besuchte?«
    »Aya. Shulag erzählte, die Mabden seien mit Schiffen vom Westen hergekommen, hätten die Nhadragh unterdrückt, die meisten von ihnen getötet und den Rest versklavt. Doch ich wollte es nicht wahrhaben, und auch jetzt glaube ich nicht so recht daran, daß diese Mabden, die nicht viel mehr als Tiere sind - sei ihre Zahl auch noch so groß -, so viel Verstand haben könnten, die klugen und listigen Nhadragh zu schlagen.«
    »Vielleicht sind sie zu achtlos geworden und zu sehr mit sich selbst beschäftigt«, meinte Corum nachdenklich.
    Sein Vater wandte sich der Tür zu. Sein Stock aus Platin und Rubinmetall tappte sanft auf den dichtgewebten Teppich über dem Marmorboden. Seine Hand umklammerte ihn fester als gewöhnlich. »Selbstgefälligkeit ist das eine«, überlegte er laut, »und die Furcht vor einem unvorstellbaren Untergang das andere. Beides jedoch ist gefährlich. Aber warum sollen wir uns jetzt darüber den Kopf zerbrechen? Wenn du zurückkommst, wirst du sicher die Antworten zu diesen Fragen bringen. Antworten, die wir verstehen können. Wann wirst du aufbrechen?«
    »Ich möchte meine Symphonie noch vollenden«, überlegte Prinz Corum. »In zwei oder drei Tagen dürfte es soweit sein. Am Morgen darauf gedenke ich mich dann auf den Weg zu machen.«
    Prinz Khlonskey nickte zufrieden. »Ich danke dir, mein Sohn.«
    Als er das Gemach verlassen hatte, wandte Corum sich wieder seiner Musik zu, aber er fand es sehr schwer, sich darauf zu konzentrieren. Seine Phantasie begann sich bereits mit seiner Reise zu beschäftigen. Ein eigenartiges Gefühl bemächtigte sich seiner. Es muß-te wohl Aufregung sein, dachte er. Zum erstenmal in seinem Leben würde er die Burg und ihre nähere Umgebung verlassen.
    Er bemühte sich, seine Ruhe wiederzugewinnen, denn es war gegen die Art seiner Rasse, sich von Gefühlen beherrschen zu lassen.
    »Es wird sehr lehrreich werden«, murmelte er vor sich hin, »auch die anderen Gegenden dieses Kontinents kennenzulernen. Ich wollte nur, ich hätte mich mehr für Geographie interessiert. Ich kenne kaum die Umrisse Bro-an-Vadhags auf der Karte, wieviel weniger die der restlichen Welt. Es wäre vielleicht angebracht, die Karten und einige der Reisebeschreibungen in der Bibliothek zu studieren. Ja, das werde ich. Morgen oder vielleicht übermorgen.«
    Auch jetzt empfand Prinz Corum kein Gefühl der Dringlichkeit. Die Vadhaghs waren eine langlebige Rasse und gewöhnt, sich Zeit zu nehmen, in aller Ruhe jegliches Handeln zu überlegen, Wochen, ja Monate in Meditation zu verbringen, ehe sie ein Studium, eine Forschung oder die Arbeit an
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