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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11
Autoren: Guillou
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andererseits, weil man ihm beigebracht hatte, dass Frauen auch konnten, was Männer konnten. Eine Erkenntnis, die bei den älteren Kerlen in der Firma, solchen wie Sir Evan, noch nicht richtig angekommen war.
    Aber trotz seiner guten Vorbereitung war MacGregor augenblicklich von ihrer Erscheinung in den Bann geschlagen, als die Tür aufging und sie auf ihn zukam. Natürlich hatte sich in ihrer Akte das eine oder andere körnige Schwarzweißfoto gefunden, Bilder von einer Soldatin mit Kufiya auf dem Kopf und in einer Uniform, die natürlich für einen Mann geschneidert war. Doch die Frau mittleren Alters, die nun in seinem Büro stand, sah wie eine Dame der spanischen oder italienischen Oberschicht aus. Jedenfalls mit Sicherheit nicht wie eine Berufsmörderin und schon gar nicht wie eine Kollegin, die ihm außerdem rangmäßig weit übergeordnet war. MacGregor war Captain der Reserve.
    Mouna war auf das Treffen mit dem jungen MacGregor vollkommen unvorbereitet, sie hatte einen der alten Recken erwartet, die sich alle benahmen, aussahen und vor allem klangen wie Kabinettssekretäre im Außenministerium. Sie schlussfolgerte, man habe eine Art Trainee für sie ausgesucht, weil man die neue Zusammenarbeit mit den Palästinensern eher für symbolisch erachtete. Das war ihr ganz recht.
    Während er hektisch seine britischen Höflichkeitsfloskeln herunterratterte, sah sie ihn sich genau an; sie wünschte Milch zum Tee und bat darum, wie es sich in der britischen Oberschicht aus irgendwelchen Gründen gehörte, dass man ihr die Milch zuerst servierte. Er machte einen netten und freundlichen Eindruck und wirkte mit seinen roten Haaren und seinem Akzent, wenn man es nicht sogar als Dialekt bezeichnen konnte, fast wie die Karikatur eines Schotten.
    »Madame Brigadegeneral«, begann er nervös, als sie in ihren Teetassen rührten, »ich denke, wir haben lediglich zwei Punkte auf der Tagesordnung. Der eine berührt die Frage, wie der Geheimdienst Ihrer Majestät die PLO darin unterstützen kann, geplanten Terroraktionen im Nahen Osten vorzubeugen. Der andere Punkt ist folglich, wie uns die PLO im Gegenzug mit Informationen über terroristische Aktivitäten auf britischem Territorium versorgen kann. Sind wir uns so weit einig, Brigadegeneral?«
    »Ja, absolut«, antwortete sie mit aufrichtigem Lächeln. Die Sache würde viel einfacher werden, als sie erwartet hatte.
    Sein Problem bestand darin, dass er den Anschein erwecken musste, ihre Zusammenarbeit habe etwas Gegenseitiges an sich; als könnten die Briten im Austausch gegen Informationen über eventuelle weitere Terroranschläge in Großbritannien irgendetwas liefern, was für die Palästinenser von Interesse war.
    Mouna widerstand der Versuchung, eine ironische Bemerkung über die Durchschaubarkeit seines Vorschlags zu machen, und erklärte stattdessen ruhig und in sorgsam gewählten Worten – ihrer Erfahrung nach empfanden Männer Frauen, die langsam sprachen, als seriöser –, dass terroristische Aktivitäten in London, die von Palästinensern, Pakistanis, Immigranten der zweiten Generation oder anderen Personen ausgeführt würden, die man als »Muslime« bezeichnen könne, eines der größten Probleme der palästinensischen Freiheitsbewegung darstellten. Der freie palästinensische Staat in Gaza und im Westjordanland, also den Teilen, die nicht von den Israelis besetzt seien, könne sich nicht ohne kräftige internationale Unterstützung erheben. Vor allem von den USA und der EU erwarte man Hilfe. Jeder Terrorakt, egal in welchem Teil der Erde er sich ereigne, sogar unter den australischen Hippies an den Stränden Indonesiens, aber natürlich umso mehr in London, schwäche die diplomatische Rückendeckung für die Palästinenser. Folglich hätten die Palästinenser großes Interesse, weitere Terrorakte in London zu verhindern. Dieser Angelegenheit würde vom palästinensischen Geheimdienst momentan allerhöchste Priorität beigemessen. Beinahe hätte sie bei der dicksten Lüge des Tages die Maske fallen lassen. Doch er kaufte ihr den Sermon ab und machte einen nahezu erleichterten Eindruck. Vermutlich hatte er mit einer der üblichen Kampagnen gerechnet, in denen die Vertreter von Dritte-Welt-Ländern mehr aus Prinzip denn mit ernsten Absichten darauf bestanden, dass man die Verhandlungen auf Augenhöhe führe. Um diese Peinlichkeit war er herumgekommen.
    »Well, Captain MacGregor, dann sind wir ein Stück weiter«, seufzte sie erleichtert und in diesem Moment vollkommen
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