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Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Titel: Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman
Autoren: Elisabeth Florin
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vom Bahnhof ab, wenn sie zur Apfelblüte im Frühjahr oder zur Weinlese im Herbst kamen, um das Meraner Klima und den Rotwein zu genießen und um am Lauf der Passer ihrem Leben hinterherzuträumen. Ein oder zwei waren schon mit ihren Ehemännern bei ihr zu Gast gewesen. Die inzwischen tot und begraben waren.
    »Omi, ich lass es draußen, ich will nachher noch mal weg!«, rief ihr Enkel, während er sich vom Rad schwang. Elsbeth runzelte die Stirn.
    »Wolltest du mir nicht helfen, die Wäsche einzuräumen? Und die Hausaufgaben machen sich vermutlich auch nicht von allein!«
    »Bei der Wäsche helf ich jetzt. Die Hausaufgaben mach ich nachher«, erklärte ihr Enkel und flitzte in die Waschküche. Ein Glück, dass der Junge begabt war und leicht lernte. Ihn dazu zu bringen, öfter zu Hause zu bleiben, schaffte sie einfach nicht. Sie hörte, wie Justus die Treppen auf und ab rumpelte, um die gebügelten Laken und Handtücher auf die Wäscheschränke zu verteilen.
    Elsbeth machte sich einen gedanklichen Vermerk, dass sie dringend Mottenpulver in den Schränken nachlegen musste, und seufzte. Ich hätt längst modernisieren sollen, dachte sie. Jetzt ist es zu spät. Die meisten Gäste kommen nur noch, weil es billig ist. Aber egal aus welchem Grund sie kamen, Elsbeth hing an ihren Stammgästen. Manager hatte sie nie gewollt, und die verirrten sich auch nicht hierher.
    Oder doch? Ganz automatisch war sie in den Hof gegangen, um Justus’ Rad, das den freien Stellplatz blockierte, zur Seite zu schieben. Ein schwerer, schlammbespritzter Wagen rollte langsam durch die Toreinfahrt. Elsbeth waren Automarken ziemlich egal, aber die lang gestreckte Figur auf der Kühlerhaube war sogar ihr ein Begriff. Ein Jaguar, noch dazu ein ziemlich großer Haufen Blech, auf dem Hinterhof vom Nikolausstift. Ach du meine Güte.
    »Guten Tag, ich bin Lissie von Spiegel und habe bei Ihnen ein Zimmer bestellt. Wo kann ich parken?« Die Dame hatte ihren Kopf aus dem Seitenfenster gestreckt. Sie war sichtlich jenseits der vierzig, hatte schmale Lippen, einen langen Hals und raspelkurze weißblonde Haare. Eine Gefärbte, registrierte Elsbeth automatisch. Sie fand die Neue nicht besonders attraktiv. Aber was wusste sie denn schon. Ihr Sohn hätte vermutlich den Begriff »apart« benutzt. Justus, der gerade eine langmähnige Discomaus mit Piepsstimme anhimmelte, titulierte sowieso jeden über dreißig mit »Opa« oder »Oma«.
    Die Frau sah richtig fertig aus. So anstrengend kann die Fahrt in diesem Auto doch nicht gewesen sein, dachte Elsbeth. Für einen gepflegten Kommandoton reichte die Energie aber anscheinend schon noch.
    »Einen breiteren Parkplatz hab ich leider nicht.« Elsbeth wies auf den schmalen Stellplatz direkt neben der Toreinfahrt. »Sie werden rangieren müssen, falls es überhaupt klappt. Am besten parken Sie draußen an der Straße. Es müsste etwas frei sein.«
    »Ich nehme den«, antwortete die Frau und bugsierte ihren Wagen mit einigen geschickten Manövern in die schmale Lücke, als ob nichts wäre. Gegen ihren Willen war Elsbeth beeindruckt.
    »Am besten geben Sie mir den Wagenschlüssel. Mein Enkel bringt Ihnen Ihr Gepäck dann aufs Zimmer. Willkommen im Nikolausstift. Ich bin Elsbeth Hochleitner, mir gehört die Pension.« Noch, dachte sie im Stillen.
    »Danke.« Die Frau nickte und zwängte sich aus der Wagentür, die sich nur noch einen Spalt öffnen ließ.
    Mager, dachte Elsbeth. Ihrem Sohn hätte die Neue gefallen. »Langbeinig und gazellig«, hätte der bewundernd gesagt. Elsbeth hatte seinen Frauengeschmack nie verstanden und auch nicht gebilligt. Seine Freundinnen waren meistens Italienerinnen gewesen, exaltierte Kleiderständer allesamt. Die Mädchen von hier, die Südtirolerinnen, waren meistens nicht so dürr, aber dafür hatten sie andere Qualitäten.
    Die Frau beugte sich zurück in den Wagen, um nach ihrer Handtasche zu angeln. Rippen und Rückgrat zeichneten sich unter ihrem engen, ärmellosen Oberteil ab. Auch die Oberarme waren sehr schlank, aber muskulös. Für Elsbeth machte das die Sache nicht besser. »Die muss aufpassen, nirgendwo hängen zu bleiben«, murmelte sie halblaut, bevor die Frau in Hörweite kam. Wegen der rausstehenden Knochen, aber auch wegen ihres Balkons, der reichlich überladen war. Elsbeth unterdrückte ein Kichern, als sie vor ihrem Gast ins Haus ging.
    * * *
    Immer zuerst die unangenehmen Dinge erledigen. Gleich auspacken. Lissie, die sich automatisch Richtung Koffer in Marsch gesetzt
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