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Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Titel: Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
Autoren: Andrea Camilleri
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herrschte, dass einen der Schlag treffen konnte.
    »Weißt du was?«, fragte Adriana in verändertem Ton.
    »Was?«
    »Erinnerst du dich, dass meine Tante und mein Onkel heute Nachmittag wieder nach Mailand zurückfliegen sollten?«
    »Ja.«
    Man konnte nicht behaupten, dass er mit Adriana reichlich Worte wechselte.
    »Also, sie sind von hier fortgefahren. Doch als sie am Flughafen ankamen, erfuhren sie, dass ihr Flug ausgefallen ist, so wie viele andere Flüge auch, wegen eines plötzlichen Streiks.«
    »Und was haben sie da gemacht?«
    »Sie sind mit dem Zug gefahren, die Armen. Bei dieser Hitze! Stell dir vor, wie die Reise sein muss! Erzähl mir, was du gerade gemacht hast.«
    »Wer, ich?«, antwortete er, völlig überrascht von dem plötzlichen Themenwechsel.
    »Will Dottor Commissario Salvo Montalbano erzählen, was er in dem Augenblick getan hat, als er einen Anruf von der Studentin Adriana Morreale erhielt?«
    »Ich war dabei, den Kühlschrank zu öffnen, um mir etwas zu essen herauszuholen.«
    »Wo deckst du den Tisch? In der Küche, wie's gewöhnlich der tut, der alleine isst?«
    »Ich ess nicht gerne in der Küche.«
    »Wo isst du denn gerne?«
    »Auf der Veranda.«
    »Du hast eine Veranda? Gott, wie wunderbar! Tu mir einen Gefallen und deck für zwei.«
    »Warum?«
    »Weil ich auch da sein möchte.«
    »Aber du hast doch gesagt, du könntest nicht kommen!«
    »Nur im Geiste, dummer Kerl! Ich möchte, dass du einen Bissen von meinem Teller nimmst und ich einen von deinem.«
    Ein leichtes Schwindelgefühl kam in Montalbanos Kopf auf.
    »In… in Ordnung.«
    »Ciao. Buonanotte. Ich rufe dich morgen an. Ich hab dich lieb.«
    »Au-«
    »Was hast du gesagt?«
    »Auweh. Ich habe auweh gesagt. Wegen einer Mücke, die mich in die Stirn gestochen hat.« Er hatte sich mit einem Eckstoß gerettet. »Ach, hör mal, ich hätte da eine Idee. Warum bestellst du mich nicht für morgen früh ins Kommissariat und unterziehst mich einem strengen Verhör unter vier Augen, wie es Tommaseo gerne täte?« Lachend legte sie auf.
    Ach was, Kühlschrank! Ach was, Essen! Was nun auf der Stelle anstand, war, sich ins Meer zu stürzen und ausgiebig zu schwimmen. Das würde ihm den Kopf abkühlen und die Temperatur seines Blutes senken, das gerade in diesem Augenblick auf dem Siedepunkt war. Machte sich jetzt auch Adriana noch daran, die Gluthitze des August steigen zu lassen?
    Und während er so schwamm, in der Dunkelheit der Nacht, setzten die Qualen ein. Ein Gefühl, das er gut kannte. Er brachte sich in die Position des toten Manns, trieb mit offenen Augen auf dem Rücken und betrachtete die Sterne. Ein Gefühl, als ob ihm jemand mit dem Handbohrer mühevoll ein Loch in den Schädel bohrte. Und bei jeder Umdrehung machte er das typische Geräusch eines Handbohrers: zir… zir… zir…
    Ein gewaltiger Schlamassel, der sich da ankündigte, aber die Sache überraschte ihn schon längst nicht mehr. Seit Jahren ergab es sich immer wieder, dass er während des Tages etwas außerordentlich Wichtiges aufgeschnappt hatte, etwas, das für die Ermittlung von entscheidender Bedeutung sein konnte, auf das er aber nicht gleich aufmerksam geworden war.
    Aber wann hatte er es gehört? Wer hatte es gesagt? Zir… zir… zir…
    Es bohrte in ihm wie ein Wurm, der ihn allmählich nervös machte.
    Mit ausholenden, langsamen Armschlägen kehrte er zum Ufer zurück.
    Er ging ins Haus und merkte, dass ihm der Appetit vergangen war. Da nahm er eine neue Flasche Whisky, ein Glas und ein Päckchen Zigaretten, setzte sich, nass wie er war, auf die Veranda und zog auch die Badehose nicht aus.
    Obwohl er angestrengt nachdachte, fiel ihm nichts ein. Nach einer Stunde gab er es auf. Es war stockdunkel. Früher, dachte er, genügte ihm ein bisschen Konzentration, um das ins Gedächtnis zurückzuholen, wonach er gesucht hatte. Aber wann früher?, fragte er sich. Als du jünger warst, Montalbà, war die unvermeidliche Antwort. Er beschloss, etwas zu essen. Und er erinnerte sich, dass Adriana ihm gesagt hatte, er solle auch einen Teller für sie auflegen … Er war versucht, es zu tun, aber er kam sich lächerlich vor.
    Er deckte nur für sich. Er ging in die Küche, legte die Hand auf den Griff der Kühlschranktür, dachte wieder an Adriana und bekam einen Schlag.
    Wie war das möglich? Der Kühlschrank funktionierte offenbar nicht einwandfrei und stellte eine Gefahr dar. Er würde sich einen neuen kaufen müssen. Aber wieso lag seine Hand immer noch auf dem
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