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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
Autoren: Andrea Camilleri
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vorsichtig,
    Salvù, der Grecu ist ein übler Typ.«

    Salvo Montalbano fuhr langsam in Richtung seines Hauses, als
    Gegè, der ihm folgte, mehrmals mit den Scheinwerfern
    aufblendete. Der Commissario stoppte am Straßenrand, Gegè
    hielt neben ihm, beugte sich weit zu ihm hinüber und reichte
    ihm ein Päckchen durchs Fenster. »Ich hab' die mostazzoli
    vergessen.«
    »Danke. Ich dachte schon, die wären eine faule Ausrede.«
    »Wofür hältst du mich? Glaubst du, ich mache dir was
    vor?« Beleidigt gab er Gas.

    Der Commissario verbrachte eine fürchterliche Nacht. Sein
    erster Gedanke war, den Questore per Telefon zu wecken und
    ihn zu informieren, um sich gegen jede Entwicklung
    abzusichern, die die Geschichte nehmen konnte. Aber Tano u
    Grecu hatte eindeutige Anweisungen gegeben, wie Gegè
    berichtet hatte: Montalbano durfte niemanden etwas wissen
    lassen, und zu dem Treffen mußte er allein kommen. Doch das
    hier war kein Räuber-und-Gendarm-Spiel, und er mußte seine
    Pflicht tun. Das hieß, er mußte seine Vorgesetzten
    verständigen und zusammen mit ihnen die taktische
    Maßnahme der Verhaftung, eventuell mit Hilfe massiver
    Verstärkung, bis in die kleinsten Details vorbereiten.
    Tano war seit fast zehn Jahren flüchtig, und er sollte ihn
    seelenruhig und gutgelaunt besuchen, wie einen Freund, der
    aus Amerika zurück ist? Das kam gar nicht in Frage, es war
    völlig unmöglich, der Questore mußte unbedingt davon in
    Kenntnis gesetzt werden. Er wählte die Privatnummer seines
    Vorgesetzten in Montelusa, der Hauptstadt der Provinz.
    »Bist du es, Liebling?« vernahm er da Livias Stimme aus
    Boccadasse, Genua.
    Montalbano stockte einen Moment lang der Atem,
    instinktiv hatte er wohl die falsche Nummer gewählt, um das
    Gespräch mit dem Questore zu vermeiden.
    »Entschuldige
    wegen
    vorhin,
    ich
    hatte
    einen
    unvorhergesehenen Anruf bekommen und mußte weg.«
    »Ist schon gut, Salvo, ich weiß ja, was du für einen Beruf
    hast. Entschuldige du, daß ich so schnell aufgelegt habe, ich
    war einfach enttäuscht.«
    Montalbano sah auf die Uhr, es waren noch mindestens
    drei Stunden bis zu dem Treffen mit Tano. »Wenn du magst,
    können wir ja jetzt reden.«
    »Jetzt? Entschuldige, Salvo, ich will mich nicht rächen,
    aber lieber nicht. Ich habe ein Schlafmittel genommen und
    kann die Augen kaum offen halten.«
    »In Ordnung. Bis morgen dann. Ich liebe dich, Livia.«
    Livias Stimme klang plötzlich ganz anders, hellwach und
    besorgt: »He, was ist los? Was ist mit dir, Salvo?«
    »Nichts, was soll denn sein?«
    »Nein, nein, mein Lieber, du schwindelst. Hast du was
    Gefährliches vor? Mach mir keinen Kummer, Salvo.«
    »Wie kommst du denn auf so was?«
    »Sag die Wahrheit, Salvo.«
    »Ich habe nichts Gefährliches vor.«
    »Ich glaub' dir nicht.«
    »Aber warum denn nicht, Herrgott noch mal?«
    »Weil du ‚ich liebe dich’ gesagt hast, und das hast du erst
    dreimal gesagt, seit wir uns kennen, ich hab' mitgezählt, und
    jedesmal war irgendwas Besonderes.«
    Er mußte das Gespräch unbedingt beenden, Livia würde
    sonst bis zum nächsten Morgen keine Ruhe geben.
    » Ciao, Liebling, schlaf gut. Sei kein Kindskopf. Ciao, ich
    muß noch mal weg.«
    Wie sollte er sich jetzt die Zeit vertreiben? Er duschte, las
    ein paar Seiten in dem Buch von Montalbán und begriff
    wenig, wanderte von Zimmer zu Zimmer, rückte hier ein Bild
    gerade, las dort einen Brief, eine Rechnung, eine Notiz und
    griff nach allem, was in Reichweite lag. Er duschte noch
    einmal, rasierte sich und schnitt sich mitten am Kinn. Er
    schaltete den Fernseher ein und machte ihn sofort wieder aus,
    weil ihm davon übel wurde. Endlich war es soweit. Er war
    schon an der Tür, als er sich noch ein mostazzolo di vino cotto
    in den Mund stecken wollte. Sehr erstaunt stellte er fest, daß
    die Schachtel auf dem Tisch offen und kein einziges Stück
    mehr darin war. Vor lauter Nervosität hatte er gar nicht
    gemerkt, daß er alles aufgegessen hatte. Und das schlimmste
    war: Er hatte es gar nicht genossen.

Zwei
    Montalbano wandte sich langsam um, als wollte er so die
    plötzliche stille Wut darüber ausgleichen, daß er sich wie ein
    blutiger Anfänger von hinten hatte erwischen lassen. Er war
    doch so wachsam gewesen, und jetzt hatte er nicht das
    geringste Geräusch gehört.
    Eins zu null für dich, du Scheißkerl! dachte er. Obwohl er
    ihn nie persönlich gesehen hatte, erkannte er ihn sofort: Tano
    hatte sich, verglichen mit ein paar Jahren zuvor,
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