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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß
Autoren: Yasmina Khadra
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lärmenden Knirpsen ist. Eine Art Grotte, vier
    mal acht Meter groß, beidseits ein selbstgezimmer-
    ter Tresen, auf dem diverse Sorten von Spießchen
    höchst dubioser Natur der Kundschaft harren. Dazu
    Tische, die von altersschwachen Stühlen umzingelt
    sind. Hinten im Raum lächelt Cheb Hasnis Porträt
    ein Belloumi-Poster an** [** Cheb Hasni = populärster algerischer Sänger; Belloumi = algerischer Fußballstar; Seite 19 oben: Mouloudia = beliebte Fußballmannschaft] .
    Auf schwächlichen Regalen über der Kasse, inmit-
    ten von Wimpeln und Pokalen, zeigen fliegen-
    dreckbekleckste Fotos den Herrn des Hauses, wie
    er inmitten der Mouloudia-Mannschaft oder stolz
    grinsend Seite an Seite mit ehemaligen Box-
    Champions posiert.
    Kaum macht unsere Zivilkutsche am Bürgersteig
    halt, stopft Sid Ali sich schnell sein komplettes
    Sandwich in den Mund, um nur nicht mit uns teilen
    zu müssen, wischt mit der Schürze hinterher und
    hält sich für unseren Empfang bereit.
    Er springt mich mit der Begeisterung des ehema-

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    ligen, zum Imbißbudenbesitzer mutierten Polizis-
    ten an: „Na, wie geht’s, alter Komiker?“ schreit er und sabbert mir die Wangen voll.
    „Wies gerade kommt.“
    Er tritt einen Schritt zurück, um meinen Bauch zu
    bewundern, boxt einmal liebevoll hinein: „Wann
    ist es denn soweit?“
    „Der Doktor sagt, es handele sich um eine nervö-
    se Schwangerschaft.“
    Der Wirt wirft den Kopf wiehernd nach hinten,
    dann erkundigt er sich, sichtlich beeindruckt von
    Eweghs Statur: „Hast du den in einer Höhle aufge-
    lesen?“
    „In einer Flasche!“
    „Was du nicht sagst! Und womit fütterst du ihn?“
    Dann wendet er sich Lino zu, der so tut, als in-
    spiziere er seine Absätze, um sein Zöpfchen besser
    zur Geltung zu bringen. „Was ist denn das für ein
    Tarass Bulba, der ist wohl frisch aus dem Sahel
    entlaufen?“
    „O Mann, das ist doch der Lino!“
    „Im Ernst? Der hat sich ja wahnsinnig verändert.
    Und eine Tonne Schwarzpulver hat er sich in die
    Fresse geschmiert, wenn mich nicht alles täuscht.“
    „Wie kommst du denn auf so einen Schwach-
    sinn?“ knurrt Lino, der es haßt, vor einem Rivalen
    runtergemacht zu werden.
    „Na, die Lunte, die dir hinten im Genick hängt.“
    „Das ist ein Pferdeschwanz. Und außerdem nur
    der sichtbare Teil vom Eisberg. Du solltest mal den anderen sehen!“
    Ich stütze mich auf die Theke auf und gehe zum
    Ernst des Lebens über: „Und, wie sieht die Gegend
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    hier aus?“
    „Des-in-fi-ziert, Kommissar. Ist eine halbe E-
    wigkeit her, daß wir hier zuletzt den Schatten eines erleuchteten Misthaufens haben herumhängen sehen. Nachdem damals der LKW hochgegangen ist,
    haben wir uns organisiert. Jede Kakerlake, die im
    Rinnstein auftaucht, wird auf der Stelle numeriert
    und registriert.“
    „Schön, das zu hören.“
    „Und der fromme Schreihals von Nummer 66?“
    zischt Lino, um sich vor dem Neuen in Szene zu
    setzen.
    Sid Ali verschwindet hinter der Theke und we-
    delt mit einem Fächer die Fliegen von seinen
    Fleischspießchen.
    Er sagt: „Seit man ihm im Kommissariat den Bart
    gerupft hat, ist er auf der Hut. Er grüßt brav, wenn er vorbeigeht, aber niemand erwidert seinen Gruß.
    Hier haben alle genug von den Gurus.“
    Ich nehme eine Flasche Limo unter die Lupe,
    finde, daß sie eine höchst merkwürdige Farbe hat,
    und stelle sie wieder hin.
    „Mir ist zu Ohren gekommen, daß sich nachts
    seltsame Vögel im Hammam* [* Dampfbad] Chérif einquartieren.“
    Sid Alis Hand zeichnet beschwichtigend Komma
    um Komma in die Luft: „Die Jungs sind Typen von
    der Hochebene. Sie jobben in der Keksfabrik um
    die Ecke. Die sind durchgecheckt. Sind okay.“
    Da kommt ein Anruf von der Zentrale. Lino läuft
    hin, dann winkt er mich herbei: „Gibt Zoff, Kom-
    my.“
    „Heh!“ ruft Sid Ali. „Ich habe heute morgen kei-

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    nen einzigen Kunden gehabt. Trinkt doch wenigs-
    tens was.“
    „Ich habe Halsweh, Alter. Ciao, und halt die Au-
    gen offen. Unsere Telefonnummer hast du ja …“

    Drei Polizeiwagen stehen mit vergeblich blinken-
    dem Blaulicht vor der Hausnummer 14, Place de la
    Charité. Inspektor Bliss ist auch schon da, er hockt mit einer ausländischen Zigarette im Schnabel auf
    der Motorhaube.
    Das Liebkind vom Großen Manitu macht nicht
    den kleinen Finger krumm, um sich eine Spur kor-
    rekter in Szene zu setzen. Nur seine Augen weisen
    mir mit falschem Funkeln den Weg:
    „Die Jungs sind schon bei der Arbeit“, teilt er mir
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