Colin Cotterill
en. Sie brauchen die Unterschrift des Direktors und…«
»Ich brauche vor al em die Nummer. Um Unterschriften kümmern wir uns später. Und könnten Sie meinem Pathologieassistenten Herrn Geung ausrichten lassen, dass er möglichst schnel hierherkommen sol ?«
Nach einer Weile hatte Siri den Polizisten mit der heiseren Stimme an der Strippe, mit dem er schon am Tag zuvor gesprochen hatte.
»Hal o, Dr. Siri. Hier ist Inspektor Tay. Nach unserem Gespräch gestern ist mir eingefal en, wer Sie sind. Sie sind der Pathologe, stimmt’s? Ich wol te mir schon lange mal ansehen, was Sie da eigentlich treiben. Ihr Mann war leider noch nicht da.«
»Macht nichts. Habe ich Sie gestern richtig verstanden: Phosy hat bei Ihnen keinen eigenen Schreibtisch?«
»Jawohl.«
»Haben Ihre Leute al e keinen eigenen Schreibtisch?«
»Doch. Aber er gehört ja auch nicht zu meinen Leuten.«
»Nein?«
»Nein. Er kommt aus Vieng Xai und ist sozusagen im Sonderauftrag unterwegs. Er schaut nur ab und zu bei uns herein. Er ist ständig auf Achse.«
»Aus Vieng Xai?«
»Ja, wieso? Stimmt was nicht?«
»Nein. Er hat nur mit keiner Silbe erwähnt, dass er im Norden stationiert ist.«
»Aus dem Mann ist nicht viel rauszukriegen. Er spricht mit kaum jemandem ein Wort. Ein elender Heimlichtuer, wenn ich so sagen darf.«
»Sie dürfen. Trotzdem danke.«
»Keine Ursache.«
Siri ließ den Hörer langsam sinken. Geung stand in der Tür und wiegte sich leise hin und her. Siri sah ihn an, konnte sich aber im ersten Moment nicht entsinnen, weshalb er ihn hatte rufen lassen.
»Herr Geung? Ach ja. Sie nehmen bitte diesen Zettel« - er schrieb beim Sprechen -, »und bringen ihn dem Genossen Civilai ins Parlamentsbüro. Sie wissen doch, wo das ist?«
»Ja.«
»Sie dürfen ihn unter keinen Umständen aus der Hand geben. Nicht einmal, wenn Ihnen jemand die Fußnägel ausreißen wil . Verstanden?«
»Ja«, sagte er prustend und sprang lachend zur Tür hinaus.
»Aus Vieng Xai? Wie ist das möglich?«
Am frühen Nachmittag kam Civilai mit einem gut erhaltenen alten Mann im zerknautschten Anzug. Die beiden wirkten erschöpft, als hätten sie die ganze Nacht kein Auge zugetan.
»Siri. Wie geht’s dir?«
»Hast du meine Nachricht bekommen?«
»Dein Igor wäre fast erschossen worden. Nachdem er am Tor abgewiesen worden war, stel te er sich an den Zaun und brül te so lange meinen Namen, bis ich ans Fenster kam.«
»Auf ihn ist eben Verlass.« Siri bekam einen Hustenanfal . Wenn überhaupt, ging es ihm schlechter als am Tag zuvor.
»Siri, das ist Dong Van, Chef der Staatssicherheit. Er wol te dich kennenlernen, bevor du endgültig verröchelst.«
»Da seid ihr ja gerade noch rechtzeitig gekommen. Freut mich, Herr Staatssicherheitschef.«
»Ich bin ziemlich am Ende, Dr. Siri. Ich habe ein paar schwere Tage hinter mir. Major Ngakum war über viele Jahre einer meiner zuverlässigsten Mitarbeiter.«
»Wir haben ihn?« Siri schlug mit der Faust ein Loch in die Luft. Civilai streckte den Daumen nach oben. Dong Van war von ihrem Sieg offenbar nicht ganz so überzeugt.
»Als ihr Freund Genosse Civilai zu mir kam, habe ich ihm zunächst kein Wort geglaubt. Dass er seine Quel e partout nicht preisgeben wol te, machte die Sache nicht besser. Selbst als er erste Beweise vorlegte, habe ich eher abwehrend reagiert; ich wol te es einfach nicht wahrhaben. Aber er ist sehr gründlich. Er hat die ganze Nacht über den Akten gesessen, Leute aus dem Bett geholt und sie befragt.«
»Sehr gut, Ai.«
Civilai platzte fast vor Stolz. »Das al es konnte einfach kein Zufal sein. Der Major war zur selben Zeit im Einsatzzentrum stationiert wie Hok. Er kannte die Details der verdeckten Operation der Vietnamesen. Seine Einheit war für die Sicherheit der beiden Trans und Hok zuständig. Er hatte Zugang zu sämtlichen Communiqués.
Und als wären das der Beweise noch nicht genug, um ihn im Gefängnis schmoren zu lassen, bis er schwarz wird, rate mal, wer die Erhebung über den Bootsverkehr von und zu den Umerziehungsinseln durchgeführt hat? Ich wette, der Bezirksdirektor könnte ihn einwandfrei identifizieren.«
»Und jetzt«, setzte der Chef der Staatssicherheit hinzu, »haben wir auch noch den Beweis dafür, dass er Ihr Telefonat aus Vietnam in sein Büro umgeleitet hat. Leider wissen wir nicht, worum es bei diesem Gespräch ging.«
»Deshalb musst du jetzt in Hanoi anrufen.«
»Die junge Dame hat die Nummer des Leichenschauhauses inzwischen hoffentlich
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