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Code Freebird

Code Freebird

Titel: Code Freebird
Autoren: Administrator
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rechten steht Jeff vor einem Humvee. Es ist finstere Nacht. Die Zuschauer können nicht erkennen, wo sich der Reporter befindet. Die blassgrüne, körnige Aufnahme verrät jedoch, dass der Ort geheim sein muss und dass kein Licht die Position der Truppen verraten darf.
    Jeffs Augen glühen weiß, wie bei einem Tier, das in der Nacht gefilmt wird. Auf dem Kopf trägt er einen Stahlhelm. Das Mikrofon hält er nahe an die Lippen, er spricht leise.
    »Wir befinden uns an der Grenze zum Irak. Wo genau, darf ich nicht sagen, um die Operation nicht zu gefährden. Wir haben, wie die Zuschauer auch, erst in diesem Moment erfahren, dass der Krieg begonnen hat. Wir sind alle sehr erleichtert. Das Warten ist nun zu Ende.«
    »Gott sei es gedankt. Wir alle fiebern mit euch. Wie ist die Stimmung in der Truppe?«
    »Sehr gut, jetzt, wo es endlich losgeht. Viele Tage haben wir hier in der Wüste ausgeharrt, ständig darauf vorbereitet, dass Saddam uns angreift. Sandstürme, eine unerträgliche Hitze tagsüber und in der Nacht arktische Temperaturen haben uns alles abverlangt. Wir warten nun auf den Befehl, die Motoren zu starten und …«
    Jenseits des Bildes wird etwas geschrien, es klingt dringend. Der Kameramann versteht zuerst. Er reißt die Kamera zur Seite, und Jeff verschwindet vom Bildschirm. Im Lichtkegel erkennen die Zuschauer einen Soldaten, der beide Arme zur Seite ausgestreckt hat und mit den Fingerspitzen abwechselnd auf seine Schultern fährt.
    Im Off hört man eine Stimme: »Gas. Gas …«
    Dann bricht die Aufnahme ab.
     
    Jeff konnte nur noch mit Mühe die Augen offen halten. In seinem Kopf wirbelten Bilder und Stimmen wild durcheinander.
    »Moto«, stöhnte er, »fucking moto.«
    Sein Kopf kippte nach hinten weg, und er träumte wieder von jener Nacht vor sechs Monaten im Irak.
    Die Nachricht hatte ihn tags zuvor in Istanbul erreicht, und er hatte sich sofort auf den Weg gemacht. Er solle sich beeilen, hieß es, es ginge mit Angel zu Ende.
    Spät in der Nacht war er im Wüstendorf angekommen. Sie hatten sich alle versammelt, hielten Wache, wollten ihn auf seiner letzten Reise nicht allein lassen. Als Jeff die Hütte betrat, sah er Angel auf der Pritsche liegen. Er hatte alle Haare verloren und war bis auf die Knochen abgemagert. Am Boden und auf der Decke erkannte er Blut. Eine Frau nahm es mit einem Tuch auf, wenn er es im Todeskampf erbrach.
    Die Phosphorvergiftung, die sie sich in Falludja zugezogen hatten, würde Angel als Erstem von ihnen das Leben nehmen. Es war ein schleichender, zermürbender und gnadenloser Tod. Angel hatte keine Chance. Er musste dem Verfall seiner Knochen und Zellen wehrlos zusehen. Die Blutungen hatten vor zwei Monaten eingesetzt und waren nicht mehr zu stoppen. Jedes Mal, wenn er gegen die Lungenentzündung anhustete, spuckte er einen Teil des Organs zusammen mit Blut und Schleim aus.
    Jeff setzte sich auf den Rand der Pritsche und nahm seine dünne Hand in die seine. Er konnte nicht sagen, ob Angel ihn noch erkannte, er war mehr tot als lebendig.
    Jeff hatte ihm ein Geschenk mitgebracht, etwas, das ihm den Weg hinüber erleichtern sollte. Er setzte Angel einen Kopfhörer auf und startete den Player. Die sphärischen Klänge von Vangelis – der Soundtrack von Blade Runner – fanden einen Weg zu ihm. Ein zartes Lächeln huschte über das ausgezehrte Gesicht.
    Stumm saß Jeff an Angels Seite.
    Draußen vor der Tür zog Wind auf. Ein Wüstensturm, der Shamal, kam näher.
    In dieser sturmumtosten Nacht starb der Blade Runner in Freebirds Armen.
    Als der Morgen erwachte, begrub er ihn in der Wüste. So hatte er es sich gewünscht.
    Die Iraker, die Angel bis zum Schluss gepflegt hatten, bauten nun ihre ganzen Hoffnungen auf Jeff, den sie fortan nur noch Muhammed nannten.

34
    Die Fahndung nach Angel Hernandez als dringend Tatverdächtigtem und Jeff Weingarten als Zeugen war in der Nacht zuvor bundesweit angelaufen. Alle Dienststellen der deutschen und amerikanischen Behörden waren mit Bildern und Beschreibungen versorgt worden.
    Für Levy hieß das warten. Das war so ziemlich das Letzte, was er vorhatte. Stattdessen begleitete er Aaliyah nach Stuttgart. Sie hatte sich mit der italienischen Reporterin Valeria Cheghini auf dem Symposion verabredet.
    Eigentlich wollte Levy noch Michaelis kontaktieren, doch beim Gedanken daran, wie sie reagieren würde, wenn er mit Aaliyah unterwegs war, ließ er es bleiben.
    Atommacht Iran – wie wird der Westen reagieren?, lautete das Motto des
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