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Coco - Ausbildung zur 0

Coco - Ausbildung zur 0

Titel: Coco - Ausbildung zur 0
Autoren: Ana Riba
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Irgendwie.

2
    Coco Mirabeau hatte ihre Akten in das Büro ihrer Vertretung gebracht und sortierte sie nun auf einem kleinen Tisch.
    „Hat er wieder gemeckert?“, fragte ihre Kollegin Dianne amüsiert, als sie Cocos Gesichtsausdruck sah. Coco lachte.
    „Er hat“, antwortete sie mit einem Blick zur Uhr. „Fünf Minuten noch, und dann bin ich weg. Glaubst du, du kommst klar?“ Coco musterte ihre Kollegin zweifelnd, doch diese lachte.
    „Mädchen“, stöhnte Dianne, „du hast mir in den letzten Tagen quasi alles aufgemalt. Du hast den Worst Case skizziert und mir sämtliche Telefonnummern, die ich wahrscheinlich nie im Leben brauchen werde, an allen möglichen und unmöglichen Orten deponiert. Was soll also schiefgehen?“ Dianne lachte breit und schüttelte den Kopf.
    „Ich sage dir, was schiefgehen kann: Er wird dich so lange nerven, bis du mich vollkommen verzweifelt und heulend im Hotel anrufst und auf Knien anbettelst, meinen Aufenthalt dort zu unterbrechen.“
    Dianne schüttelte den Kopf.
    „Nein, werde ich nicht. Im Gegensatz zu dir, Süße, weiß ich, wie man Türen hinter sich zuschlägt.“ Sie tätschelte Cocos Schulter und schob sie dann in Richtung Tür. „Die fünf Minuten sind um. Pack deine Tasche, und verzieh dich durch den Hinterausgang! Den Rest mache ich.“
    Coco nickte, griff nach ihrer Tasche, und mit einem letzten Blick den Gang hinauf in Richtung Xaviers Büro verschwand sie tatsächlich.
    „Ein komisches Gefühl“, dachte sie, während sie durch den langen stickigen Flur zum Notausgang hinunterlief. „Drei Tage und ein Wochenende nicht an den ganzen Stress hier denken, drei freie Tage und ein Wochenende nur verwöhnen lassen. Kein Xavier, keine Künstler mit überdimensionalem Ego, keine Handwerker, einfach rein gar nichts.“ Sie stieg in ihren Mini und gab dem Wagen etwas heftiger die Sporen, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte. Das Quietschen der Reifen hallte durch die Tiefgarage und rief den Parkplatzwächter auf den Plan. Als dieser Coco erkannte, lachte er und winkte sie durch die Schranke, um ihr ein „Jetzt aber schnell weg, bevor er es sich anders überlegt!“ hinterherzurufen.
    Zwanzig Minuten später hatte sie sich durch den Pariser Verkehr gequält, drei Stockwerke mit dem Aufzug, die letzten beiden Etagen zu Fuß erklommen und öffnete nun die Tür zu der Wohnung, die vor Urzeiten einmal ein Dienstbotenapartment gewesen war und unter dem Dach des Hauses lag.
    Vor Jahren hatte sie dieses Prunkstück gefunden und aufwendig modernisieren lassen. Nun war es endlich das viele Geld, das sie dafür hatte zahlen müssen, wert. Die drei Zimmer erstreckten sich über zwei Etagen, die über eine große metallene Wendeltreppe miteinander verbunden waren.
    In lauen Sommernächten konnte man auf dem kleinen Balkon vor Cocos Schlafzimmerfenster die Lichter der Stadt bei einem Glas Rotwein genießen, ohne dass man beobachtet wurde. Die Geräusche der Straßen spendeten dabei ein Konzert der Oberklasse, und das Lachen der Passanten, das vom Trottoir heraufklang, erzählte von einem Leben, das Coco nicht kannte. Leichtfüßig tänzelnd, hüpfte sie gut gelaunt durch die Räume der kleinen Wohnung, und ab und an warf sie noch einige Sachen in ihren Koffer, der geöffnet auf ihrem Bett lag. Sie griff nach ihrem Bikini, den sie sich neu gekauft hatte, nachdem der alte ein mehr als trauriges Bild abgegeben hatte.
    Sie hielt sich das kleine Kleidungsstück an und drehte sich vergnügt vor ihrem Spiegel. Urlaub … freie Tage. Sie hatte es immer vorgehabt, aber irgendwie fehlte jedes Mal die Gelegenheit, und wenn der richtige Zeitpunkt kam, war es Xavier, der ihr einen Strich durch die Rechnung machte. Aber diesmal war sie hartnäckig geblieben. Diesmal hatte er sich an ihrem sturen Kopf verbissen. Coco war selten zickig. Sanftmütig wie ein Kalb, hatte ihr Vater immer gesagt, würde es eher treffen. Aber sie wusste, dass sie kaum in der Lage war, sich gegen Xavier durchzusetzen. Also hatte sie beschlossen, ihre Fürsorge, die sie ihm sonst zuteilwerden ließ, auf ein Minimum zu beschränken. Ihr Verhältnis, das immer zwischen Bruder und Schwester oder potenziellem Liebhaber und Geliebter rangierte, hatte Coco merklich abkühlen lassen. Etwas, das Xavier nicht akzeptieren konnte. Seine Bemühungen, sie zum Wahnsinn zu treiben, hatte er verstärkt. Aber sie war standhaft geblieben. Und allein aus diesen ständigen Streitereien, die ihre Ressourcen aufgebraucht hatten, hatte sie
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