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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor
Autoren: Jules Verne
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nicht übertrieben gewesen. deren Anzahl – bei einer Bevölkerung von sechsunddreißigtausend Seelen – auf hundert abzuschätzen.
    Cette hat regelmäßigen Dampferverkehr nach Algier, Oran, Marseille, Nizza, Genua und Barcelona. Reisende scheinen da am besten zu thun, wenn sie zur Ueberfahrt eine Linie wählen, die im westlichen Mittelmeer durch die Küste Spaniens und die Gruppe der Balearischen Inseln mehr geschützt ist. Heute wollten sich etwa fünfzig auf dem »Argeles«, einem Dampfer von mäßiger Größe – höchstens von acht-bis neunhundert Tonnen – einschiffen, der unter Führung des Kapitän Bugarach alle wünschenswerthe Sicherheit bot.
    Der »Argeles« lag, schon mit angezündeten Feuern und schwarze Rauchwirbel aus dem Schornsteine blasend, im alten Hafenbassin am Molo von Frontignan im Osten. Nördlich davon erkennt man an seiner dreieckigen Gestalt das neue Bassin, in das der Seecanal mündet. Gegenüber liegt die kreisförmige Batterie, die den Hafen und den Molo von Saint-Louis vertheidigt. Zwischen diesem Molo und dem von Frontignan gewährt eine leicht zugängige Durchfahrt Zutritt in das alte Bassin.
    Von letzterem Molo aus begaben sich die Passagiere auf den »Argeles«, während der Kapitän Bugarach die Unterbringung des Gepäcks und verschiedner Frachtstücke auf dem Verdeck persönlich überwachte. Der schon fast überfüllte Laderaum bot keinen leeren Platz mehr; überall waren darin Steinkohle, Böttcherholz, Oel, Eingesalznes und viel von den Verschnittweinen untergebracht, die Cette fabriciert und die einen wichtigen Bestandtheil seiner Ausfuhr bilden.
    Ein paar alte Theerjacken – mit verwettertem Gesicht, unter dichten, buschigen Augenbrauen hervorglänzenden Augen, mit Ohren mit großem gerötheten Ohrläppchen und in den Hüften wiegendem Gange, als unterläge das Schiff einem ewigen Schwanken – plauderten, während sie gemüthlich ihr Pfeifchen schmauchten. Was sie sagten, konnte den Passagieren, die eine Ueberfahrt von dreißig bis sechsunddreißig Stunden schon vorher beunruhigt, nur angenehm zu hören sein.
    »Prächtiges Wetter! meinte der Eine.
    – Eine Nordostbrise, die allem Anscheine nach anhalten wird, setzte der Andre hinzu.
    – Da muß es bei den Balearen hübsch kühl sein, bemerkte ein Dritter, der eben die letzte Asche aus der Thonpfeife klopfte.
     

    Der Hafen von Cette und der Berg Saint-Clair.
     
    – Mit Rückenwind würde der »Argeles« leicht seine neun Knoten in der Stunde machen können, mischte sich der Lootse ein, der seinen Posten auf dem Dampfer schon eingenommen hatte. Unter dem Commando des Kapitän Bugarach ist überhaupt nichts zu fürchten. Der hat den günstigen Wind unter der Mütze und er braucht sie nur abzunehmen, da bläst er ihm schon von der besten Seite in die Segel!«
    Die alten Seebären waren ja recht guter Zuversicht. Doch giebt es nicht das Sprichwort: »Wer lügen will, braucht nur vom Wetter zu sprechen?«
    Wenn die beiden jungen Leute jenen Vorhersagungen nur eine mittelmäßige Beachtung schenkten und sie sich obendrein in keiner Hinsicht wegen des Zustandes des Meeres noch wegen sonstiger Zwischenfälle auf der Ueberfahrt beunruhigten, zeigten sich die meisten Passagiere darin weniger gleichgiltig oder weniger philosophisch. Manche durchrieselte die Angst von oben bis unten, ehe sie noch einen Fuß an Bord gesetzt hatten.
    Unter den letzteren machte Jean Taconnat seinen Freund Marcel auf eine Familie aufmerksam, die ohne Zweifel ihre erste Vorstellung auf der etwas unsichern Bühne des Mittelmeertheaters gab… eine metaphorische Phrase des lustigsten der zwei Freunde.
    Diese Familie bestand aus der dreieinigen Gruppe des Vaters, der Mutter und des Sohnes. Der Vater war ein Mann von etwa fünfundfünfzig Jahren, mit Beamtengesicht, obwohl er weder dem sitzenden noch dem wandelnden Beamtenthum angehörte, mit graumeliertem Cotelettenbarte, einer wenig entwickelten Stirn, starkem Leibesumfang und – Dank seinen Schuhen mit hohen Absätzen – fünf Fuß zwei Zoll groß – kurz, eines jener dicken Männchen, die man allgemein als »Tabaksbeutel« bezeichnet. Bekleidet mit einem Sackpaletot aus starkem Diagonalstoffe, die Mütze über den ergrauten Schädel bis an die Ohren heruntergezogen, hielt er in der einen Hand einen Regenschirm in glänzendem Ueberzuge und in der andern eine Reisedecke mit Tigermuster, die eingerollt und mit einem Doppelriemen umschnürt war.
    Die Mutter erfreute sich des Vorzugs, ihren Gatten um
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