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Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)

Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)

Titel: Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
Autoren: Cassandra Clare
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oder? Man hatte sie gewarnt, dass der Gast aus Shanghai nicht bei bester Gesundheit sei, doch sein Anblick beim Verlassen der Kutsche hatte sie äußerst bestürzt: bleich und schwankend wie ein Rohr im Wind, die lockigen schwarzen Haare von silbernen Strähnen durchzogen, als wäre er ein hochbetagter Mann und kein Junge von zwölf Jahren. Seine großen Augen in dem fein geschnittenen Gesicht besaßen eine betörende, aber auch melancholische Schönheit und schimmerten ebenfalls silberschwarz.
    »Will, wirst du wohl höflich sein!«, tadelte Charlotte, wandte sich dann dem anderen Jungen zu, zog ihn hinter sich vor und schob ihn in den Saal hinein: »Kümmere dich nicht um Will; er ist nur schlecht aufgelegt. Will Herondale, darf ich dir James Carstairs vom Institut in Shanghai vorstellen?«
    »Jem«, sagte der Junge. »Alle nennen mich Jem.« Er trat einen weiteren Schritt vor und musterte Will mit freundlichem Interesse. Zu Charlottes Überraschung sprach er vollkommen akzentfrei Englisch, aber dann erinnerte sie sich, dass sein Vater Engländer gewesen war. »Wenn du willst, kannst du mich auch so nennen«, fuhr der Junge fort.
    »Nun ja, wenn alle dich so nennen, kann man das wohl kaum als besondere Gunst bezeichnen, oder?«, entgegnete Will sarkastisch; für jemanden so Junges war er zu erstaunlicher Unfreundlichkeit fähig. »Ich denke, eines wirst du bald erkennen, James Carstairs: Wenn du dich um deine eigenen Angelegenheiten kümmerst und mich in Ruhe lässt, wird das für uns beide das Beste sein.«
    Charlotte seufzte innerlich. Sie hatte so sehr gehofft, dass dieser gleichaltrige Junge sich als ein Mittel erweisen würde, Wills Zorn und Gehässigkeit zu mildern. Doch offenbar hatte Will die Wahrheit gesagt, als er ihr mitteilte, es interessiere ihn nicht, ob noch ein weiterer junger Schattenjäger im Institut eintreffen würde. Er wollte keine Freunde und litt auch nicht darunter, dass er keine besaß. Verstohlen warf Charlotte Jem einen Blick zu, in der Erwartung, ihn überrascht oder gekränkt zu sehen.
    Doch er lächelte nur nachsichtig, als sei Will ein Kätzchen, das ihn zu beißen versucht hatte. »Seit meiner Abreise aus Shanghai hatte ich keine Gelegenheit zum Trainieren«, sagte er. »Ich könnte einen Partner gebrauchen – jemanden für einen Übungskampf.«
    »Geht mir genauso«, meinte Will. »Aber ich brauche jemanden, der mit mir mithalten kann, und nicht irgendeinen kränklichen Greis, der aussieht, als stünde er schon mit einem Fuß im Grab. Andererseits würdest du vermutlich ein hervorragendes Übungsziel abgeben.«
    Charlotte, die – im Gegensatz zu Will – James Carstairs Vorgeschichte kannte, spürte, wie sich ihr bei diesen Worten der Magen umdrehte. Schon mit einem Fuß im Grab, gütiger Gott! Was hatte ihr Vater gesagt? Jems Leben hing von einer drogenähnlichen Substanz ab, irgendeine Art von Arznei, die sein Leben verlängerte, ihn aber nicht vor einem vorzeitigen Tod bewahren konnte. Ach, Will.
    Hastig setzte sie sich in Bewegung, um sich zwischen die beiden Jungen zu stellen und Jem vor Wills Grausamkeiten zu schützen, die in diesem Fall noch zutreffender waren, als er selbst ahnte. Doch dann hielt sie inne.
    Jem hatte keine Miene verzogen. »Wenn du mit ›schon mit einem Fuß im Grab‹ andeuten willst, dass ich sterbenskrank bin, hast du recht«, sagte er. »Mir bleiben noch etwa zwei Jahre … drei, wenn ich Glück habe. Das sagen zumindest die Ärzte.«
    Nicht einmal Will konnte seine Bestürzung verbergen. Seine Wangen färbten sich feuerrot. »Ich …«
    Doch Jem steuerte bereits auf die Zielscheibe zu. Mit einer schnellen Handbewegung riss er das Messer aus dem Holz, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte zurück. Trotz seiner schlanken Statur war er fast so groß wie Will. Er blieb dicht vor Will stehen und schaute ihm fest in die Augen. »Wenn du willst, kannst du mich für Zielwurfübungen nutzen«, sagte Jem so beiläufig, als würde er über das Wetter reden. »Mir scheint, ich habe bei diesem Training wenig zu befürchten. Du bist kein besonders guter Werfer.« Damit drehte er sich um, zielte und ließ das Messer durch die Luft segeln. Die Klinge bohrte sich mitten ins Zentrum der Scheibe und federte leicht nach. »Oder aber …«, fuhr Jem fort und wandte sich Will wieder zu, »oder aber du könntest mir erlauben, dich zu unterrichten. Denn ich bin ein ausgezeichneter Werfer.«
    Charlotte starrte verwundert auf die Szene, die sich ihr bot. Ein halbes
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