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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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Nobelrestaurant, das ist ’ne Holzbude im Sand. In der Nähe von Capo Cotta, auf dem Weg nach Anzio. Die Leute, die in der Sonne braten, holen sich da Cola oder Bier und mittags kann man einen Teller Spaghetti Vongole nehmen.“
    „Und abends haben sie eine große Speisekarte und kochen richtig gut. Von Gerardo habe ich den Tipp und du weißt, der versteht was vom Essen.“
    „Meinetwegen“, sagte sie, „essen wir eben in einer Strandbude. Ich habe nichts dagegen. Das kann ja ganz witzig sein. Nur warum ich mich dann so aufgebrezelt habe, als gingen wir in ein Drei-Sterne-Restaurant, weiß ich nicht. Beziehungsweise ich weiß es schon: Weil du mir die ganze Zeit vorgeschwärmt hast, wie das sein wird, vorne das Meer und hinten der Privatparkplatz, livrierte Kellner, Champagner, Kaviar und französische Paté...“
    „Du magst überhaupt keine Paté, die ist dir viel zu fett“, hakte sich Massimo ein. „Und Kaviar magst du mit Sicherheit auch nicht.“
    „Woher willst du das wissen, wenn ich es nicht einmal weiß. Ich habe ja beides noch nie gegessen. Mein Kavalier lädt mich nicht zu Kaviar und Paté ein. Aber es ist okay, ich sage doch gar nichts. Eine Strandbude mit Spaghetti Vongole ist schon in Ordnung. Vielleicht wird es ja ganz romantisch?“

    *

    Es wurde romantisch.
    Nachdem sie gut zehn Kilometer die dunkle Uferstraße Richtung Anzio langsam abgefahren waren, um auf unbeleuchteten Holz- oder Pappschildern den Namen ihres Strandbuden-Restaurants zu suchen, sich dann, dem Pfeil auf dem Schild vertrauend, ein paar hundert Meter durch eine, natürlich ebenso unbeleuchtete Dünenlandschaft geschlagen und nun das Ziel unmittelbar vor sich hatten, zog Elisabetta ihn auf einen kleinen Hügel. Sie setzten sich, eng aneinandergekuschelt, jeder einen Arm um die Schulter des anderen gelegt, und schauten in den Himmel.
    „Mein Gott, wie schön und friedlich“, schwärmte sie. „Siehst du, Massimo, all diese Sterne! So unendlich viele! Und manche leuchten nur für uns...“
    „Wieso?“
    „Na, weil in diesem Augenblick vielleicht nur wir beide diese Sterne anschauen.“ Sie lachte. „Küss mich Dummkopf!“
    Er küsste sie. Doch als er versuchte, die Sache auszubauen und begann, ihren Körper en gros und en detail zu bearbeiten, schob sie ihn zurück.
    „Jetzt nicht, Massimo. Jetzt will ich Sterne gucken. Sieh doch nur mal dort, der Helle, ist das die Venus?“
    „Mmh, nö. Die muss in einer ganz anderen Richtung sein.“
    „Und da, der Große Wagen!“
    „Der Kleine.“
    „Meinetwegen, das ist doch egal. Sieh’ doch nur mal dieses Meer aus Lichtpunkten. Wenn ich das sehe, stelle ich mir immer vor, dass auf einem dieser Lichtpünktchen sich genau jetzt auch zwei Verliebte im Arm halten, in den Himmel schauen und das Lichtpünktchen bestaunen, auf dem wir gerade sitzen. Ist das nicht irre?“
    „Irre“, bestätigte Massimo.
    „Guck doch mal, genau über uns, die Milchstraße! Wenn du dir jetzt vorstellst, auf einem dieser hellen Flecken zu sitzen, vielleicht auch sogar an einem Strand wie diesem, zwei Menschen, die sich lieben, die sich im Arm halten...“ Sie machte eine Pause. „Ist das nicht ein wunderbares Gefühl?“
    „Die Wahrscheinlichkeit, dass es so etwas gibt, ist ziemlich gering“, sagte Massimo. „Solche Winzlinge wie unsere Erde, nehmen wir einmal an, die würden durch die Milchstraße schwirren, die können wir doch gar nicht sehen. Viel zu klein, viel zu dunkel. Die hellen Flecke, die du siehst, das sind fast alles Sonnen. Riesengroße Sonnen, auf denen atomare Kettenreaktionen Licht produzieren, wodurch du sie sehen kannst. Aber auf denen ist es verdammt heiß, verdammt verstrahlt, und unsere kosmischen Brüder und Schwestern hätten es verdammt schwer, da auch nur eine Millionstel Sekunde zu überleben.“
    „Du bist banal, Massimo. Ob das Sonnen sind oder nicht, das interessiert mich doch überhaupt nicht. Meinetwegen mag es Sterne geben, auf denen kein Leben, in unserem Sinne, möglich ist. Na und? Aber es gibt vielleicht auch andere. Wer weiß das denn schon? Du?“
    Sie schwieg eine Weile, hatte den Kopf auf Massimos rechte Schulter gelegt und starrte in den Himmel.
    „Ich schaue in diesen Sternenhimmel“, begann sie nach einer Weile aufs Neue, mit leiser, verklärter Stimme, „und denke an uns, an unsere Zukunft. Was wird sein? Mit uns beiden? Mit der Menschheit generell? Ich denke an unsere Vergangenheit, wo kommen wir her, wie sind wir
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