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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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Tippschein und ein paar Geldscheine entgegen, schoben den Tippschein in einen schwarzen Kasten auf ihrem Tresen, stempelten ihn und gaben ihn, meist gemeinsam mit ein paar Münzen, zurück.
    Die knapp dreißig Spieler - zwei, drei Frauen, der Rest Männer - nahmen von Massimo keine Notiz. Warum auch? Sie nahmen von niemandem im Raum Notiz. Manche standen und starrten auf die Monitore und Tafeln, andere saßen auf derangierten Korbstühlen vor kleinen Marmor-Bistro-Tischen und arbeiteten Berge von Zetteln ab. Der Fußboden war übersät mit Zigarettenkippen und Papierfetzen.
    Vielleicht hat hier vor hundert oder zweihundert Jahren ein Kardinal Hof gehalten, dachte Massimo, und sah prächtige Kleider und kunstvolle Seidentapeten vor sich, goldene Schühchen, die über persische Teppiche trippelten. Geblieben war ein Zocker-Heim.
    Er ging ein wenig hin und her, suchte einen Ansatzpunkt, mit dem oder jenem ein Gespräch zu beginnen. Die meisten knurrten nur eine kurze Antwort, sahen ihn mit einem „Was willst Du denn?“-Blick an und wandten sich wieder ab.
    Als Massimo sich als Journalist zu erkennen gab, lief es besser. Nachdem er zwei Männer ins Gespräch gezogen hatte, wurden weitere Spieler aufmerksam, einige traten näher, manche mischten sich sogar ein.
    Massimo war ein bisschen stolz auf seine augenscheinlich fesselnden rhetorischen Fähigkeiten. Er räumte zwar selbstkritisch ein, dass in den meisten Stadien gerade die erste Halbzeit abgepfiffen worden war, auf den Plätzen, damit auch auf den Monitoren und Tafeln, also nicht mehr viel lief und dieser Umstand eventuell auch eine gewisse Rolle gespielt haben könnte. Den Löwenanteil am Zustandekommen dieser Gesprächsrunde aber konnte er zweifellos seinem Talent zusprechen.
    Nachdem die ersten eher zögernd, vorsichtig ihre Meinung zum Thema Fußball und Wettbetrug abgegeben hatten, legten andere
    unbeschwerter nach. Jeder wusste von einem Spiel zu berichten, das unter merkwürdigen Umständen entschieden worden war. Ein Elfmeter in der letzten Minute, unberechtigt natürlich, und das bei einer Siegquote von neun zu eins!
    Drei Tore nicht anerkannt, immer als Abseits abgepfiffen, doch jeder, der Augen hatte zu sehen, hatte gesehen, es war kein Abseits.
    „Glatt gekauft“, da waren sich die drei Männer, die das Spiel verfolgt hatten, über die Motivation des Schiedsrichters absolut einig.
    „Letzte Woche, das Ei von dem Litti, erinnert Ihr Euch?“ begann einer eine neue Geschichte.
    Mehrere Zuhörer nickten.
    „Also“, machte der Erzähler weiter, „vorletzte Minute, der Litti steht am Strafraum, da kommt von rechts ein Riesending geflogen, Torwart raus, nimmt die Faust und haut glatt daneben, das Ding landet genau auf dem Fuß von Litti. Der steht also vor dem leeren Kasten, Torwart irgendwo im Nirwana. Und? Was macht der Litti? Was macht der? Nix! Der steht und wartet und wartet, bis die Verteidiger anrollen und ihm das Ding von den Füßen hauen. Ja glaub’ ich denn an den Weihnachtsmann?“
    Die meisten seiner Zuhörer glaubten auch nicht an den und stimmten zu: Der Stürmer war nicht unfähig sondern gekauft, geschmiert, bestochen.
    Ob der Tod des Roma-Stürmers Motti etwas mit diesen Sachen zu tun haben könnte? brachte sich Massimo wieder ein, um der Diskussion Richtung zu geben.
    „Wieso nicht?“ fragte einer. „Da geht’s um irre viel Schotter, und wenn da ein Spieler vielleicht nicht das macht, wofür er kassiert hat: Peng!“
    Er machte eine entsprechende Geste und wiederholte: „Peng und aus!“
    Sein Nachbar fasste Massimo am Arm und raunte ihm halblaut zu, man müsste sich in den nächsten Wochen auf viele tote Spieler und Schiedsrichter einstellen. Die Wettmafia hätte beschlossen aufzuräumen. Er wüsste das ziemlich genau.
    Ein anderer wusste ebenso sicher, dass in Kürze die gesamte Liga aufgelöst würde. „Komplett.“
    Richtig fanden das manche in dem immer größer gewordenen Debattierclub, denn die Fußballwetten wären samt und sonders kriminell, verschoben, lägen in den Händen der Mafia. Früher wäre das ein schöner, sauberer Sport gewesen, heute dagegen gäbe es keine ehrlichen Wetten mehr.
    Dann kam Unruhe auf. Die Runde löste sich auf: Die Halbzeitpause war vorbei.
    Der, der ihn am Arm gefasst hatte, blieb noch zwei Sekunden stehen und flüsterte ihm einen „todsicheren Tipp“ für das nächste Formel Eins -Rennen: Der Deutsche würde gewinnen. „Todsicher.“ Das hätten die Organisatoren und Sponsoren
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