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Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Titel: Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel
Autoren: Cassandra Clare
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Bruder ihr neue Sachen kaufen würde, sobald sie in London eintraf.
    Ein Ruf schallte vom Kai hoch. Die Main, deren schimmernder, schwarz gestrichener Rumpf regenfeucht glänzte, war vor Anker gegangen und nun pflügten sich kleine Boote durch die grauen Fluten, um Gepäck und Passagiere an Land zu bringen. Diese verließen in Strömen das Schiff, offensichtlich ganz begierig darauf, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren. Welch ein Unterschied zur Abfahrt in New York. Damals war der Himmel strahlend blau gewesen und eine Blaskapelle hatte gespielt. Aber da es niemanden gegeben hatte, der ihr zum Abschied hätte winken können, war es für Tessa kein allzu schöner Moment gewesen.
    Mit hochgezogenen Schultern schloss sie sich nun der von Bord gehenden Menge an. Eisige Regentropfen stachen ihr wie spitze Nadeln in die ungeschützte Haut und ihre Finger in den dünnen Handschuhen fühlten sich feucht und klamm an. Als sie endlich den Kai erreichte, schaute Tessa sich erwartungsvoll um, immer auf der Suche nach Nate. Da sie sich während der Überfahrt von den anderen Passagieren weitestgehend ferngehalten hatte, hatte sie seit fast zwei Wochen mit keiner Menschenseele mehr ein Wort gewechselt. Umso mehr freute sie sich jetzt darauf, Nate endlich wiederzusehen und jemanden zum Reden zu haben.
    Doch ihr Bruder war nirgends zu finden. Tessas Blick schweifte über die Stapel von Gepäckstücken und das Frachtgut in den zahlreichen Kisten und Boxen bis hin zu den Bergen von Früchten, Gemüsen und Salaten, die im strömenden Regen welk wurden. Ganz in der Nähe machte sich ein Dampfschiff mit Ziel Le Havre zum Auslaufen bereit und eine Gruppe durchnässter Seeleute stürmte an Tessa vorbei, wobei sie lautstark französische Flüche ausstießen. Als sie versuchte, den Männern auszuweichen, wäre sie fast von einer Horde von Bord kommender Passagiere niedergetrampelt worden, die sich in den Schutz der Eisenbahnstation flüchtete.
    Doch Nate konnte sie nirgendwo entdecken.
    »Sind Sie Miss Gray?« Die Stimme klang kehlig und besaß einen starken Akzent. Vor Tessa war wie aus dem Nichts ein großer Mann aufgetaucht, mit einem weiten schwarzen Mantel und einem hohen Hut, dessen Krempe das Regenwasser wie eine Zisterne einfing. Er hatte seltsam heraustretende, fast schon hervorquellende Augen wie die eines Froschs und seine Haut wirkte so rau wie Narbengewebe. Nur mit Mühe gelang es Tessa, nicht erschrocken zurückzuweichen. Aber der Mann kannte ihren Namen. Wer in diesem Teil der Erde konnte ihren Namen wissen, wenn er nicht auch Nate kannte?
    »Ja.«
    »Ihr Bruder schickt mich. Bitte folgen Sie mir.«
    »Wo ist er?«, wollte Tessa wissen, doch der Mann marschierte be­reits davon. Sein Gang wirkte holprig, als würde er aufgrund einer alten Verletzung hinken. Nach einem Moment der Verwirrung raffte Tessa ihre Röcke und eilte ihm nach.
    Zielstrebig bahnte sich der Mann einen Weg durch die Menge. Da­bei streifte er mehrere Passanten mit der Schulter, sodass diese zur Seite sprangen und über seine Unhöflichkeit schimpften. Tessa musste förmlich laufen, um mit ihm Schritt zu halten. Kurz darauf bog er abrupt um einen Stapel Kisten und blieb vor einer mächti­gen, glänzend schwarzen Kutsche stehen, an deren Schlag goldene Buchstaben prangten. Doch der Regen und der Nebel verhinderten, dass Tessa die Aufschrift genau lesen konnte.
    Dann schwang die Tür der Kutsche auf und eine Frau beugte sich heraus. Sie trug einen riesigen Federhut, der ihr Gesicht verbarg. »Miss Theresa Gray?«
    Tessa nickte. Der Mann mit den Glupschaugen beeilte sich, der Dame aus der Kutsche zu helfen - und unmittelbar dahinter kam ei­ne weitere Dame zum Vorschein. Beide Frauen öffneten sofort ihre Regenschirme, um sich vor den eisigen Tropfen zu schützen, und musterten dann Tessa.
    Ein seltsames Paar, überlegte Tessa: Eine der Frauen war sehr groß und dünn, mit einem hageren, verhärmten Gesicht. Ihre farblosen Haare waren im Nacken zu einem straffen Knoten zusammengesteckt. Sie trug ein Kleid aus leuchtend violetter Seide, die sich durch den Regen an manchen Stellen bereits dunkler verfärbt hatte, und dazu farblich passende violette Handschuhe. Die andere Frau war dagegen klein und gedrungen, mit winzigen Augen, die tief in den Höhlen lagen. Die leuchtend rosafarbenen Handschuhe, die sie über ihre großen Hände gestreift hatte, ließen diese wie grelle Pfoten erscheinen.
    »Theresa Gray«, sagte die kleinere der beiden
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