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Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Titel: Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel
Autoren: Cassandra Clare
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nicht existierten.
    Will trat einen Schritt beiseite, um den Mann passieren zu lassen, und rief dann: »James Carstairs! Jem! Wo steckst du, du treuloser Halunke?«
    Dieses Mal kam eine leise Antwort aus der Dunkelheit: »Hier drüben. Folg einfach dem Elbenlicht.«
    Will bewegte sich in Richtung von Jems Stimme, die aus einer düsteren Gasse zwischen zwei Lagerhäusern zu kommen schien. Ein schwacher Lichtschein glomm in den Schatten wie die flackernde Flamme eines Irrlichts. »Hast du gehört, was ich eben gesagt habe? Dieser Shax-Dämon hat doch wirklich geglaubt, er könnte mich in seine verdammten Klauen bekommen, aber ich hab ihn in die Enge getrieben und ...«
    »Ja, ich hab dich gehört.« Der junge Mann, der nun am Eingang der Gasse erschien, wirkte im Licht der Gaslaterne bleich - noch bleicher als sonst, was schon ziemlich außergewöhnlich war. Da er keine Kopfbedeckung trug, fiel der Blick sofort auf seine Haare, die in einem seltsam strahlenden Silber schimmerten wie die Farbe einer nagelneuen Münze. Auch seine Augen in dem kantigen Gesicht mit den fein geschnittenen Zügen leuchteten in diesem Ton; lediglich ihre leichte Mandelform verriet seine Herkunft. Die Vorderseite seines weißen Hemdes war mit dunklen Flecken übersät und an seinen Händen klebte rot schimmerndes, noch feuchtes Blut.
    Will musterte ihn angespannt. »Du blutest. Was ist passiert?«
    Doch Jem wischte Wills Sorge mit einer Handbewegung fort. »Das ist nicht mein Blut.« Dann drehte er den Kopf in Richtung der Gasse hinter ihm. »Es ist ihres.«
    Will spähte an seinem Freund vorbei in die tiefen Schatten des schmalen Durchgangs. Am hinteren Ende lag eine zusammengekrümmte Gestalt - nur ein Schemen in der Dunkelheit. Aber als Will genauer hinschaute, konnte er die Umrisse einer blassen Hand ausmachen und ein Büschel heller Haare. »Eine tote Frau?«, fragte er. »Eine Irdische?«
    »Eher ein Mädchen. Kaum älter als vierzehn.«
    Als Will daraufhin mehrere wüste Flüche ausstieß, wartete Jem geduldig, bis sein Freund sich wieder beruhigt hatte.
    »Wenn wir doch nur ein bisschen früher hier gewesen wären«, schimpfte Will abschließend. »Dieser verdammte Dämon ...«
    »Das ist ja das Merkwürdige an der Geschichte. Ich glaube nicht, dass das hier das Werk dieses Dämons ist«, erwiderte Jem stirnrunzelnd. »Shax-Dämonen sind Parasiten, Brutparasiten. Normalerweise hätte er sein Opfer doch in seine Höhle gezerrt, um ihm seine Eier unter die Haut zu legen, solange es noch am Leben ist. Aber dieses Mädchen hier ... jemand hat mit dem Messer auf sie eingestochen ... mehrfach. Und ich glaube auch nicht, dass das hier an diesem Ort passiert ist. Dafür findet sich in der Gasse einfach nicht genug Blut. Ich denke, sie wurde irgendwo anders überfallen und hat sich dann hierher geschleppt, wo sie an ihren Verletzungen gestorben ist.«
    »Aber der Shax-Dämon ...«
    »Aber ich sag's dir doch: Ich glaube nicht, dass das ein Shax-Dämon war. Meines Erachtens hat der Dämon sie nur verfolgt ... sie aufgespürt ... aus irgendeinem anderen Grund oder für irgendjemand anderen.«
    »Shax-Dämonen haben in der Tat einen feinen Geruchssinn«, räumte Will ein. »Ich hab schon von Hexenmeistern gehört, die sie zum Aufspüren vermisster Personen eingesetzt haben. Und dieser Dämon hier schien sich sehr zielbewusst zu bewegen.« Erneut schaute er an Jem vorbei auf die kleine, jämmerliche Gestalt in der Gasse. »Du hast nicht zufälligerweise die Tatwaffe gefunden?«
    »Doch. Hier.« Jem zog etwas aus der Innentasche seiner Jacke - ein in ein weißes Tuch gewickeltes Messer. »Das ist eine Art Misericordia oder Stilett. Sieh mal, wie dünn die Klinge ist.«
    Will nahm die Waffe entgegen. Die Klinge war in der Tat sehr dünn und endete in einem Heft aus poliertem Bein, an dem getrocknetes Blut klebte. Stirnrunzelnd wischte Will die Klinge am groben Stoff seines Ärmels sauber, bis auf dem Metall ein eingraviertes Symbol zum Vorschein kam: zwei Schlangen, die sich gegenseitig in den Schwanz bissen und so einen perfekten Kreis bildeten.
    »Ein Ouroboros«, sagte Jem, dicht über die Klinge gebeugt. »Sogar ein doppelter. Was, denkst du, hat das zu bedeuten?«
    »Das Ende der Welt«, erwiderte Will, den Blick noch immer auf den Dolch geheftet. Ein mattes Lächeln umspielte seine Lippen. »Das Ende und den Anfang der Welt.«
    Jem runzelte die Stirn. »Die Symbolik ist mir bekannt, William. Ich meinte eigentlich, was die Anwesenheit dieses
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