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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Platz sich davonschlichen und mit der rechten Hand dasselbe Zeichen machten wie der Ladenbesitzer in der Allee. Mehrere Fenster wurden zugeschlagen, und eine fettleibige Frau stürzte auf die Straße und zerrte einige kleine Kinder in ein klappriges, ungestrichenes Haus. Die Lücke im Zaun war sehr leicht zu durchdringen, und es dauerte nicht lange, da stapfte Blake durch die faulenden, ineinander verschlungenen Gewächse des verlassenen Hofes. Die verwitterten Stümpfe von Grabsteinen hie und da sagten ihm, dass hier einst Begräbnisse stattgefunden hatten; doch musste das, wie er feststellte, sehr lange her sein. Die schiere Masse der Kirche wirkte auf ihn bedrückend, da er ihr nun nahe war, aber er überwand seine Laune und schritt näher, um es an den drei großen Türen der Vorderseite zu versuchen. Alle waren fest verschlossen, weshalb er einen Rundgang um das zyklopische Gebäude machte, um einen kleineren und benutzbaren Eingang zu finden. Aber selbst für diesen Fall war er unschlüssig, ob er diesen verlassenen und schattigen Schlupfwinkel überhaupt zu betreten wünschte, doch der Sog der Fremdartigkeit zog ihn wie von selbst weiter.
    Ein gähnendes, unverschaltes Kellerfenster auf der Rückseite bot den gesuchten Zugang. Als Blake hineinspähte, sah er einen unterirdischen Abgrund voller Spinnweben und Staub, der von den gedämpften Strahlen der Sonne im Westen schwach beleuchtet wurde. Schutt, alte Fässer und zertrümmerte Kisten und Möbelstücke verschiedenster Art traten in sein Blickfeld, wenn auch über allem ein Leichentuch von Staub lag, das alle kantigen Umrisse abdämpfte. Die verrosteten Überreste eines Heißluftofens bewiesen, dass das Gebäude bis in die Mitte der viktorianischen Epoche genutzt und instand gehalten worden war.
    Fast ohne eigenständiges Zutun kletterte Blake durchs Fenster und ließ sich auf den mit Staub und Schutt bedeckten Betonboden hinab. Der Gewölbekeller war sehr groß und wies keine Trennwände auf; in einem Winkel weit zur Rechten sah er inmitten dichter Schatten einen schwarzen Torbogen, der offenkundig nach oben führte. Er verspürte ein eigenartiges Gefühl der Beklemmung, sich tatsächlich im Innern des großen gespenstischen Gebäudes zu befinden, unterdrückte es aber, als er sich vorsichtig umblickte – er fand ein noch heiles Fass im Staub, das er an das offene Fenster rollte, damit es ihm später beim Ausstieg behilflich sei. Dann fasste er sich ein Herz und durchquerte den weiten mit Spinnwebgirlanden geschmückten Raum in Richtung Torbogen. Halb erstickt vom allgegenwärtigen Staub und bedeckt mit gespenstischen Spinnfäden erreichte er die abgenutzten Steinstufen, die in die Finsternis emporführten, und begann mit dem Aufstieg. Er hatte kein Licht, sondern tastete sich behutsam mit den Händen voran. Nach einer scharfen Biegung fühlte er vor sich eine verschlossene Tür, und nach etwas Herumtasten entdeckte er die altertümliche Klinke. Die Tür öffnete sich nach innen, und dahinter sah er einen trüb erleuchteten Korridor mit wurmstichiger Holzvertäfelung an den Wänden.
    Als er sich im Erdgeschoss befand, begann Blake mit einer raschen Untersuchung des Gebäudes. Alle Türen im Innern waren unverriegelt, sodass er ungehindert von einem Raum zum andern gelangte. Das kolossale Mittelschiff war ein geradezu grauenhafter Ort mit seinen Bergen von Staub auf den Bänken, dem Altar, der stundenglasförmigen Kanzel und dem Podium, sowie den dicken Strängen an Spinnennetzen, die zwischen den Spitzbögen der Empore hingen und sich um die gedrängten gotischen Säulen schlangen. Über all dieser totenstillen Verlassenheit spielte ein scheußlich bleiernes Licht, als die niedrig stehende Nachmittagssonne ihre Strahlen durch die merkwürdigen halb geschwärzten Scheiben der großen Apsisfenster sandte.
    Die Bilder auf jenen Fenstern waren so verdunkelt vom Ruß, dass Blake das Dargestellte kaum erkennen konnte, doch das wenige, das er sah, gefiel ihm nicht. Die Dekorationen waren größtenteils herkömmlicher Art, und seine Kenntnis obskurer Symbolik verriet ihm viel über die altertümlichen Motive. Die wenigen dargestellten Heiligen wiesen Gesichtszüge auf, die überaus bedenklich waren, während eines der Fenster lediglich eine dunkle Fläche mit darüber verstreuten eigenartig leuchtenden Spiralen zu zeigen schien. Als er sich von den Fenstern abwandte, bemerkte Blake, dass das von Spinnweben verhangene Kreuz über dem Altar nicht von gewöhnlicher

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