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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
Autoren: H. P. Lovecraft
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Sinne einstürmten. Schlafen, so entschied ich, kam nicht infrage; und so löschte ich lediglich die Lampe und warf mich vollständig angekleidet aufs Bett. Es war zweifellos absurd, doch ich hielt mich für einen unvorhersehbaren Notfall bereit, den Revolver fest in meiner Rechten, die Taschenlampe in der Linken. Von unten drang kein Laut herauf, und ich stellte mir vor, wie mein Gastgeber leichenstarr in der Finsternis saß.
    Von irgendwoher hörte ich das Ticken einer Uhr und verspürte beinahe Dankbarkeit über dieses normale Geräusch. Dennoch erinnerte es mich an etwas anderes Verstörendes in dieser Umgebung – das völlige Fehlen von Tierlauten. Mit Sicherheit gab es kein Vieh auf dem Hof, und jetzt fiel mir auf, dass sogar die üblichen nächtlichen Geräusche wilder Tiere ausblieben. Mit Ausnahme des unheimlichen Plätscherns ferner, unsichtbarer Gewässer herrschte eine unnatürliche Stille – wie in den Räumen zwischen den Welten –, und ich fragte mich, welche von den Sternen gezeugte, immaterielle Fäule wohl über diesem Landstrich lag. Ich wusste aus den alten Legenden, dass Hunde und andere Tiere die Außerweltlichen seit jeher hassten, und machte mir Gedanken darüber, was die Spuren auf der Straße zu bedeuten hatten.
    VIII
    Fragen Sie mich nicht, wie lange mich der Schlaf gefangen hielt, der mich unerwartet übermannt hatte, oder wie viel von dem, was folgte, nur ein Traum war. Wenn ich Ihnen sage, ich sei zu einer bestimmten Zeit erwacht und habe gewisse Dinge gesehen und gehört, dann werden Sie mir schlicht entgegnen, ich sei eben doch nicht aufgewacht – alles sei ein Traum gewesen bis zu dem Augenblick, da ich aus dem Haus stürzte, zu dem Schuppen stolperte, wo ich den alten Ford fand, um dann wie ein Wahnsinniger in dem altertümlichen Vehikel ziellos durch die heimgesuchten Berge zu rasen, bis ich schließlich – nach stundenlanger holpriger Irrfahrt durch bedrohliche Waldlabyrinthe – in einem Dorf ankam, das sich als Townshend herausstellte.
    Sie werden natürlich auch alles andere in meinem Bericht bezweifeln und erklären, all die Bilder, aufgezeichneten Geräusche oder Stimmen aus Zylindern und Maschinen und ähnlich geartete Beweisstücke seien bloß Täuschungsmanöver, mit denen der vermisste Henry Akeley mir übel mitgespielt habe. Sie werden sogar andeuten, dass er sich vermutlich mit anderen Exzentrikern verschworen habe, um mir einen albernen und raffinierten Streich zu spielen – dass er die Express-Sendung in Keene selbst verschwinden ließ und dass er Noyes beauftragt habe, die fürchterliche Wachswalze zu besprechen. Es ist seltsam, dass Noyes bis heute nicht identifiziert werden konnte und in keinem der Dörfer in Akeleys Umkreis bekannt ist, obwohl er sich doch häufig in der Region hätte aufhalten müssen. Ich wünschte, ich hätte mir das Nummernschild seines Wagens eingeprägt – vielleicht ist es aber letzten Endes auch besser, dass ich es nicht getan habe. Denn ungeachtet allem, was Sie sagen mögen und was ich mir selbst zuweilen einzureden versuche, weiß ich, dass dort in den kaum erforschten Bergen abscheuliche außerirdische Mächte lauern müssen – und dass sie in der Welt der Menschen ihre Spione und Handlanger besitzen. Für mein weiteres Leben ist mein einziger Wunsch, mich so fern wie nur möglich von diesen Kräften und ihren Helfershelfern zu halten.
    Als auf meinen panischen Bericht hin der Sheriff mit seinen Leuten hinaus zum Gutshaus fuhr, war Akeley spurlos verschwunden. Sein Morgenrock, der gelbe Schal und die Fußbandagen lagen neben dem Lehnstuhl auf dem Boden des Arbeitszimmers; es konnte nicht ermittelt werden, ob unter seinen Sachen dafür andere Kleidungsstücke fehlten. Die Hunde und das Vieh waren tatsächlich verschwunden, und man entdeckte ein paar eigenartige Einschusslöcher auf der Außenseite des Hauses und auch in einigen Innenwänden; davon abgesehen fand sich allerdings nichts Ungewöhnliches. Keine Zylinder oder Maschinen, keine der Beweisstücke, die ich in meiner Reisetasche mitgebracht hatte, kein sonderbarer Geruch und keine Schwingung, keine Fußspuren auf der Straße und nichts von den aufwühlenden Dingen, die ich ganz zuletzt gesehen hatte.
    Ich blieb nach meiner Flucht noch eine Woche in Brattleboro, um dort Nachforschungen bei allen möglichen Leuten anzustellen, die Akeley gekannt hatten; die Ergebnisse dieser Nachforschungen überzeugen mich davon, dass die Angelegenheit kein Hirngespinst und kein Traum war.
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