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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
Autoren: H. P. Lovecraft
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dröhnten wie von dem Schall metallischer Instrumente. Ich sah die Sonne rötlich durch die letzten Verwehungen eines kleinen Sandsturms äugen, der über der Stadt ohne Namen hing, während die übrige Landschaft völlig ruhig schien. Abermals wagte ich mich zwischen die brütenden Ruinen, die sich unter den Dünen abhoben wie ein Zyklop unter einem Tuch, und grub wiederum vergebens nach den Überresten einer verschollenen Rasse. Gegen Mittag legte ich eine Rast ein und am Nachmittag verbrachte ich viel Zeit damit, den Mauern und den ehemaligen Straßen und den Umrissen der fast entschwundenen Gebäude nachzuspüren. Ich erkannte, dass die Stadt in der Tat einst gewaltige Dimensionen aufgewiesen hatte, und fragte mich, woher diese Größe gerührt haben mochte. Ich malte mir die ganze Pracht einer Epoche aus, die so lange zurücklag, dass die Chaldäer sich ihrer nicht entsannen, und dachte an die Stadt Sarnath, die Verdammte, die sich im Lande Mnar erhoben hatte, als die Menschheit noch jung war, und an Ib, die aus grauem Stein gehauen worden war, bevor das Menschengeschlecht erstand.
    Ganz unverhofft stieß ich auf eine Stelle, wo das Grundgestein durch den Sand brach und einen niederen Felshang bildete; und hier traf mein Blick erfreut auf etwas, das weitere Spuren jener vorsintflutlichen Rasse verhieß. Grob in die Vorderflanke des Felsens hineingehauen, boten sich unverkennbar Fassaden diverser kleiner, niedriger Felsenhäuser oder Tempel dar. Ihre Innenräume mochten womöglich mannigfache Geheimnisse aus Zeitaltern bewahrt haben, die so weit zurücklagen, dass sie sich jeder Datierung entzogen, obgleich Sandstürme längst schon alle Bildhauerarbeiten, die vielleicht einst die Außenwände bedeckten, getilgt hatten.
    Die vielen dunklen Öffnungen in meiner Nähe waren alle sehr niedrig und vom Sand verstopft, doch ich schaufelte eine davon mit dem Spaten frei und kroch hindurch, in der Faust eine Fackel, um jedwedes Geheimnis zu erhellen, das sich hier möglicherweise verbarg. Sobald ich ins Innere vorgedrungen war, erkannte ich, dass die Höhle wirklich einen Tempel darstellte und deutliche Spuren jener Rasse aufwies, die hier gelebt und ihre Riten vollzogen hatte, ehe die Wüste eine Wüste ward. Primitive Altäre, Säulen und Nischen, alle sonderbar niedrig angelegt, fehlten nicht; und obwohl ich keine Skulpturen und Fresken sah, gab es doch zahlreiche eigentümliche Steine, die mit künstlichen Mitteln zu symbolischen Objekten gestaltet worden waren.
    Die geringe Höhe der ausgehauenen Kammer war überaus befremdlich, denn ich konnte kaum aufrecht knien, und doch war ihre Ausdehnung so groß, dass meine Fackel immer nur einen Teil vor mir enthüllte. In einigen der entlegeneren Winkel überrann mich ein sonderbarer Schauder, denn manche Altäre und Steine ließen an vergessene Riten furchtbarer, abstoßender und unerklärlicher Art denken und weckten die Überlegung in mir, welche Sorte Mensch einen solchen Tempel geschaffen und benutzt haben könnte. Sobald ich alles gesehen hatte, was der Ort enthielt, kroch ich wieder nach draußen, begierig darauf, herauszufinden, was die übrigen Tempel wohl noch preiszugeben hatten.
    Die Nacht war jetzt nah, und doch vertrieben die greifbaren Dinge, die ich gesehen hatte, die Furcht, und meine Neugier siegte. Deshalb floh ich nicht vor den langen Schatten, die das Mondlicht warf und die mich mit Angst erfüllt hatten, als ich die Stadt ohne Namen zum ersten Mal erblickt hatte. Im Zwielicht schaufelte ich die nächste Öffnung frei, kroch mit einer frischen Fackel hinein und fand weitere fragwürdige Steine und Symbole vor, jedoch nichts von größerer Aussagekraft als im ersten Tempel. Der Innenraum war ebenso niedrig, aber viel schmaler, und er endete in einem winzigen Durchgang, der mit rätselhaften und kryptischen Schreinen verstellt war. Ich schaute mir diese Schreine gerade genauer an, als das Heulen des Windes und meines Kamels die Stille durchfuhren und mich hinausriefen, um zu ergründen, was das Tier so verängstigte.
    Der Mond strahlte hell über den urtümlichen Ruinen und beleuchtete eine dichte Sandwolke, die scheinbar von einem heftigen, aber abflauenden Wind aus irgendeiner Ecke der Felsflanke vor mir aufgewirbelt wurde. Ich wusste, dass es dieser kalte sandkörnige Wind war, der das Kamel aus der Ruhe gebracht hatte, und wollte es gerade an eine besser geschützte Stelle führen, als ich zufällig aufblickte und sah, dass oberhalb der Felszinnen gar
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