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Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Titel: Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
Autoren: Gillian Philip
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gar zu lieben. Und das Herz nimmt Schaden, wenn es wieder und wieder gebrochen wird. Damit meine ich nicht, dass es deswegen plötzlich für immer aufhört zu schlage n – es heilt nur nicht mehr richtig. Es wird krum m – als hätte man es mit losen, schiefen Stichen zusammengeflick t – und es funktioniert nicht mehr so, wie es sollte.
    Hätte ich das früher gewusst, wäre ich mit meinem Herzen sorgsamer umgegangen.
    Sinead war meine erste Liebe, meine ständige Gelegenheitsliebe, der Trost und die Liebe meines halben Lebens. Sie blieb, wenn andere Lieben sich verabschiedeten oder starben. Sie blieb, bis eine neue Liebe des Weges kam, so unerwartet wie eine Trinkwasserquelle inmitten einer Eiswüste.
    Aber es gab auch eine letzte Liebe, die noch viel zu viele Jahrhunderte in meine Zukunft hineinreichte. Von Sinead abgesehen gehörte mein zorniges Herz seit meiner frühesten Jugend einem Mädchen namens Eili MacNeil.
    Sie war Fox’ Zwillingsschwester, ein gebieterisches, schönes Ding, das mir mit kühler Höflichkeit begegnete. Sie hatte braune Augen, in denen man ertrinken konnte, dunkelrotes Haar, das sie sich grob mit einem Dolch stutzte, und sie war jungenhafter als alle anderen Mädchen des Clans: Sie lebte nur für den Schwertkampf, das Bogenschießen und die Pferderennen, die in der Heide ausgetragen wurden.
    Und für Conal.
    Wie ein Welpe folgte Eili meinem Bruder überallhin, und um ihre Besessenheit zu verdeutlichen: Sie schnitt sich die Haare nur ab, um so zu sein wie er. Ich nahm ihre Verliebtheit dennoch nicht sehr ernst. Irgendwie stimmte sie mich sogar hoffnungsvoll, denn ich war Conals Bruder, aber im selben Alter wie Eili, und das verschaffte mir einen unwiderlegbaren Vorteil. Je öfter ich Eili sah, desto inniger liebte ich sie, und es war für mich nicht von Bedeutung, dass sie Conal verehrte. Schließlich tat ich das ja auch, also hatten wir schon eine Gemeinsamkeit. Und ich sah Conal trotz meiner schwarzen Haare sehr ähnlich; ich kämpfte sogar genau wie er, denn er unterrichtete mich im Schwertkampf, so oft er konnte. Ich wusste, eines Tages würde sie einfach aufhören, ihn zu lieben, und sich stattdessen in mich verlieben. Und wir waren doch alle Sithe, reinblütige Silberelfen. Wir hatten vielleicht nicht alle Zeit der Welt, aber doch zumindest mehr Zeit, als man sich wünschen konnte.
    Wieso ist mir nie der Gedanke gekommen, dass in einem langen, langen Leben das Alter keine Rolle spielt?
    Als Kinder waren Fox, Eili und ich die besten Freunde gewesen. Immer wieder tauchten auch andere Kinder in unserem Kreis auf, aber wir drei blieben der harte Kern. Wir kämpften und ritten und spielten und jagten zusammen, schlichen hinter Conal her, wenn er auf dem Hof war, nervten die Köche und Stallburschen und Schmiede, bis sie schier wahnsinnig wurden. Mit anderen Worten: Wir waren ganz normale Kinder.
    An einem Herbstta g – ich war gerade zwölf geworde n – war es eine Schwertschmiedin namens Kenna, der ich auf den Geist ging. Ich mochte die Frau, so mürrisch sie auch war, ich bewunderte die Art, wie sie arbeitete, und ich hoffte, dass sie mir eines Tages das Schwert schmieden würde, das ich mir wünschte. Also schmeichelte ich mich gnadenlos bei ihr ein. Sie durchschaute meinen Plan, nahm es mir aber nicht übel, denn sie mochte mich genauso wie ich sie. Vermutlich war Kenna in ihrer Kindheit auch eine Außenseiterin gewesen. Außenseiter erkennen einander. Es liegt wohl am wilden Glanz in ihren Augen.
    Als ich an jenem Tag aus der gleißenden Kälte des Morgens in die dunkle Hitzewolke ihrer Schmiede trat, hob Kenna den Blick von der halb fertigen Waffe, die in der langen Wasserwanne zischte, nickte mir zu und deutete mit dem Kopf fast unmerklich zu einer Ecke hin. Ich dachte schon, sie würde versuchen mir ihre beiden Söhne anzudrehe n – zwei nette Burschen, aber um einiges jünger als ich. Doch von den kleinen Jungen fehlte jede Spur. Stattdessen saß Eili in der Ecke und starrte gebannt auf ein kleines Stück Silber, das sie mit einer Zange zu biegen versuchte. Sie schob sich schweißnasse Haarsträhnen aus dem Gesicht, leckte sich über die Lippen, wandte den Blick aber keine Sekunde von ihrer Arbeit ab. Kennas drei Jahre alte Stieftochter stand daneben und beobachtete mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund jede von Eilis Bewegungen.
    Ich zwang mich, nicht gleich zu Eili zu hasten, verschränkte die Arme vor der Brust und sah der Schmiedin zu, wie sie auf den weichen
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