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Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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zufrieden.
    Hinterher saßen sie unter den raunenden Bäumen am Feuer, sogen den harzigen Kiefernrauch ein und lauschten dem schmetternden Gesang der Waldvögel. Zwischen den Zweigen sah man sogar schon die ersten Sterne blinken.
    Wolf begab sich auf einen seiner nächtlichen Jagdausflüge und Renn gähnte ausgiebig. »Bald bricht der Multbeerenmond an. Multbeeren mag ich gern.«
    Torak hatte anderes im Kopf. Er konnte es nicht länger aufschieben. Schon seit Bales Abfahrt versuchte er, den Mut aufzubringen, der Freundin zu gestehen, wer beziehungsweise was er eigentlich war.
    »Renn…«, begann er mit abgewandtem Gesicht, »ich muss dir etwas sagen.«
    »Was denn?« Renn breitete ihren Schlafsack aus.
    Torak holte tief Luft. »Der Robbenschamane hat mir etwas erzählt. Etwas … das mich selbst betrifft.«
    Renn hielt inne. »Du bist ein Seelenwanderer«, sagte sie gelassen.
    Torak war verblüfft. »Seit wann weißt du das?«
    »Seit er’s dir erzählt hat.« Sie zupfte einen losen Sehnenfaden aus ihrem Beinleder. »An dem Abend, als wir uns gestritten haben, habe ich mir Sorgen um dich gemacht, deswegen bin ich dir heimlich nachgegangen. Ich habe alles gehört.«
    Torak war baff. »Stört es dich?«
    »Was soll mich stören?«
    »Na ja… was ich bin.«
    Sie grinste. »Du bist doch ein Wer , Torak, kein Was ! Du bist noch derselbe Mensch.«
    Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: »Ehrlich gesagt war ich nicht besonders überrascht. Ich habe immer gewusst, dass du irgendwie anders bist.«
    Torak wollte sie anlächeln, aber es gelang ihm nicht.
    »Sei nicht traurig«, sagte sie tröstend. »Vielleicht kommt es ja davon, dass du mit Wolf sprechen kannst.«
    »Wieso?«
    »Mir hat nie richtig eingeleuchtet, dass du deswegen die Wolfssprache sprichst und verstehst, weil dich dein Vater als Säugling zu einer Wölfin in die Höhle gelegt hat. Da warst du doch noch viel zu klein und konntest noch nicht einmal unsere Sprache. Woran könnte es dann liegen?« Sie legte den Kopf schief. »Vielleicht sind ja deine Seelen in einen von den Wölfen geschlüpft oder so. Könnte das nicht sein?«
    Torak kaute nachdenklich auf der Unterlippe. »Auf die Idee bin ich noch nie gekommen.«
    Wolf kam mit rot bespritzter Schnauze von der Jagd. Er wischte das Blut am Farnkraut ab und hob witternd den Kopf, dann tapste er zu Torak hinüber und stupste ihn ans Kinn.
    »Ob er es weiß?«, überlegte Renn.
    »Das mit mir?« Torak kraulte Wolf hinter den Ohren. »Wie denn? Außerdem bin ich noch gar nicht dazu gekommen, es ihm in Wolfssprache zu erklären.«
    Renn kroch in ihren Schlafsack und rollte sich zusammen. »Er ist trotzdem noch dein Freund.«
    Torak nickte, fühlte sich aber irgendwie ausgeschlossen.
    »Schlaf ein bisschen«, sagte Renn gähnend.
    Torak schlüpfte in seinen Schlafsack und legte sich auf den Rücken. Er war zwar müde, aber ihm war nicht nach Schlafen.
    Wolf ließ sich mit einem »Hmpf« gegen ihn fallen und war im Nu eingedöst.
    Torak lag mit offenen Augen da und blickte ins Feuer.
    Nach einer ganzen Weile fragte Renn: »Bist du noch wach, Torak?«
    »Ja.«
    »Ehe der Jäger den Robbenschamanen geholt hat, hat er dir noch etwas zugerufen. Was hat er gesagt?«
    Torak hatte gehofft, um diese Frage herumzukommen. »Darüber möchte ich nicht sprechen, jedenfalls noch nicht jetzt. Ich muss erst mit Fin-Kedinn reden.«

Kapitel 35

    »SAG MIR DIE Wahrheit«, wandte sich Torak sieben Tage darauf an Fin-Kedinn.
    Bis zum Rabenlager hatten sie vier Tage gebraucht. Unterwegs hatten sie festgestellt, dass die Zahl der Erkrankten zurückgegangen war. Überall roch es nach verbrannten Wacholderbeeren. Islinns Boten hatten ihre Sache gut gemacht. Hinzu kam, dass Fin-Kedinn die Clans im Weiten Wald davon überzeugt hatte, dass sie am besten zusammenblieben und die Krankheit gemeinsam durchstanden. Viele Kranke erholten sich wieder, trotzdem hatten die Raben fünf Leute verloren.
    Nach ihrer Rückkehr versuchte Torak zwei Tage lang vergeblich, Fin-Kedinn unter vier Augen zu sprechen. Der Anführer der Raben hatte alle Hände voll zu tun, sich um seine Sippe zu kümmern und dafür zu sorgen, dass auch der letzte Trupp Jäger über die vergifteten Beeren Bescheid wusste.
    Am siebten Tag kehrte allmählich der Alltag wieder ein. Manche Raben gingen jagen, andere stachen im Fluss Forellen. Renn erläuterte Saeunn, wie sie es angestellt hatte, die Seelen der Tokoroth freizulassen. Wolf, der die Hunde der Sippe nicht leiden konnte,
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