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Chandler vom Smaragd-Atoll

Chandler vom Smaragd-Atoll

Titel: Chandler vom Smaragd-Atoll
Autoren: U. Voss
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zur Oberschenkelmitte bedeckten.
    „Aber natürlich, wie konnte ich das nur vergessen.“ Helen lief zurück zur Kiste unter dem 20 m hohen Brotbaum, der in dem Gebiet zwischen den Orangenbäumen und dem Olivenhain die immergrünen Äste seiner breiten Krone ausstreckte. Und es waren genügend Kleidungsstücke für alle da. Paul, Jannik und Alessandro waren ja schon versorgt. Lachend verteilte sie die Teile an die acht neuen Gruppenmitglieder.
    Dann erzählte sie ihnen von ihrer Begegnung mit Michael. Sie sprachen über die Vergangenheit. Über das, woran sie sich erinnern konnten, was ihnen auf der Erde passiert war, über ihre Familien, Freunde und Berufe, woher sie kamen, wie alt sie geworden waren. Dann über das Leben im Wasser.
    Susanne: „Es war eine so schöne Zeit. Ich träume ständig davon. Nur wenn ich wach bin, liegt ein Schleier über allen. Darum werde ich auch bald zurück schwimmen.“
    Jannik: „Es war wunderbar und wenn Paul mich nicht abhalten würde, wäre ich schon längst wieder zurück im Wasser, obwohl meine Erinnerungen nur verschwommen und durcheinander sind. Aber Gott habe ich definitiv nicht gesehen.“
    „Er hat sich dir nicht gezeigt“, sagte Sandra, die Gläubige.
    Jannik: „Ich war sehr gerne an den Korallenriffen. Erst war ich in einer Muschel, dann wurde die Muschel zu klein, sie öffnete sich und ließ mich raus, da konnte ich schon richtig gut schwimmen. Ich kam in den Kindergarten, später in die Schule.“
„Und was weißt du noch von der Erde.“
    „Die Erde?“
    „Kannst du dich an deine Vergangenheit auf der Erde erinnern?“
    „Davon träume ich meistens. Aber wenn ich aufwache ist alles wieder weg“, sagte Jannik.
    „Wir sind hier nicht auf der Erde“, warf Paul ein, denn diese Diskussionen fanden öfters statt.
    „Warum bist du dir so sicher, dass wir nicht auf der Erde sind?“ wollte Jacky wissen.
Aber Paul schwieg. Alle waren wach und hörten interessiert zu. Es war Abend. Es war Landwind. Das Wasser stand hoch. Die Korallenriffe waren fast vollständig überflutet, denn nur an ihren höchsten Punkten ragten sie hervor, und überall war das Wasser im Licht der untergehenden Sonne tiefrot.
    „Wenn wir nicht auf der Erde sind, wo sind wir dann?“   Alle schwiegen, so dass sich Jannik selbst die Antwort gab: „Ich vermute mal, dass wir in einer Parallelwelt sind.“
    Aber Aki, die sich an ihr Leben in Japan und Australien erinnern konnte, schüttelte den Kopf.
    „Ihr wisst ja, dass ich Buddhistin bin?“
    „Oh.“   „Ach“. „Echt.“
    „Habe ich euch doch erst gestern erzählt. Stimmt doch Helen?“
    Helen bestätigte das.
    „Ihr habt wieder einmal nicht zugehört, wenn ich euch was erzähle“, sagte Aki tadelnd, aber dabei zwinkerte sie Helen mit den Augen zu.
    „Also, ich war immer gläubige Buddhistin.“ Jetzt klang ihre Stimme ernst. „Und all das was uns allen hier passiert ist, bestätigt den Glauben an die Wiedergeburt.“
    „Aber müssten wir nicht als Baby oder Tierbaby auf der Erde neu geboren werden“, hakte Jannik nach.
    „Da ist also ein ganz großer Widerspruch“, bestätigte Paul.
    „Finde ich auch“, beeilte sich Alessandro zu sagen.
    „Nein, es bedeutet nur, dass es noch andere Arten der Wiedergeburt gibt, als sich das Buddha vorgestellt hat“, sagte Aki.
    „Also, die Christen glauben auch an ein Weiterleben nach dem Tode“, sagte Alessandro. „Wobei es darum geht, dass der Geist nach dem Tode in den Himmel kommt.“ Er breitete seine Arme aus, drehte seinen Körper von links nach rechts, stand auf und beschrieb einen weiten Bogen mit seinen Armen. „Diese Gegend hier ist himmlisch schön. Aber auch im Wasser bei den Korallenriffen ist es sehr, sehr schön. Und ich frage mich die ganze Zeit, warum wir jetzt hier sind. Ich frage mich nach dem Sinn oder Zweck unseres Hierseins.“
    Aki lachte ihn aus. „Das fragst du dich wann? Du schläft doch meistens.“
    „Wir schlafen alle sehr viel“, stimmte ihr Paul zu. „Aber es ist unsere Bestimmung, dass wir an Land gehen. Sonst wären wir nicht hier. Ihr dürft nicht zu viel träumen. Ihr müsst immer wieder versuchen, die Grenzen zu überwinden oder auszudehnen. Dabei bleibt immer noch viel Zeit zum Austern- und Obstholen. Obwohl ich nun fast 6 Monate hier bin, habe ich nie aufgegeben. Auch ich bin anfangs nie weiter als bis zum Ende des Olivenhains gekommen. Ins Wasser wollte ich noch nicht zurück, denn ich will die Geheimnisse von Allthania entdecken und
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