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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser
Autoren: V.C. Andrews
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nach dem Unterricht hier. Ich möchte etwas mit euch beiden besprechen.«
    »Haben wir etwas falsch gemacht?« fragte ich besorgt.
    »Nein, natürlich nicht. Du stellst immer die gleiche Frage, Heaven. Wenn ich euch manchmal zu mir bitte, heißt das nicht immer, daß ich euch rügen will.«
    Miß Deale schien nur dann von uns enttäuscht zu sein, wenn wir zurückhaltend und einsilbig auf ihre Fragen nach unserem Zuhause antworteten. Wir wollten Mutter und Vater nicht bloßstellen, und Miß Deale sollte nicht erfahren, wie ärmlich wir wohnten und wie kärglich unsere Mahlzeiten im Vergleich zu dem Essen waren, von dem uns die Stadtkinder erzählten.
    Die Mittagszeit in der Schule war die schlimmste. Die Hälfte der Kinder aus dem Tal brachten braune Papiertüten mit ihrem Mittagessen mit, die andere Hälfte aß in der Cafeteria. Nur wir aus den Bergen brachten nichts mit, nicht einmal genug Kleingeld für einen Hot dog oder eine Cola. Wir aus den Bergen aßen bei Tagesanbruch ein Frühstück und eine zweite Mahlzeit vor dem Schlafengehen. Aber wir aßen niemals zu Mittag.
    »Was will sie?« fragte mich Tom kurz angebunden während der Mittagspause, bevor er zum Ballspielen und ich zum Seilhüpfen ging.
    »Weiß nicht.«
    Miß Deale war dabei, Schulaufgaben durchzusehen, als Tom und ich nach der letzten Schulstunde blieben, voller Besorgnis um Keith und Unsere-Jane, die ohne uns völlig hilflos sein würden, wenn sie aus ihren Klassenzimmern kamen.
    Plötzlich blickte Miß Deale auf. »Oh, entschuldige, Heaven! Stehst du schon lange hier?«
    »Nur ein paar Minuten«, log ich. »Tom ist schnell Unsere-Jane und Keith holen gegangen. Sie bekommen sonst Angst, wenn keiner von uns beiden sie abholt, um sie nach Hause zu bringen.«
    »Was ist mit Fanny? Tut sie nichts?«
    »Nun«, begann ich zögernd, um Fanny zu schützen, weil sie meine Schwester war, »manchmal wird Fanny abgelenkt und dann vergißt sie ihre Pflicht.«
    Miß Deale lächelte. »Ich weiß, daß ihr einen langen Heimweg vor euch habt, ich werde deshalb nicht auf Tom warten. Ich habe mit den Mitgliedern der Schulkommission über euch beide gesprochen, in der Hoffnung, daß ich sie davon überzeugen könnte, euch Bücher für zu Hause mitzugeben. Aber sie bleiben hartnäckig, weil sie glauben, wenn sie euch Privilegien einräumen, dann müssen sie auch allen anderen Kindern kostenlos Schulbücher geben. Darum werde ich euch meine Bücher leihen.«
    Ich starrte sie entgeistert an. »Aber werden Sie die Bücher nicht brauchen?«
    »Nein. Ich kann andere verwenden. Ab heute könnt ihr die Bücher benutzen, und bitte nehmt euch so viele Bücher aus der Bibliothek, wie ihr in einer Woche lesen könnt. Natürlich müßt ihr auf die Bücher achten, sie sauber halten und termingerecht zurückbringen.«
    Ich war so entzückt, daß ich am liebsten laut aufgeschrien hätte. »Alle Bücher, die wir in einer Woche lesen können? Miß Deale, wir sind gar nicht stark genug, um so viele zu tragen!«
    Sie lachte, und seltsamerweise traten ihr Tränen in die Augen. »Ich hätte mir denken können, daß du etwas Ähnliches sagen würdest.« Sie strahlte, als Tom mit Unserer-Jane, die ziemlich erschöpft aussah, im Arm und Keith an der Hand hereintrat. »Tom, ich glaube, du hast deine Arme schon so voll, daß du keine Bücher mehr nach Hause tragen kannst.«
    Er sah sie verdutzt an. »Wollen Sie damit sagen, daß wir Bücher nach Hause mitnehmen dürfen? Ohne zu bezahlen?«
    »Ganz recht, Tom. Und nehmt auch einige für Unsere-Jane, Keith und Fanny mit.«
    »Fanny liest keine«, sagte Tom und seine Augen strahlten, »aber Heaven und ich werden sie ganz bestimmt lesen.«
    An diesem Tag gingen wir mit fünf Büchern zum Lesen und vier zum Lernen nach Hause. Keith half uns, indem er zwei Bücher schleppte, damit Tom und ich Unsere-Jane tragen konnten, sobald sie müde wurde. Ich erschrak jedesmal, wenn sie nach ein paar Schritten bergauf schon ganz weiß wurde.
    Fanny lief hinter uns her, von ihren Verehrern umschwärmt wie eine Blume von Bienen. Keith bummelte hinter Fanny und ihren Freunden her. Er wollte nicht mit uns gehen, aber aus einem anderen Grund als Fanny. Keith liebte die Natur, die Geräusche und Gerüche der Erde, des Windes, des Waldes und vor allem die Tiere. Ich blickte über die Schulter zurück, um zu sehen, wo er blieb, und entdeckte ihn, wie er ganz versunken eine Baumrinde betrachtete. Er hörte nicht einmal, daß ich seinen Namen rief. »Keith, beeil
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