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Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)

Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah-Kate Lynch
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zurückgab.
    »Ich bin dir sehr dankbar, dass du mir das mit Grace erzählt hast«, sagte sie. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr das mein Herz beruhigt.«
    »Es tut mir leid, Lily«, sagte er. »Es wird mir immer leidtun.«
    »Nicht, Daniel. Ich kann es nicht mehr hören. Das ändert nichts.«
    »Vielleicht nicht, aber ist es nicht besser, alles offen auszusprechen?«, erwiderte er.
    »Für dich eventuell. Du bist schließlich derjenige mit lauter Geheimnissen.«
    »Ja, gut, wenn wir schon dabei sind, ich habe noch eins«, sagte er, aber mit einem altvertrauten Funkeln in den Augen. »Ich mag eigentlich keine Polohemden.«
    Lily lachte und musste sich bremsen, um nicht zu erwidern, dass es ohnehin Pearl gewesen war, die sie regelmäßig besorgt hatte. Sie wollte ihn nicht kränken. Sie empfand immer noch etwas für ihn. Sie war sich nicht sicher, ob es Liebe war, aber sie war sich sicher, dass es kein Hass war. Was war es also?
    Sie wurde abgelenkt durch Babygeschrei, das näher kam, und sah, dass es sich um dasselbe Kind handelte wie damals an ihrem ersten Tag in Montevedova, nur dass der rote Schirm dieses Mal den Kinderwagen vor der Sonne schützte, statt vor dem Regen.
    Derselbe Großvater zwinkerte Lily frech zu, als er an ihr vorübergehen wollte, während sie auf den pummeligen kleinen Engel schaute, der in seinem Nest schrie und wütend mit den strammen Beinchen in die Luft strampelte und mit den geballten Fäusten herumfuchtelte.
    Der alte Mann hatte nicht bemerkt, dass das Stirnband der Kleinen verrutscht war und ein Auge bedeckte. Also streckte Lily die Hand aus und berührte ihn sanft am Ellenbogen, damit er stehen blieb, bevor sie sich über den Kinderwagen beugte und das Stirnband zurechtrückte. Ihre Finger streiften über den heißen, feuchten Kopf des Babys und streichelten einen winzigen Moment lang den weichen Flaum aus fast unsichtbaren Haaren. Die Kleine kniff entrüstet ein Auge zu und brüllte noch lauter.
    »Grazie«, sagte der alte Mann dennoch und lächelte. »Grazie.« Und er schob den Kinderwagen weiter über die Piazza. Lily blieb stehen und sah ihm nach, bis er hinter der Hügelkuppe verschwunden war. Aber erst viel später auf dem Rückweg zur Pasticceria wurde ihr bewusst, dass ihre Eingeweide sich bei dem Babygeschrei nicht zusammengezogen hatten.

49
    Eine Woche später waren die Witwen in ihrem unterirdischen Hauptquartier und naschten Amorucci, als die Witwe Ercolani eine Bombe platzen ließ.
    »Wer war der alte Mann, mit dem du dich gestern hinter der Bushaltestelle herumgetrieben hast?«, fragte sie Fiorella mit einem kleinen bösen Funkeln in den Augen. »Ihr habt euch ja recht lange unterhalten, so wie es ausgesehen hat.«
    Fiorella blickte misstrauisch in die fragenden Gesichter im Raum. »Das war nicht diese Art von Sich-hinter-der-Bushaltestelle-Herumtreiben«, entgegnete sie. »Glaubt mir, er hat nicht ein einziges Mal Hand an mich gelegt.«
    »Ja, aber wer war das?« Die Witwe Ercolani ließ nicht locker. »Oder willst du, dass ich es allen erzähle?«
    »Hast du mir hinterherspioniert?«, fragte Fiorella vorwurfsvoll.
    »Ja«, antwortete die Witwe Ercolani stolz. »Und das war gut so, damit die anderen in der Liga endlich erfahren, was für eine Heuchlerin du bist. Eine Heuchlerin, eine Schwindlerin und eine Betrügerin.«
    »Eine Heuchlerin?«, sagte die Witwe Benedicti. Fiorella war ihr ans Herz gewachsen. Sie war ihnen allen ans Herz gewachsen – nur der Witwe Ercolani anscheinend nicht.
    »Eine Schwindlerin?«, wiederholte die Witwe Mazzetti.
    »Eine Betrügerin?«, piepste die Witwe Ciacci.
    Violetta und Luciana sahen sich nur an und zuckten mit den Schultern. Sie waren neulich zu dem Schluss gekommen, dass, wenn man auf die hundert zuging, einen nichts mehr wirklich überraschen konnte.
    »Ja, das trifft alles auf sie zu«, bekräftigte die Witwe Ercolani. »Und wollt ihr wissen, warum? Sie ist gar keine Witwe. Der Kerl hinter der Bushaltestelle war ihr Mann. Allem Anschein nach lebt er und erfreut sich bester Gesundheit.«
    Ein halbes Dutzend Münder in unterschiedlich zahnlosem Zustand klappte verblüfft auseinander.
    Fiorella blickte Violetta an, die das hochzog, was von ihren Brauen übrig war.
    »Okay, okay, okay, ich gebe es ja zu«, sagte Fiorella. »Ich bin nicht so verwitwet, wie ich ursprünglich behauptet habe. Aber der Kerl ist wirklich mit meiner Schwester durchgebrannt und lebt in Neapel.«
    »Und Eduardo?«
    »Und Eduardo! Natürlich, Eduardo.
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