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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten
Autoren: Laura Kalpakian
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Arabien« vor sich hin. Gesiebt vom Laub der Pfefferbäume draußen drang das Sonnenlicht durch die staubigen Fenster, huschte über die Handtücher, die am Küchenfenster zum Trocknen hingen, über die Kinderzeichnungen an den Wänden und über all die Schleifen, die Afton seit 1914 auf der Citrus-Ausstellung von St. Elmo für ihre Backkünste und ihr Eingemachtes gewonnen hatte. Der alte Hund, Chester, lag vor der Tür und träumte seine Hundeträume. Vom Herd stieg aus einem gesprenkelten Emailletiegel auf der Warmhalteplatte ein Duft auf. Was der Topf enthielt und welcher Duft ihm entströmte, hing davon ab, was vom Essen übrig geblieben war, um dann zu Suppe oder Saucenfond verarbeitet zu werden. Der Geruch gehörte ebenso zu Afton Lance wie das Rascheln ihrer gestärkten Kleidung und die Rosmarinzweige, die am Waschbecken im Badezimmer standen, um für frischen Atem zu sorgen.
    Afton kam zurück, band sich eine Schürze um und gab ihrer Nichte auch eine. »Na, komm, dann wollen wir mal etwas Schönes backen.«
    Â»Was?«
    Â»Nun, wir müssen mal im Schrank und im Eisfach nachschauen, was wir denn so haben und was wir brauchen könnten. Ein guter Koch verschwendet nichts und verwendet alles - und nicht nur alles in der Küche, sondern auch hier und hier.« Afton berührte ihren Scheitel und ihr Herz.
    Eden lächelte. Alles war verziehen.
    Â»Für alles im Leben gibt es ein Rezept.«
    Â»Und wenn du das, was du dazu brauchst, nicht da hast?«
    Â»Dann musst du dir behelfen.«
    Â»Und wie?«
    Afton überlegte, obwohl sie eigentlich keine nachdenkliche Person war. »Dann musst du erfinden. Ein Rezept fordert dich zum Erfinden auf. Du nimmst, was du hast, und verwandelst es in das, was du willst. Dazu brauchst du Fantasie. Und zwar nicht die Fantasie deiner Mutter, sondern eine gute Art von Fantasie.«
    Nach der schlechten Art fragte Eden erst gar nicht.
    Afton hatte trockenen Kuchen, Milch, Eier, braunen Zucker und ein paar überreife Bananen. »Bananencreme-Kuchen«, verkündete sie und wies Eden an, am Küchentisch mit einem Nudelholz den Kuchen, den sie in eine Tüte steckte, zu zerkrümeln. Afton machte die Milch warm und begann, Eier, Mehl und braunen Zucker zu schlagen. »Weißt du, als ich klein war, hat meine Mutter keinen von uns, noch nicht einmal die Mädchen, im Pilgrim Restaurant arbeiten lassen. Sie pflegte immer zu sagen, wir hätten Besseres zu tun, als anderen Leuten die Mägen zu füllen. Bildung sei unser Fahrschein aus der Küche heraus. Ich sagte zu ihr: Aber Mutter, die Leute müssen doch schließlich essen. Warum sollte denn in Gottes Augen die Arbeit in der Küche schlechter sein, als in der Schule zu unterrichten oder Recht zu sprechen oder so etwas? Gott freut sich über eine kleine Leistung genauso wie über ein Meisterwerk.«
    Â»Steht das im Buch der Mormonen?«, fragte Eden.
    Â»Ja, irgendwo.« Eigentlich war diese Weisheit auf ihrem eigenen Mist gewachsen, aber natürlich konnte es durchaus sein, dass es irgendwo in der Schrift stand.
    Unter ihrer Anleitung vermischte Eden die Krümel mit geschmolzener Butter und drückte die Masse in eine tiefe Kuchenform. Eden goss die heiße Milch in die Creme aus Zucker und Eiern, während Afton mit ihrem Schneebesen, einem Küchengerät, das ihr Mann Tom ihr nach ihren eigenen Maßgaben angefertigt hatte, in einem stetigen Rhythmus weiterschlug. Dann wurde die Masse wieder in den Topf gegossen. Afton zog einen Stuhl an den Herd und stellte die Temperatur niedrig. »So, Eden, du musst jetzt aufpassen, dass es nicht anbrennt und dass die Eier nicht stocken. Das ist eine Kunst. Du musst jetzt immerfort rühren. Und während du das machst, bringe ich dir ein paar Lieder bei. Ein paar gute Lieder, die du ohne Angst zu haben singen kannst.«
    Eden hatte auch keine Angst gehabt »Lass deine Röcke unten, Mary Ann« zu singen, aber das sagte sie nicht. Sie rührte einfach weiter und sang mit, als Afton mit ihrer unmelodischen Altstimme begann, mormonische Kirchenlieder anzustimmen.
    Sie hörten, dass Connie wach wurde, und Afton ging sie holen. Sie setzte sie auf den Küchenboden und gab ihr ein paar Töpfe und einen Löffel zum Spielen. Dann trat sie wieder an den Herd. »Sehr gut gemacht. Du hast aufgepasst, dass die Eier nicht gestockt sind, und die Milch ist auch nicht angebrannt.
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