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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition)
Autoren: Susann Julieva
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sonnengebräunt, er wirkte muskulöser, als Maxim ihn erinnerte, wie jemand, der an harte körperliche Arbeit gewöhnt ist. Trotz des Bartes, der ihn ein wenig wie einen raubeinigen Holzfäller aussehen ließ, sah er großartig aus. Älter. Reifer. Schöner als je zuvor.
    Maxims Herz schlug wie wild, als Monroe sich in Bewegung setzte und schnellen Schrittes auf ihn zulief. Auch er begann zu laufen, und mit ihm der aufgeregte schwarze Hund. Dann trafen sie aufeinander, hielten sich sofort im Arm, fest, so fest, fast schmerzlich. Maxim wollte nie wieder loslassen bis in alle Ewigkeit. Er fühlte Monroes Körper an seinen gepresst, real, warm und solide.
    „Du bist hier“, flüsterte Monroe ungläubig, dicht an Maxims Ohr, dieselbe angenehme, vertraute Stimme, gänsehautzaubernd. Er roch genau wie früher, und doch anders, nach Wald und Natur und rauchigem Feuerholz. Er roch wunderbar. Maxim merkte, dass er zitterte, und für einen Moment glaubte er, das alles sei zu viel, und solches Glück könnte niemand empfinden, ohne zu zerspringen.
    „Ist das dein Hund?“, stammelte Maxim, dem das schwarze Riesentier inbrünstig die Hand abschleckte.
    Monroe lehnte sich ein wenig zurück und betrachtete sein Gesicht, die hellen, grünen Augen voller Schalk und Zuneigung. „Wirklich?“, fragte er trocken. „Das ist das, was du nach all der Zeit als Erstes zu mir sagst?“
    Sie blickten einander an und lachten. Maxim schüttelte lächelnd den Kopf, ganz schwindelig vor Glück und einer tiefen Dankbarkeit. „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, bis ich es kapiert hatte. Bis mir klar wurde, dass du noch lebst“, meinte er heiser. „War das besser?“
    „Nicht viel.“ Monroe grinste sein Räubergrinsen, das nach wie vor seine Wirkung nicht verfehlte. „Du solltest jetzt einfach die Klappe halten, Max.“ Damit beugte er sich zu Maxim, zog ihn fest und bestimmt ganz nah zu sich heran, und küsste ihn einfach.
     
    * * *
     
    Im Inneren des Holzhauses war es trotz der schlichten Einrichtung unendlich gemütlich. Die Möblierung war spartanisch und zeigte auf den ersten Blick, was hier wirklich wichtig war: heillos überquellende Bücherregale entlang der Wände, vergnügt unordentlich. Im Ofen knackte und prasselte das Feuer. Wohlige Wärme erfüllte den Raum ebenso wie der würzig, rauchige Duft der Brennscheite. Maxim blickte versonnen durch das Sprossenfenster aufs ruhige Wasser hinaus. Sie lagen unter einer schweren, rustikalen Steppdecke in Monroes schmalem Bett, Haut an Haut, eng umschlungen. Kaum zu glauben, dass seit seiner Ankunft am Fjord bereits drei Tage vergangen waren. Maxim kam es vor, wie ein Wimpernschlag. Zu neu war noch alles, zu unbegreiflich schön. Sie hatten über so vieles geredet, versucht, verlorene Zeit gutzumachen. Nur eines hatten sie bisher geflissentlich vermieden, anzusprechen: wie es jetzt weitergehen sollte.
    Er war noch dabei, sich daran zu gewöhnen, Monroe jetzt Augustin zu nennen. Denn Dean Monroe, so hatte der andere ernst gesagt, existierte schließlich nicht mehr. Dessen sterbliche Überreste lagen in Rothenau begraben. Nun, zumindest der eine Finger. Man sah Augustin auf einen einzigen Blick an, dass er endlich angekommen war. Hier im Norden, in der tiefen Stille ohne Zeit, war er zu dem geworden, was er hinter allen Masken und Pseudonymen stets gesucht hatte: er selbst. Der Mann, der bei Maxim lag, strahlte eine tiefe, reife Ruhe aus. Geerdet und klar, ganz wie die Landschaft ringsum. Er sagte, er habe diese Jahre der Einsamkeit gebraucht, um sich selbst zu finden, um seinen Frieden mit der Vergangenheit zu machen. Mit Lola, mit seinem Vater, mit dem ungeliebten Ruhm, selbst mit Ariel.
    Maxim ließ seinen Blick durch den kleinen Raum schweifen. Lahja, die Hündin, lag vor dem Bett zu ihren Füßen. Augustin hatte verschmitzt gemeint, dass es gar nicht so schlecht sei, an ihrer statt mal wieder einen Gesprächspartner zu haben, der einem antwortete. Er mochte seinen Frieden gefunden haben, doch ansonsten hatte er sich wenig verändert. Dieselbe scharfe Zunge, der bissige Humor. Wenn sie miteinander sprachen, hatte Maxim das Gefühl, als wären sie niemals getrennt gewesen. Noch immer konnten sie miteinander herumflachsen, wie früher, noch immer über Gott und die Welt diskutieren, und dessen niemals müde werden. Es war nicht zu spät gewesen. Es war nie zu spät. Nicht, wenn es um sie beide ging.
    Maxim griff sich Augustins Hand, strich über den gut verheilten Stummel
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