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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar
Autoren: Gisbert Haefs
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Veränderungen durchführen? Hoffst du, der Widerstand wäre geringer, wenn er sich nicht gegen dich richtet?«
    »Wenn es gegen einen großen Feind geht«, sagte Caesar, »halten alle zusammen und tun, was sie sonst nicht täten. Ja, das ist eine Überlegung. Ich ziehe in den großen Krieg und überlasse die Mäusekriege anderen. Sechs Legionen stehen schon bereit, in Makedonien; auf dem Weg zu den Parthern will ich Burebista, den König der Daker, daran erinnern, daß er Grenzen zu achten hat. Rom frißt Gold und scheißt Macht, Aurelius - ohne die Ausbeutung der Provinzen, die Arbeit der Blutsauger, die sich publicani nennen, ist der Reichtum der Stadt nicht zu halten, können wir keine Getreidespenden bezahlen, keine Legionen besolden. Wir brauchen Gold. Mehr Gold, als aus den Provinzen zu holen ist. Das Gold der Parther. So viel Gold, daß Rom darunter zusammenbricht.« Er beugte sich vor und klopfte auf den Tisch, als wollte er seine Ausführungen rhythmisch begleiten. »Ich will die Steuerpächter, die Reichen, die Ritter und Senatoren mit Gold überhäufen, daß sie ersticken. Ich will so viele Kriegsgefangene als Sklaven nach Rom schicken, daß die Grundherren nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf steht. So viele Sklaven, daß keiner sie mehr ernähren kann.«
    »Herr, es wird Sklavenaufstände geben, gegen die der Spartacuskrieg ein angenehmer Sommerzeitvertreib war!«
    »Nur der, der arbeitet und Geld verdient, kann sich und andere achten und frei sein. Um in Italien wieder Leben und Arbeit möglich zu machen, müssen wir die Sklavenwirtschaft beenden, damit Bauern und Handwerker zu tun und zu leben haben. Wir müssen also die Sklaverei beschränken. Da das nicht geht, müssen wir sie abschaffen. Und da die Reichen dem nie zustimmen werden…«
    »Wie willst du das bewirken, Herr? Flüsse bergauf fließen lassen?«
    »Um Sklaven freizulassen, müssen wir viel mehr Sklaven beschaffen, denn nur viele können sich wirklich befreien. Um die Reichen zu entmachten, müssen wir das Gold so billig machen, daß es keinen Reichtum mehr darstellt.«
    Aurelius schnappte nach Luft. Was Caesar da andeutete, ging weit über alles hinaus, was er selbst je zu denken gewagt hatte; und es war ungeheuerlich. Selbst nachdem er sich mehrmals geräuspert hatte, klang seine Stimme belegt und fremd.
    »Das ist… das wäre eine unfaßbare Umwälzung, Imperator!«
    Caesar wirkte ganz gelassen. Er nickte nur knapp. »Das oder eine starke Monarchie - Rom hat nur diese beiden Möglichkeiten. Jeder andere Weg führt in den Untergang.«
    Aurelius schwieg. Ihm war, als fieberte er; sein Kopf glühte, und darin kreiselten die Gedanken in einem wirbelnden Tanz.
    »Sechs Monate?« brachte er schließlich mühsam hervor.
    »Herr, mein restliches Leben! Was kann ich tun?«
    »Zuallererst das tun, was du all die Jahre getan hast - schweigen. Sie würden dich und mich und jeden anderen in Stücke reißen, so kleine Stücke, daß man nichts mehr sieht, und eine so gründliche damnatio memoriae vornehmen, daß man sich hinterher nicht einmal daran erinnern kann, uns je vergessen zu haben.«
    »Mein Mund ist versiegelt.«
    Caesar deutete mit dem Kinn zum Garten. »Auch ihnen gegenüber. Kleopatra würde mich sofort töten. Im Bett, wenn ich wehrlos bin.«
    »Kalypso nicht, aber… ich werde schweigen. Wer weiß überhaupt davon?«
    Caesar verzog das Gesicht. »Heute? Wenige. Zu wenige. Frag nicht weiter; ich werde in den nächsten Monaten vorsichtig mit einigen Leuten sprechen.«
    »Was soll ich tun?«
    »Sechs Monate, Aurelius; was dann mit deinem restlichen Leben ist, werden wir sehen. Der Oktober geht zu Ende; in zwei Monaten beginnt das neue Jahr. Im Frühling, wahrscheinlich Ende März, will ich aufbrechen. Dann will ich gute Lager vorfinden und ausreichende Vorräte. Das ist deine Aufgabe - Legat Quintus Aurelius.«
    Aurelius hatte gerade an seinem Becher genippt und Wein im Mund; nun verschluckte er sich, hustete und keuchte schließlich: »Legat?«
    »Mit allen Vollmachten. Du bekommst eine Flotte und einen vollständigen Stab, vor allem Quästoren mit Geld. In zehn Tagen ist alles bereit.«
    »Wo willst du die Lager haben, Herr?«
    »Wir wollen doch die Vorstellungskraft der Menschen zu unseren Gunsten nutzen, nicht wahr?« Caesar setzte ein beinahe dämonisches Lächeln auf. »Zwischen Troja und dem Granikos wäre, glaube ich, ein guter Ort für das Sammellager.«
    ›Europa gegen Asien‹, dachte Aurelius benommen. ›Achilles und
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