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Byrne & Balzano 1: Crucifix

Byrne & Balzano 1: Crucifix

Titel: Byrne & Balzano 1: Crucifix
Autoren: Richard Montanari
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dennoch eine umwerfende Schönheit.
    Ihr Name ist Tessa Ann Wells.
    Ihr Name ist Magdalena.
    Sie ist die Zweite.
    Sie wird nicht die Letzte sein.
     

 
     
    3.
     
     
    Montag, 5.20 Uhr
     
     
    D unkelheit.
    Eine Brise weht Abgase und andere Gerüche herüber. Den Geruch nach Öl. Kerosin vielleicht. Und den Gestank von Müll und Schweiß. Eine Katze faucht, dann …
    Stille.
    Er trug sie eine verlassene Straße hinunter.
    Sie konnte nicht schreien. Sie konnte nicht gehen. Er hatte ihr eine Droge gespritzt, die ihre Glieder lähmte. Ein grauer Schleier hatte sich über ihren Verstand gelegt und trübte ihre Wahrnehmung.
    Für Tessa Wells bestand die Welt aus einem raschen Wechsel von blassen Farben und flüchtigen Blicken auf geometrische Formen.
    Die Zeit blieb stehen. Erstarrte. Sie öffnete die Augen.
    Sie waren in einem Gebäude. Stiegen eine Holztreppe hinunter. Der Geruch von Urin und verschimmeltem Essen. Sie hatte lange nichts mehr gegessen, und bei dem Gestank verkrampfte sich ihr Magen; Galle stieg ihr in die Kehle.
    Er setzte sie vor eine Säule und legte ihre Glieder zurecht, als wäre sie eine Puppe.
    Dann legte er ihr etwas in die Hand. Den Rosenkranz.
    Die Zeit verging. Ihr Bewusstsein schwand. Als er ihre Stirn berührte, öffnete sie wieder die Augen. Sie spürte die Form des Kreuzes, das er dort aufmalte.
    Mein Gott, salbt er mich?
    Plötzlich flackerten Erinnerungsfetzen auf. Eine lebhafte Erinnerung an ihre Kindheit. Sie erinnerte sich …
    … an den Ritt durch Chester County und wie der Wind über ihr Gesicht strich und an den Weihnachtsmorgen und wie der Kristall ihrer Mutter die farbigen Lichter des großen Baumes reflektierte, den ihr Vater jedes Jahr brachte, und an Bing Crosby und das alberne Lied über Weihnachten auf Hawaii …
    Jetzt stand er vor ihr und zog einen Faden durch eine lange Nadel. Er sprach leise und monoton.
    Latein?
    Als er den dicken schwarzen Faden fest verknotete … Wusste sie, dass sie diesen Ort nicht mehr verlassen würde?
    Wer würde sich um ihren Vater kümmern?
    Heilige Maria, Mutter Gottes …
    Er hatte sie gezwungen, lange Zeit in dem kleinen Raum zu beten. Er hatte ihr obszöne Worte ins Ohr geflüstert. Sie hatte gebetet, es möge ein Ende nehmen.
    Bete für uns Sünder…
    Er schob ihren Rock bis zur Taille hoch. Er kniete sich hin und spreizte ihre Beine. Die untere Hälfte ihres Körpers war vollkommen gelähmt.
    Bitte, lieber Gott, mach, dass es aufhört.
    … jetzt und …
    Mach, dass es aufhört.
    … jetzt und in der Stunde unseres Todes …
    Dann sah sie an diesem feuchten, verfallenen Ort, dieser Hölle auf Erden, den Stahlbohrer funkeln, hörte das Surren des Motors und wusste, dass ihre Gebete endlich erhört worden waren.
     

 
     
    4.
     
     
    Montag, 6.50 Uhr
     
     
    C ornflakes.«
    Der Mann starrte sie an, den Mund zu einem spöttischen Grinsen verzogen. Er stand ein paar Schritte entfernt, doch Jessica spürte die Gefahr, die von ihm ausging, roch plötzlich den bitteren Geruch ihrer Angst.
    Als der Mann sie ungerührt musterte, spürte Jessica, wie sie sich dem Dachrand hinter ihr näherte. Sie griff in ihren Schulterhalfter, aber er war natürlich leer. Sie durchwühlte ihre Taschen. Linke Seite: etwas, das sich wie eine Haarspange anfühlte, und ein paar Münzen. Rechte Seite: Luft. Großartig. Auf ihrem Weg nach unten war sie perfekt ausgerüstet, um ihr Haar hochzustecken und ein Ferngespräch zu führen.
    Jessica beschloss, sich der Taktik zu bedienen, die sie ihr ganzes Leben eingesetzt hatte, jenes Furcht einflößende Utensil, mit dessen Hilfe sie sich in die meisten Schwierigkeiten hinein- und wieder herausmanövriert hatte. Ihre Sprache. Doch statt irgendwelcher Worte, die ironisch oder verächtlich oder bedrohlich waren, brachte sie nur ein zittriges »Was?« heraus.
    Wieder sagte der Verbrecher: »Cornflakes.«
    Die Wörter schienen ebenso unangemessen zu sein wie der Schauplatz: ein strahlend schöner Tag, ein wolkenloser Himmel, weiße Möwen, die eine Ellipse über ihrem Kopf bildeten. Das alles wies auf einen Sonntagmorgen hin, doch Jessica wusste, dass es nicht Sonntag war. Ein Sonntagmorgen konnte weder so große Gefahr bergen noch so schreckliche Angst heraufbeschwören. An einem Sonntagmorgen hätte sie bestimmt nicht mit diesem abscheulichen Verbrecher, der nun auf sie zuhielt, auf dem Dach des Gerichtsgebäudes in der Stadtmitte von Philadelphia gestanden.
    Ehe Jessica sprechen konnte, sagte das Gangmitglied ein
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