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Byrne & Balzano 1: Crucifix

Byrne & Balzano 1: Crucifix

Titel: Byrne & Balzano 1: Crucifix
Autoren: Richard Montanari
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die Oberschenkelarterie. Ein Strahl warmen Blutes schoss Jessica ins Gesicht und nahm ihr einen Moment die Sicht. Sie musste würgen. Chase brüllte vor Schmerzen, als er zurücktaumelte, sich drehte und seine Beine nachzugeben drohten. Er presste die linke Hand auf das Loch in der Hose und versuchte, die Blutung zu stoppen. Zwischen seinen Fingern strömte das Blut hindurch – ein seidiger schwarzer Schimmer im Dämmerlicht. Reflexartig drückte er ab und schoss in die Decke. Das Dröhnen des Schusses hallte durch den kleinen Keller.
    Mit lautem Klingeln in den Ohren kniete Jessica sich mühsam hin. Jetzt strömte das Adrenalin durch ihren Körper. Irgendwie musste es ihr gelingen, zwischen Sophie und Chase zu gelangen. Sie musste sich bewegen. Musste aufstehen und den Bohrer in sein Herz jagen.
    Durch den roten Schleier des Blutes auf ihren Augen sah Jessica, dass Chase auf dem Boden zusammenbrach und die Waffe fallen ließ. Er lag in der Mitte des Kellers. Schreiend riss er den Gürtel aus dem Hosenbund und wickelte ihn oben um seinen linken Oberschenkel. Das Blut strömte jetzt über seine Beine und bildete auf dem Boden eine Blutlache. Mit einem gellenden Schrei zog er die Aderpresse straff.
    Würde sie es schaffen, sich bis zur Waffe zu schleppen?
    Zentimeter für Zentimeter kroch Jessica durch das klebrige warme Blut auf dem Boden auf ihn zu. Doch ehe sie ihn erreichte, ergriff Chase die blutverschmierte Glock und richtete sich langsam auf. Mit dem irren Blick eines tödlich verwundeten Tieres taumelte er vorwärts. Er war nur wenige Schritte entfernt und fuchtelte mit der Waffe. Die höllischen Schmerzen ließen sein Gesicht erstarren.
    Jessica versuchte aufzustehen. Es gelang ihr nicht. Sie musste hoffen, dass Chase sich ihr näherte. Mit beiden Händen hob sie die Bohrmaschine.
    Chase taumelte auf sie zu.
    Blieb stehen.
    Er war nicht nahe genug.
    Jessica konnte ihn nicht erreichen. Er würde sie beide töten.
    Chase hob den Blick gen Himmel und brüllte. Der unirdische Klang erfüllte den Keller, das Haus, die Welt, als diese plötzlich wieder zum Leben erwachte und die Stromversorgung wieder einsetzte.
    Das Rauschen des Fernsehers drang in den Keller; der Heizkessel neben ihnen sprang an; das Licht über ihren Köpfen flammte auf.
    Die Zeit blieb stehen.
    Jessica rieb sich das Blut von den Augen und sah ihren Angreifer durch einen dunkelroten Schleier. Die Wirkung der Droge, die er ihr gespritzt hatte, spielte ihr einen Streich und spaltete Andrew Chase in zwei Bilder, die beide vor ihren Augen verschwammen.
    Jessica schloss kurz die Augen und öffnete sie dann wieder, um sich an die jähe Helligkeit zu gewöhnen.
    Es waren zwei Bilder. Es waren zwei Männer . Plötzlich stand Kevin Byrne hinter Chase.
    Jessica blinzelte, um sich zu vergewissern, dass es keine Halluzination war.
    Nein, sie hatte sich nicht getäuscht.
     

 
     
    80.
     
     
    Freitag, 22.15 Uhr
     
     
    I n all seinen Dienstjahren bei der Polizei hatte Byrne stets über die Größe, die Gestalt und die Haltung der Menschen gestaunt, die er suchte, wenn er ihnen schließlich gegenüberstand. Sie waren selten so groß oder grotesk oder abscheulich wie ihre Verbrechen. Er hatte die Theorie aufgestellt, dass das Ausmaß ihrer Taten häufig in proportionalem Gegensatz zu ihrer körperlichen Größe stand.
    Andrew Chase hatte fraglos die schwärzeste Seele, der er je begegnet war.
    Und als dieser Mann jetzt vor ihm stand, keine zwei Schritte von ihm entfernt, sah er klein und unbedeutend aus. Doch Byrne ließ sich von diesem Eindruck nicht täuschen. In der Vorstellung der Familien, deren Leben er zerstört hatte, nahm Andrew Chase zweifellos die Ausmaße eines riesigen Monsters an.
    Byrne wusste, dass er Chase gegenüber nicht im Vorteil war, auch wenn dieser schwer verwundet sein mochte. Nein, er hatte nicht die Oberhand. Byrnes Blick war verschwommen, sein Geist verwirrt. Unentschlossenheit und Wut lähmten ihn. Wut auf sein Leben. Wut auf Morris Blanchard. Zudem versetzte ihn der Ausgang der Diablo-Affäre in Wut, die ihn gezwungen hatte, einen Menschen zu erschießen. Er war voller Zorn, weil er das Leben einiger Mädchen hätte retten können, hätte er seinen Job ein bisschen besser gemacht.
    Andrew Chase witterte ihn wie eine verwundete Kobra.
    Byrne dachte an den Song »Collector Man Blues« vom alten Sonny Boy Williams und dass es Zeit war, die Tür zu öffnen, weil der Sammler da war.
    Die Tür öffnete sich weit. Byrne bildete mit
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