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Bushido

Bushido

Titel: Bushido
Autoren: Michael Fuchs-Gamboeck , Georg Rackow
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meinen Businessplan herunter. Am Ende meiner kleinen Rede fügte ich noch hinzu: »Mama, das ist auch gar nicht gefährlich. Alles, was ich brauche, sind 450 Mark.«
    Ein Gramm Gras kostete im Einkauf circa 8 Mark. Verkaufen konnte man es für 15 Mark. Die Gewinnspanne lag also bei fast 100 Prozent. Sie saß immer noch regungslos da.
    »Du bekommst das Geld auch in drei Wochen zurück«, sagte ich etwas hilflos, »und ich werde dir bestimmt keinen Kummer bereiten. Das verspreche ich!«
    Sie überlegte vielleicht zehn Sekunden, dann stand sie auf, ging ins Wohnzimmer, holte ihre Sparbüchse aus dem Versteck und gab mir, ohne etwas zu sagen, die 450 Mark in neun braunen 50-Mark-Scheinen. Wahnsinn.
    Nach einiger Zeit merkte ich, dass umso mehr Kohle am Ende für mich übrig blieb, je weniger ich selbst rauchte. Ich konnte also nicht nur umsonst kiffen, sondern nebenbei auch noch mit meiner Freundin ins Kino gehen. Was für ein Leben! Ich war 14 Jahre alt und fühlte mich wie ein verdammter König.
    Schnell lernte ich, wie das Geschäft funktionierte. Mit Marihuana zu dealen, war schon ganz gut, aber die richtigen Scheine wurden mit anderen Drogen gemacht. LSD zu verchecken lohnte sich nur im großen Stil, aber selbst da war der Gewinn immer noch der kleinste. Danach kam schon Gras, dicht gefolgt von Ecstasy, aber den Jackpot, tja, den Jackpot konnte man nur mit Kokain knacken. An das Zeug muss ich ran, dachte ich mir. Das konnte ja nicht so schwer sein. War es auch nicht. Um auszuprobieren, wie das mit dem Koks lief, kaufte ich erst mal eine kleine Menge für 80 Mark. Zu Hause streckte ich das Zeug mit Mehl, füllte es in kleine Tütchen ab und verkaufte es an dumme Wochenend-Party-Touristen in Mitte und an diese versnobten Charlottenburg-Kids, die die Kohle ihrer reichen Eltern verpulverten. Ganz easy machte ich so einen Gewinn von 140 Mark am Tag. Bingo! Meine Mutter wollte ja immer, dass ich mir einen Nebenjob suchte. Jetzt hatte ich einen und konnte sogar richtig gut davon leben.
    Um auf Nummer sicher zu gehen, musste ich sie bis zu einem gewissen Grad in meine Geschäfte einweihen. Es ging nicht anders, schließlich wohnte ich bei ihr und dass eines Tages die Bullen vor unserer Tür stehen würden, war mir ohnehin klar. Ich erzählte ihr also, wo ich die Drogen bunkerte – unten im Heizraum des Kellers – und klärte sie über ihre Rechte auf. Ich ahnte, dass die Bullen, wenn überhaupt, über meine Mutter versuchen würden, an mich heranzukommen. Es war also wichtig, ihr ein genaues Briefing zu geben.
    »Mama, wenn wirklich die Polizei bei uns auftaucht, lass dich nicht verarschen. Du kannst sie ruhig reinlassen, kein Problem, aber sie dürfen nur mein Zimmer durchsuchen. Sie dürfen weder in die Küche noch ins Wohnzimmer oder in ein anderes Zimmer der Wohnung. Mach dir aber keine Sorgen. Falls sie kommen, werden sie ohnehin nichts finden«, versuchte ich sie zu beruhigen.
    Natürlich sprang meine Mutter nicht gerade an die Decke vor Freude, aber was blieb ihr schon übrig? Ich hätte meinen Willen so oder so durchgesetzt, das wusste sie genau. Sie fand es auch nicht cool, als ich mein Abitur hinschmiss, aber nachdem sie verstanden hatte, dass meine Entscheidung getroffen war, akzeptierte sie einfach die neue Situation. Ich hatte vor meiner Mutter schon immer den größten Respekt, trotzdem gab es Fragen, auf die ich einfach die bessere Antwort wusste. Ich war schon immer mein eigener Herr. Vielleicht lag es daran, dass ich ohne meinen leiblichen Vater aufwuchs und schon früh lernen musste, Verantwortung für mein eigenes Leben zu übernehmen. Wenn meine Mutter mich etwas fragte und ich mit Nein antwortete, war das auch kein Thema mehr.
    Als ich mit der Dealerei richtig loslegte, war mein kleiner Bruder zehn Jahre alt. Während ich die Drogen in kleine Päckchen abfüllte, lag er auf meinem Bett und spielte auf der Playstation. Er hatte von meinem Business ja noch keine Ahnung. Zum Glück! Ich hatte damals zwei Plattenspieler, die Technics 1210er, die auch von allen guten DJs benutzt wurden. Man konnte die Plastikdeckel, die die Plattenspieler vor Staub schützen, hinten abnehmen. Bei den coolen DJs flogen sie eh nur in der Ecke herum. Sie waren perfekt, um darin mein Gras aufzubewahren. Ich kaufte immer zwischen 700 und 800 Gramm und schüttete alles in die beiden Plastikdeckel rein. Manchmal saß ich auch einfach nur vor diesem riesigen Berg Gras und schaute ihn mit großen Augen an. Wenn an einem meiner
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