Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks
Autoren: Thomas Mann
Vom Netzwerk:
Makronen, Himbeeren und Eierschaum, ja, ja … »Strenge Diät, wie gesagt, – Frau Konsulin? Ein wenig Taube, – ein wenig Franzbrot …«

8.
    Drinnen, im Eßsaale herrschte Aufbruch.
    »Wohl bekomm's, mesdames et messieurs, gesegnete Mahlzeit! Drüben wartet für Liebhaber eine Cigarre und ein Schluck Kaffee für uns alle und, wenn Madame spendabel ist, ein Liqueur … Die Billards, hinten, sind zu jedermanns Verfügung, wie sich versteht; Jean, du übernimmst wohl die Führung ins Hinterhaus … Madame Köppen, – die Ehre …«
    Plaudernd, befriedigt und in bester Laune Wünsche in betreff einer gesegneten Mahlzeit austauschend verfügte man sich durch die große Flügelthür ins Landschaftszimmer zu {41} rück. Aber der Konsul ging nicht erst hinüber, sondern versammelte sofort die billardlustigen Herren um sich.
    »Sie wollen keine Partie riskieren, Vater?«
    Nein, Lebrecht Kröger blieb bei den Damen, aber Justus könne ja nach hinten gehen … Auch Senator Langhals, Köppen, Grätjens und Doktor Grabow hielten zum Konsul, während Jean Jacques Hoffstede nachkommen wollte: »Später, später! Johann Buddenbrook will Flöte blasen, das muß ich abwarten … Au revoir, messieurs …«
    Die sechs Herren hörten noch, als sie durch die Säulenhalle schritten, im Landschaftszimmer die ersten Flötentöne aufklingen, von der Konsulin auf dem Harmonium begleitet, eine kleine, helle, graziöse Melodie, die sinnig durch die weiten Räume schwebte. Der Konsul lauschte, so lange etwas zu hören war. Er wäre gar zu gern im Landschaftszimmer zurückgeblieben, um in einem Lehnsessel bei diesen Klängen seinen Träumen und Gefühlen nachzuhängen; allein die Wirtspflicht …
    »Bringe ein paar Tassen Kaffee und Cigarren in den Billardsaal«, sagte er zu dem Folgmädchen, das über den Vorplatz ging.
    »Ja, Line, Kaffee, du? Kaffee!« wiederholte Herr Köppen mit einer Stimme, die aus vollem Magen kam, und versuchte, das Mädchen in den roten Arm zu kneifen. Er sprach das K ganz hinten im Halse, als schlucke und schmecke er bereits.
    »Ich bin überzeugt, daß Madame Köppen durch die Glasscheiben gesehen hat«, bemerkte Konsul Kröger.
    Senator Langhals fragte: »Da oben wohnst du also, Buddenbrook?«
    Rechts führte die Treppe in den zweiten Stock hinauf, wo die Schlafzimmer des Konsuls und seiner Familie lagen; aber auch an der linken Seite des Vorplatzes befand sich noch eine Reihe von Räumen. Die Herren schritten rauchend die breite Treppe mit dem weißlackierten, durchbrochenen Holzgeländer hinunter. Auf dem Absatz blieb der Konsul stehen.
    {42} »Dies Zwischengeschoß ist noch drei Zimmer tief«, erklärte er; »das Frühstückszimmer, das Schlafzimmer meiner Eltern und ein wenig benutzter Raum nach dem Garten hinaus; ein schmaler Gang läuft als Korridor nebenher … Aber vorwärts! – Ja, sehen Sie, die Diele wird von den Transportwagen passiert, sie fahren dann durch das ganze Grundstück bis zur Bäckergrube.«
    Die weite, hallende Diele, drunten, war mit großen, viereckigen Steinfliesen gepflastert. Bei der Windfangthüre sowohl wie am anderen Ende lagen Comptoirräumlichkeiten, während die Küche, aus der noch immer der säuerliche Geruch der Chalottensauce hervordrang, mit dem Weg zu den Kellern links von der Treppe lag. Ihr gegenüber, in beträchtlicher Höhe, sprangen seltsame, plumpe aber reinlich lackierte Holzgelasse aus der Wand hervor: die Mädchenkammern, die nur durch eine Art freiliegender, gerader Stiege von der Diele aus zu erreichen waren. Ein Paar ungeheurer alter Schränke und eine geschnitzte Truhe standen daneben.
    Durch eine hohe Glasthür trat man über einige ganz flache, befahrbare Stufen auf den Hof hinaus, an dem linkerseits sich das kleine Waschhaus befand. Man blickte von hier aus in den hübsch angelegten, jetzt aber herbstlich grauen und feuchten Garten hinein, dessen Beete mit Strohmatten gegen den Frost geschützt waren, und der dort hinten vom »Portal« abgeschlossen ward, der Rokoko-Façade des Gartenhauses. Die Herren aber schlugen vom Hofe aus den Weg zur Linken ein, der zwischen zwei Mauern über einen zweiten Hof zum Rückgebäude führte.
    Dort führten schlüpfrige Stufen in ein kelleriges Gewölbe mit Lehmboden hinab, das als Speicher benutzt wurde, und von dessen höchstem Boden ein Tau zum Hinaufwinden der Kornsäcke herabhing. Aber man stieg zur Rechten die reinlich gehaltene Treppe ins erste Stockwerk hinauf, woselbst der Konsul seinen Gästen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher